Für den Umzug ins Klinikum Ludwigsburg könte das Zentrum für spezielle Sauerstofftherapie Fördergeld vom Land erhalten. Ein Signal, das die Kassen womöglich aufgreifen. Denn die finanzielle Zukunft der Druckkammer ist keineswegs sicher.

Ludwigsburg - Noch werden dicke Bretter gebohrt. Doch bei der Ludwigsburger Klinikverwaltung hofft man auf einen baldigen Durchbruch für das neu angesiedelte Druckkammerzentrum. Der kürzlich erfolgte, rund 650 000 Euro teure Umzug der 17,5 Tonnen schweren Anlage von Stuttgart ins Untergeschoss des Klinikums könnte vom Sozialministerium Baden-Württemberg gefördert werden. Würde dem Antrag stattgegeben, dann wäre das auch ein Signal an die Krankenkassen, mehr für die Sauerstofftherapie zu zahlen.

 

Aus medizinischer Sicht ist die hyperbare Oxygenierung offenbar eine Erfolgsgeschichte. Aus finanzieller Sicht leidet das Projekt noch unter einem chronischen Problem: die Finanzierung ist nicht gesichert. „Nach den bisherigen Modalitäten“, erklärt Matthias Ziegler, Regionaldirektor am Klinikum, „bliebe für den laufenden Betrieb noch eine große Lücke.“ Das, so hofft Ziegler, soll sich bald ändern.

Notfalls geht’s nach Bayern oder Hessen

Von Dezember an will der Geschäftsführer Ralf Schäfer seine DCS-Praxis (Abkürzung für den englischen Begriff für Überdruckkrankheiten: „Decompression Sickness“) regulär in den Abendstunden öffnen. Bislang wurden etwa 40 Patienten pro Monat dort regelmäßig ambulant behandelt – oft gegen Tinnitus oder chronische Entzündungen. Künftig soll der Betrieb insofern verbessert werden, das mehr Patienten des Klinikums dort ergänzend behandelt werden. Damit werde die therapeutische Bandbreite des Hauses erweitert, betont der Direktor Matthias Ziegler.

Aber auch umgekehrt will die Druckkammer von der Intensiv- und Notfallversorgung des Klinikums profitieren. So sollen Krankentransporte vermieden werden. Auch die Notfallversorgung werde durch die Nähe zum Krankenhaus optimiert, betont Schäfer. Allein: bislang könne er keine verlässliche 24-Stunden-Versorgung anbieten. Jeder dritte Patient müsse abgewiesen werden und werde meist in Wiesbaden (Hessen) oder Murnau (Bayern) versorgt.

Gesetzliche Kassen sind noch zurückhaltend

Da die gesetzlichen Krankenkassen und das Land die HBO-Therapie weniger privilegiert behandeln als beispielsweise in Hessen, fehlt schlicht das Geld. Etwa 800 Euro erhält Schäfer pro Kassenpatient. Doch eine Behandlung könne schnell 3000 Euro kosten. Hier hatte das Klinikum schon bisher viel Geld vorgestreckt und mit Kassen über Einzelfälle verhandelt. Mit dem Umzug scheint sich ein Umdenken anzudeuten, sagt Mattias Ziegler.

Denn: für die Umzugskosten bestehe die Chance auf eine Kostenbeteiligung des Sozialministeriums. Dies gelte nur für die bauliche Integration der DCS-Anlage ins Klinikum – für rund ein Viertel dieser Kosten könnten Fördergelder fließen, das wäre ein Betrag in Höhe von rund 125 000 Euro. „Damit wären wir schon sehr zufrieden“, sagt Ziegler. Es gehe ohnehin weniger um das Geld selbst, als vielmehr um das Signal, „dass das Ministerium die Behandlung stationärer Patienten mit einer HBO-Anlage bedeutend findet“.

Land hält Umzug für förderfähig

Meist, das bestätigt auch Ziegler, besteht zwischen einer öffentlichen Förderung und der Bezahlung durch die Kassen ein positiver Zusammenhang. Inzwischen hätten sogar die Kassen „ein Signal gesendet“. Möglicherweise könne Ludwigsburg als Spezialanbieter auch einen gesonderten Vertrag über die Betriebskosten mit den Kassen vereinbaren. Wenn alles gut laufe, könne dies auch für eine 24-Stunden-Bereitschaft zum Tragen kommen. Damit wäre Ludwigsburg nach Darmstadt bundesweit erst der zweite Standort mit einer Druckkammerversorgung im verlässlichen 24-Stunden-Betrieb. Das Projekt sei förderfähig, teilt ein Sprecher des Sozialministeriums mit, „über die Förderhöhe kann derzeit noch keine Aussage getroffen werden“. Ein Sprecher der AOK will die Position der Kassen zwar nicht kommentieren – aber er bestätigt immerhin indirekt, dass es Vertragsverhandlungen gibt.

Wie die Sauerstofftherapie wirkt

Prinzip
: Der Grundgedanke hinter der HBO-Sauerstofftherapie ist simpel: Die Patienten werden in der Druckkammer unter erhöhtem Luftdruck mit Sauerstoff beatmet. Das bringt das menschliche Immunsystem in Gang und hilft, Krankheiten zu bekämpfen.

Anwendung:
Das häufigste und bekannteste Anwendungsgebiet der HBO-Therapie ist die Rauchgasvergiftung. Laut Studien aus den USA wurde die Zahl der HBO-Patienten, die nach einer CO-Vergiftung unter Spätfolgen leiden, stark reduziert.

Spektrum:
Was die Wenigsten wissen: hyperbare Sauerstofftherapie wirkt auch bei einer Vielzahl seltener, aber gravierender Erkrankungen. Dazu zählt etwa die Nekrotisierende Fasziitis, eine durch Bakterien ausgelöste lebensbedrohliche Gewebeentzündung.