Ein breites Bürgerbündnis sagt Nein zu rechtsradikalen Parolen. Etwa 5000 Menschen beteiligten sich in Heilbronn an der Antinazidemo.
Heilbronn - Die Stadt Heilbronn hält sich viel zugute auf ihre Verbundenheit zu Theodor Heuss und dessen Aussage "Was hat mich Heilbronn gelehrt? Demokratie als Lebensform!" Am Sonntag, den Tag, den sich die Neonazis für ihre Kundgebung in Heilbronn ausgesucht hatten, wäre er stolz gewesen. Etwa 5000 Menschen haben sich an einer großen Gegenveranstaltung beteiligt.
Mehr als 100 Vereine, Organisationen, Parteien und Firmen sowie der DGB haben sich im Bündnis gegen rechts zusammengeschlossen. OB Helmut Himmelsbach sagte: "Uns alle eint der feste Wille, dass wir als Demokraten keine neuen Nazis in Heilbronn haben wollen." Er hatte auch die Mitarbeiter der Stadt gebeten, zur Demo zu kommen. In Heilbronn leben Menschen aus 130 Nationen.
Der Tag begann mit einem ökumenischen Freiluftgottesdienst im Alten Friedhof. Den Demozug in die Innenstadt führte OB Himmelsbach an, CDU-Generalsekretär Thomas Strobl und der designierte Innenminister Reinhold Gall (SPD) waren auch gekommen. Viel beachtet wurde, dass mit Rolf Blättgen ein Vertreter der Arbeitgeber an vorderster Linie mitging, ein deutliches Signal an die IHK Heilbronn-Franken, die sich als einzige ernstzunehmende Institution dem Bündnis gegen rechts verweigert hatte.
Eine "gebrannte Stadt"
Prälat Hans Dieter Wille lobte in seiner Rede die Stadt und die Teilnehmer dafür, dass sie "Gesicht zeigten". Heilbronn sei im wahrsten Sinne des Wortes eine "gebrannte Stadt" und die Deutschen würden für immer "gebrannte Kinder" bleiben: "Das darf nicht aus der Erinnerung kommen." Mit dieser Antinazidemo würden Demokratie, Staat und Politik gestärkt.
Die junge Generation erlebte diesen 1.Mai unterschiedlich. Der Jugendgemeinderat schloss sich der offiziellen Demo an, die Mitglieder des sogenannten Blockadebündnisses (darunter Jugendorganisationen der Parteien) schafften es mit Sitzblockaden, die Aktionen der militanten Lager von rechts und von links zu verzögern.
Die Polizei konnte die Lager von gewaltbereiten Rechten und Linksautonomen stets so weit getrennt halten, dass es zu keiner direkter Konfrontation kam. Einzelne Aktion wie die Blockade der Rosenbergbrücke, wurden zügig gestoppt. Im Bereich des Hauptbahnhofes waren bereits um acht Uhr morgens die ersten 400 der linken Szene zuzurechnende Gegendemonstranten eingetroffen. Hier blockierten sich die unterschiedlichen Teilnehmergruppen teilweise selber, die Demo der Neonazis fand deshalb erst mit mehr als zweistündiger Verspätung statt. Sie wurde von berittener Polizei und Polizei in voller Schutzmontur begleitet.
Sachbeschädigungen, aber keine Verletzten
Bereits in den Vormittagsstunden hatte die Polizei zwischendurch mehrere Hundert Demonstranten festgehalten, den größten Teil aber bald wieder freigelassen. Bei einigen Demonstranten wurden gefährliche Gegenstände sichergestellt. Die Zahl der Demonstranten aus der Neonaziszene benennt die Polizei mit rund 700 - angekündigt hatten deren Veranstalter weitaus mehr. Die Zahl bei der "linken Szene" lag deutlich darüber. Es gab Sachbeschädigungen und Schmierereien, aber keine Verletzten.
Am späten Nachmittag versuchten in der Nähe des Bahnhofs mehrere Hundert Linke, zu von der Polizei eingekesselten Demonstranten durchzudringen. Die Polizisten setzten Schlagstöcke ein, um sie abzuwehren, laut Polizei ohne Verletzte. Die zuvor geschätzten Kosten von 500.000 Euro für den Polizeieinsatz dürften weitaus höher liegen. Die Polizei war mit 3000 Beamten, 22 Reitern und zwei Helikoptern im Einsatz.