Hazel Brugger und ihr WG-Partner Thomas Spitzer setzen beim Kulturwasen am Samstagabend auf heitere, teils verstörende, aber stets politikfreie Comedy.

Stuttgart - „Wir sind hier in Stuttgart und nicht in Nordrhein-Westfalen, wo man machen kann, was man will. Also nicht hupen!“, schwört Thomas Spitzer, Autor, Comedian und Kölner WG-Partner der Comedienne Hazel Brugger, das vor ihm liegende Auto-Meer auf die Benimmregeln des Abends ein. Auto-Kinos sind dieser Tage enorm angesagt, Auto-Comedy fühlt sich dagegen am Samstagabend auf dem Stuttgarter Kulturwasen dann doch noch etwas surreal an. Aus den Tiefen der UKW-Welle dringen die Stimmen von Spitzer und Brugger, die, riesenhaft vergrößert, auf einer Leinwand neben der nicht minder kleinen Bühne erscheinen. Auf den Brettern wirken die realen Persönlichkeiten aber wie Ameisen, die mit Herkuleskräften den Blechlawinen vor sich eine sichtbare Reaktion abzuringen versuchen.

 

Pandemie-Gammellook knapp überboten

Spitzer macht erst einmal Witze über die vielen teuren Karossen auf dem Platz. „Ey, da hat ja jemand einen Blumenkübel auf dem Dach!“ Dann schiebt er noch Erfahrungen über seine Kindheit im Schwarzwälder Dorf Hofgrund hinterher, wo es nur vier gängige Doppelnachnamen, zwei Geschäfte und eine Bäckerei gibt, die „500 Croissants für 300 Einwohner“ backt. „Einfach so!“ Dann knallt er mit einer T-Shirt-Kanone zwei Stoffbündel in die Luft; das erste bleibt knapp vor der Bühne liegen, das zweite fliegt richtig weit. „Wenn ich die Kanone an den Kopf halte, bin ich bestimmt tot“, droht Spitzer, und holt Brugger zu sich, die mit ihrem undefinierbar dunkel gefärbten Kapuzenpulli, der labbrigen Jeans und frisch gekämmter Mähne die Mindestansprüche des Pandemie-Gammellooks gerade so überbietet.

Schuld ist Thomas Gottschalk

„Wirklich sau-viele Mercedes! Ah, da ist endlich ein Seat“, grinst Brugger von der Leinwand, und beginnt eine Plauderei über ihre Motivation, ins Showgeschäft einzusteigen. Schuld daran sei Thomas Gottschalk gewesen; jener „blond gelockte Mann aus Bayern in schillernden Anzügen“, der Stars wie Bruce Willis raten ließ, ob „Jürgen aus Villingen-Schwenningen“ die Marke einer Klopapier-Rolle am Geschmack erkennen kann. „Thomas Gottschalk war immer geiler, als etwas zu lesen“, behauptet Brugger, und kriegt ordentlich die Lichthupe. Auch die folgenden Gag-Kanonaden über Anke Engelke, Barbara Schöneberger, Tiere im Showbiz („Gänse fucken alles ab!“) und den Kölner Dialekt mit Sätzen wie „Et hätt noch immer jot jejange“ kommen prächtig bei den Leuten an. Zumindest nach dem kollektiven Türenschlagen, Scheibenwischer wischen und wildem Tippen auf einer Applaus-App zu urteilen. „Übergänge und Systemkritik gibt’s heute nicht, dafür ist zuwenig Zeit“, sagt Brugger, und fängt nach einem Seitenhieb über das schwäbische Idiom eine wirklich verstörende Geschichte über ihren Besuch beim Gynäkologen an.

Regenbogen statt Systemkritik

Während das Publikum in den Autos auf von rosa Abendlicht umflorte Schäfchenwolken blickt, braut sich vor Hazel Bruggers Augen hinter den Wagen eine schwarze Gewitterfront zusammen. Thomas Spitzer kurvt währenddessen mit einem faltbaren Bollerwagen und einer Assistentin zwischen den Autos und verscheuert Merchandising-Artikel. Als ein doppelter Regenbogen am Himmel erscheint, will Brugger „den Thomas“ holen, damit der ein Foto macht. „Ihr könnt ja eh nicht weg“, feixt sie, zückt dann aber doch selbst das Smartphone.

Die Quintessenz des Abends: Trotz Corona können sich alle sicher fühlen in ihren faradayschen Käfigen, vor Viren, Thomas Gottschalk und anderen Gewittern, die sich noch zusammenbrauen könnten in dieser seltsamen, surrealen Zeit. Humor wird immer siegen.