Für die italienische Regierung wird die Lage im Haushaltsstreit mit Brüssel immer ungemütlicher. Ein Strafverfahren ist kaum mehr abzuwenden. Rom versucht es derweil mit sanfteren Tönen. Doch es gibt mehr schlechte Nachrichten.

Brüssel/Rom - Die EU-Staaten stimmen nach Angaben aus informierten Kreisen einem offiziellen Strafverfahren gegen das hoch verschuldete Italien zu. Vertreter der nationalen Regierungen hätten die Einschätzung der EU-Kommission geteilt, dass Rom gegen die Euro-Schuldenregeln verstoße, hieß es am Freitag aus EU-Kreisen.

 

Die EU-Kommission hatte Italiens Haushaltspläne für 2019 zurückgewiesen und festgestellt, dass sich die Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega zu hoch neu verschulde, statt zu versuchen, den bestehenden Schuldenberg abzutragen.

2,3 Billionen Euro Schulden

Die Zustimmung der Staaten war erwartet worden. Die EU-Kommission dürfte nun in den kommenden Wochen das offizielle Defizitverfahren einleiten - vorausgesetzt, Italien lenkt nicht ein. Dabei würden dem Land konkrete Maßnahmen vorgegeben. Verstößt Rom weiter gegen alle Vorgaben, könnten am Ende Strafen in Milliardenhöhe verhängt werden.

Italien ist mit rund 2,3 Billionen Euro verschuldet. Das sind mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung. Nach den Euro-Stabilitätsregeln sind maximal 60 Prozent erlaubt. Verstößt ein Land längerfristig dagegen, muss es finanzpolitische Anpassungen vornehmen. Die Märkte sind wegen der Haushaltspläne seit Wochen in Aufregung.

Kurswechsel zeichnet sich nicht ab

Die Regierung in Rom versucht nun, mit versöhnlicheren Tönen die Wogen zu glätten. „Wir wollen nicht streiten, und Brüssel interessiert das auch nicht“, hatte Vize-Premier Matteo Salvini im TV gesagt. Die 2,4 Prozent Neuverschuldung seien nicht festgeschrieben „wie die Zehn Gebote in der Bibel“. In den vergangenen Wochen hatte Salvini stets betont, keinen Zentimeter von den Plänen abzuweichen.

Jedoch zeichnete sich kein entscheidender Kurswechsel bei den zentralen Maßnahmen in dem Haushaltsentwurf ab. Ab Montag könnte das Budget nach Medienberichten im Abgeordnetenhaus diskutiert werden, möglicherweise stellt die Regierung die Vertrauensfrage, was in Italien üblich ist. Bis Ende des Jahres muss das Parlament den Entwurf absegnen.

Die europäischen Finanzminister werden voraussichtlich bei ihrem Treffen Anfang kommender Woche noch einmal die Kritik an Italiens Haushaltsplänen für 2019 bekräftigen.

Weitere Hiobsbotschaften

Rom plant für 2019 deutliche Mehrausgaben, um Wahlversprechen zu finanzieren. Dazu zählen eine Grundsicherung sowie ein niedrigeres Pensionsalter. Kritiker sehen vor allem in den geplanten Maßnahmen Schwächen, weil sie das dringend notwendige Wirtschaftswachstum nicht ankurbelten.

Die EU-Kommission rechnet angesichts der Haushaltspläne mit einer deutlich höheren Neuverschuldung in dem Land. Für 2019 gehe sie von einem Defizit von 2,9 Prozent der Wirtschaftsleistung aus, hatte die Behörde unlängst mitgeteilt. Also 0,5 Prozentpunkte mehr als die italienische Regierung plant.

Und am Freitag gab es weitere Hiobsbotschaften: Italiens Wirtschaft ist im dritten Quartal leicht geschrumpft: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank im dritten Quartal 2018 im Vergleich zum Vorquartal um 0,1 Prozent, teilte das nationale Statistikamt Istat mit. Es ist der erste Rückgang nach 14 Quartalen kontinuierlichen Wachstums.