Der Basketballer Paul Zipser aus Heidelberg wird in der der US-Profiliga NBA immer besser und macht mit den Chicago Bulls in den Play-offs Furore. Wegen seiner Verlässlichkeit wird er mit einem deutschen Markenauto verglichen.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Stuttgart - Stephen Curry liegt ganz vorne, gefolgt von LeBron James und Dirk Nowitzki. Ihre Trikots haben sich diese Saison in Deutschland am besten verkauft. Das besagt die entsprechende Auswertung der US-Profiliga NBA. Dennis Schröder von den Atlanta Hawks belegt Platz sieben, der dritte Deutsche aus der besten Basketballliga der Welt fehlt hingegen in den veröffentlichten Top Ten. Noch zumindest.

 

Denn wenn Paul Zipser so weitermacht, könnte sich das schnell ändern. Die Entwicklung des Heidelbergers von den Chicago Bulls, der mit seinem Team in der Play-off-Auftaktserie gegen die Boston Celtics vor dem Heimspiel im United Center an diesem Freitag mit 2:0 führt, ist durchweg positiv. Und seine Mannschaft ist seit den Glanzzeiten mit Michael Jordan in den 1990er Jahren in Deutschland per se extrem beliebt – sie nimmt laut der NBA-Verkaufsstatistik bei den Merchandisingartikeln hinter Steven Currys Golden State Warriors und LeBron James’ Cleveland Cavaliers hierzulande den dritten Platz ein.

Experte Alexander Vogel verrät das Erfolgsgeheimnis seines guten Kumpels

Alexander Vogel (25) kennt den eineinhalb Jahre jüngeren Paul Zipser (23) gut, richtig gut. Vor wenigen Jahren noch haben sie beim USC Heidelberg zusammengespielt, ehe es für seinen guten Kumpel über den FC Bayern München (2013 bis 2016) bis zu den Chicago Bulls weiter ging. „Den Weg haben ihm die Wenigsten zugetraut“, sagt Alexander Vogel, der heute in München studiert und beim Internet-Livestreamportal DAZN als Kommentator und Experte für Basketball aktiv ist.

Die beiden sind regelmäßig in Kontakt. Zu Saisonbeginn hat Alexander Vogel den 2,03 Meter großen Nationalspieler auch in Chicago besucht. Damals lief es noch nicht so geschmeidig für den NBA-Neuling wie jetzt. Die Anfänge in den USA waren durchwachsen, Paul Zipser musste sich erst herantasten, hocharbeiten. Doch er ließ sich ganz seinem Naturell entsprechend davon nicht aus der Ruhe bringen und drängte sich mit Trainingsfleiß unnachgiebig auf. „Paul ist jemand, der sehr gut mit solchen Situationen umzugehen weiß. Er ist mental unglaublich stark. Er ist sich seiner Stärken bewusst und wusste, dass seine Chance kommt“, sagt Alexander Vogel.

16 Punkte in 29 Minuten beim jüngsten 111:97-Auswärtssieg in Boston

In seinen ersten zweieinhalb NBA-Monaten erhielt Paul Zipser nur wenig Spielzeit, insgesamt 55 Minuten, drei Punkte erzielte er dabei. Mitte Januar stand er dann aber plötzlich im Auswärtsspiel bei den New York Knicks im legendären Madison Square Garden in der Startformation, durfte sich 34 Minuten lang beweisen und erzielte sieben Zähler. Seitdem setzt der Bulls-Trainer Fred Hoiberg permanent auf ihn, er schätzt die Verlässlichkeit des Deutschen. Der Flügelspieler kommt in der Regel als erster Einwechselspieler von der Bank und steht 24, 25 Minuten auf dem Feld – auch dann noch, wenn es am Ende um Sieg oder Niederlage geht.

Zum jüngsten 111:97-Erfolg in den Play-offs in Boston steuerte Paul Zipser in 29 Minuten 16 Punkte bei, indem er sechs von acht Würfen aus dem Feld versenkte: „Von diesen Momenten habe ich geträumt.“ Die Angriffsaktionen sind es aber gar nicht, mit denen er sich festgespielt hat. Der bodenständige Badener mit der großen Spannweite und dem hohen Basketball-IQ hat seinen Platz in der Rotation mit seinen Defensivqualitäten zementiert. Und über seine Abwehrstärke hat er sich Selbstvertrauen für die Offensive verschafft. „Paul Zipser ist so zuverlässig wie ein Volkswagen“, schrieb die Zeitung „Chicago Tribune“ unlängst einmal über ihn.

„Jetzt ist für uns alles möglich“, sagt Paul Zipser nach dem guten Start in die Play-offs

Als Jugendnationalspieler zu Heidelberger Zeiten war schon eine Karriere in der Bundesliga vorgezeichnet. Doch NBA? Das ist noch einmal eine ganz andere Nummer. Paul Zipsers statistische Zahlen in München deuteten nicht unbedingt darauf hin. Er war eben schon dort keiner, der mit Punkten punktete. So wurde er in der Saison 2015/16, in der er durchschnittlich auf „nur“ 7,1 Zähler und 3,6 Rebounds kam, zum besten deutschen Nachwuchsspieler gewählt. In einem anschließenden Trainingscamp in Treviso mit den besten europäischen Talenten überzeugte er die Scouts aus den USA endgültig, zumindest die der Bulls. Der Club aus Chicago verpflichtete ihn im NBA-Draft 2016 (Nachwuchsspielerauswahl) an 48. Position und gab ihm einen Zweijahresvertrag.

Paul Zipser wird nicht der nächste Dirk Nowitzki werden, aber er ist auf dem besten Weg zu einem etablierten NBA-Profi. Und im Gegensatz zu dem Superstar aus Würzburg ist er (wie auch Dennis Schröder) mit seinem Team in den diesjährigen Play-offs vertreten. Mit 41 Siegen und 41 Niederlagen haben die Chicago Bulls trotz Spielern mit so klangvollen Namen wie Dwyane Wade, Jimmy Butler und Rajon Rondo gerade noch so als Tabellenachter der Eastern Conference in die Endrunde erreicht, nun aber mit den zwei Auftaktsiegen bei den erstplatzierten Boston Celtics für Furore gesorgt. Auch dank ihres jungen Deutschen mit der Verlässlichkeit eines Volkswagens. „Jetzt ist für uns alles möglich. Warum auch nicht?“, sagt Paul Zipser. „Es steht 2:0, und jetzt geht es nach Chicago. Ich freue mich richtig auf unsere Fans.“ Alexander Vogel wird auch genau hinschauen.