Häuser werden meist mit Mineralwolle oder Kunststoff gedämmt. Forscher entwickeln Alternativen aus Holz und anderen nachwachsenden Rohstoffen. Noch ist der Marktanteil klein, aber er könnte wachsen.

Stuttgart - Um Energie zu sparen, sollen in Zukunft noch viel mehr Häuser gedämmt werden als bisher, plant die Bundesregierung. Laut dem neuen Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz wird von 2015 an jährlich eine Milliarde Euro für das Programm zur energetischen Gebäudesanierung bereitgestellt. Dadurch soll der Ausstoß an Kohlendioxid gesenkt werden; außerdem will man sich unabhängiger von Importen fossiler Rohstoffe machen. Nur: wie und womit wird nun gedämmt? Da gibt es viele Fragen. Wichtige Faktoren sind die Kosten, die Effizienz der Wärmedämmung (die über ihre Dicke entscheidet), die Umweltverträglichkeit sowie der Schutz vor Brand und Schimmel.

 

Am häufigsten nutzt man heute zum Dämmen Mineralwolle und Kunststoffe: Polystyrole, landläufig bekannt als Styropor, und Polyurethane. Doch die billigen Erdölprodukte sind mit Blick auf den Umweltschutz nicht gerade das Gelbe vom Ei. Ohne Lichteinfluss zerfällt Styropor chemisch nicht, sondern verteilt sich in der Umwelt, auch können Brandschutzmittel freigesetzt werden. Mineralwolle wiederum kann beim Einbau Staub und Mikrofasern freisetzen, die gesundheitlich nicht immer unbedenklich sind.

Auf Erdölprodukte und gesundheitsgefährdende Substanzen würden viele beim Dämmen gerne verzichten. In der Tat gibt es Alternativen. Viele Naturstoffe eignen sich prinzipiell: zum Beispiel Flocken aus Zellulose und Baumwolle, Holzfasern, Hanf, Flachs, Stroh, Kork, Schilf, Schafwolle und sogar Seegras. Wegen des teils doppelt so hohen Preises und verschiedener Probleme mit der Praxistauglichkeit haben sie es aber noch schwer. Ihr Marktanteil liegt bei fünf Prozent. Darum wird weiterhin nach günstigem Ersatz für Styropor und Co. gesucht. Forscher verschiedener Fraunhofer-Institute sind dabei auf überraschende Produktideen gekommen.

Zusatzstoffe werden nicht benötigt

So lässt sich auch Holz für die Wärmedämmung nutzen. Man kann daraus einen Hartschaum mit hervorragenden Dämmeigenschaften herstellen. Das haben der Ingenieur Volker Thole und seine Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Holzforschung in Braunschweig gezeigt. Anders als sonst übliche Dämmstoffe aus Naturprodukten ist dieser Hartschaum druckfest. Prototypen des leichten Dämmstoffs fühlen sich in der Hand so ähnlich wie Bimsstein an.

Durch viele Versuche hat Tholes Team ein schonendes Verfahren entwickelt, das aus Holz einen druckfesten Dämmstoff macht. Zunächst wird das Holz zerfasert und dann zu noch kleineren Partikeln zermahlen. Im Wasser werden dann spezielle holzeigene Bindestoffe freigesetzt und es entsteht eine Art Schleim. Eingeleitetes Kohlendioxid schäumt die Masse anschließend auf. Härte gewinnt das Produkt durch die Bindestoffe – Zucker und Stärken. Zusatzstoffe aus der chemischen Industrie sind für die Herstellung nicht nötig.

Als Holzsorte kommt vor allem Buchenholz in Frage. In Deutschland wäre die Buche, wenn man einen naturnahen Zustand anstrebte, der häufigste Baum – und in diese Richtung will man in der Forstwirtschaft gehen. Weil zur Gewinnung von Bauholz vor allem Nadelhölzer genutzt werden, ist die Buche eine billige Holzquelle. „Es klappt aber eigentlich mit allen Holzarten“, sagt Thole. Sogar Holzabfälle lassen sich zu Hartschaum verarbeiten.

Die Platten brennen nicht, aber sie können glimmen

Durch verschiedene Parameter wie die Größe der Holzpartikel lassen sich die Eigenschaften des Holzschaums variieren. Bisherige Tests der Materialeigenschaften wecken Optimismus. Die Wärmedämmung funktioniert ähnlich gut wie bei den heute überwiegend verwendeten Hartschäumen aus Styropor oder Polyurethan.

Aber was ist, wenn es brennt? Laut Thole brennt der Holzschaum nicht mit offener Flamme; er glimmt nur. Das gäbe Hausbewohnern im Brandfall genug Zeit zur Flucht. Versuche zeigen außerdem, dass sich Flammschutzmittel während der Herstellung gut im Holzschaum verteilen lassen. Allerdings kann von glimmenden Dämmplatten die Gefahr einer neuerlichen Entzündung ausgehen. Weil dieses Problem auch bei anderen natürlichen Dämmstoffen besteht, wird die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft einen Forschungsverbund einrichten, der vom Frühjahr 2015 an unter anderem das Glimmverhalten der betroffenen Materialien verbessern soll.

Dem Styropor erweist sich der Holzschaum vor allem am Ende der Nutzung überlegen: Recycling von Styropor ist schwierig und teuer, Holzschaum kann zusammen mit Altpapier recycelt werden. Wegen des vergleichsweise geringen Energiebedarfs schont aber auch schon die Herstellung des Holzschaums die Umwelt. In den nächsten zwei bis drei Jahren will Tholes Team zusammen mit Partnern aus der Industrie herausfinden, wie sich der Holzschaum zu konkurrenzfähigen Kosten großindustriell produzieren lässt.