War der Mord von Heilbronn doch eine Beziehungstat? Viele Anzeichen weisen darauf hin.

Berlin/Heilbronn - Zwischen der vor viereinhalb Jahren in Heilbronn ermordeten Polizistin und dem Zwickauer Neonazi-Trio gibt es nach Erkenntnissen von Ermittlern wahrscheinlich doch eine Verbindung. Möglicherweise habe es sich um einen gezielten Mord gehandelt, hieß es am Montag aus Sicherheitskreisen.

 

Auch der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, habe sich am Montag entsprechend im Bundestags-Innenausschuss geäußert, berichteten Teilnehmer. Ziercke soll dabei von einer möglichen Beziehungstat gesprochen haben - in dem Sinne, dass es Bezüge zwischen der aus Thüringen stammenden Polizistin und der Zwickauer Zelle gebe.

"Die Tat passt in die Ideologie der Gruppe"

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wollte diese Angaben am Montag nicht kommentieren. Das Zwickauer Neonazi-Trio stehe weiter unter dringendem Tatverdacht, die Hintergründe seien aber Gegenstand intensiver Ermittlungen und würden nicht an die Öffentlichkeit gegeben. „Die Tat passt in die Ideologie der Gruppe“, sagte ein Sprecher der Behörde am Montag lediglich. Man gehe selbstverständlich jedem greifbaren Hinweis nach.

Die Polizistin Michèle Kiesewetter war am 25. April 2007 in Heilbronn auf einer Festwiese mit einem Kopfschuss getötet worden. Ihr damals 24 Jahre alter Streifen-Kollege wurde schwer verletzt und lag mehrere Wochen im Koma. In der vergangenen Woche hatte es noch vom Landeskriminalamt in Baden-Württemberg geheißen, der Mord an der Polizistin habe wohl nichts damit zu tun, dass die Beamtin selbst aus Thüringen stammt. Dafür hätten keine Anhaltspunkte vorgelegen, hieß es damals.

Nach Informationen der Zeitschrift „Super-Illu“ wurde der Neonazi Uwe Mundlos im Sommer 2005 mehrfach im thüringischen Heimatort der 2007 erschossenen Polizistin Michèle Kiesewetter gesehen.

Ein Koch mit dem Nachnamen Zschäpe

Nach dpa-Informationen soll ein Familienangehöriger der Polizistin versucht haben, einen Gasthof in Thüringen anzumieten, der dann aber an einen Mann aus dem Umfeld des Zwickauer Trios gegangen sei. Die Polizistin selbst habe jahrelang gegenüber des Gasthofes gewohnt. Zudem soll ein Familienmitglied der Polizistin in einem anderen Gastronomiebetrieb einen Koch mit dem Nachnamen Zschäpe beschäftigt haben.

Welche Rolle dies alles bei dem Mord an Kiesewetter gespielt haben könnte, blieb am Montag unklar. Die Familie der getöteten Polizistin in Thüringen bezeichnete die Angaben zu den möglichen Verbindungen auf dpa-Anfrage allerdings als „Unsinn“.

Die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos wird für die Mordserie an neun Geschäftsleuten türkischer und griechischer Abstammung zwischen 2000 und 2006 und die Ermordung Michèle Kiesewetters 2007 verantwortlich gemacht.



Innenministerium: Mit Zehn-Punkte-Plan gegen rechten Terror

Mit einem Zehn-Punkte-Plan will die Bundesregierung rechtsextreme Gewalt aufklären und bekämpfen - ein Überblick über die Vorhaben des Bundesinnenministeriums:

Abwehrzentrum: Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und das Bundeskriminalamt (BKA) sollen das Zentrum nach dem Vorbild des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum gegen islamistischen Terror einrichten. Polizei und Verfassungsschutz sollen in täglicher, enger Zusammenarbeit planen und handeln.

Verbunddatei Rechtsextremismus: Polizei und Verfassungsschutz von Bund und Ländern sollen hier vergleichbar mit der Anti-Terror-Datei Informationen zu Gewaltbereiten und Vereinigungen sammeln.

Rechte des Generalbundesanwalts: Der Generalbundesanwalt soll in Fällen schwerer Kriminalität mit länderübergreifendem Bezug eine stärkere Rolle spielen.

Verlängerung der Speicherfristen: Gesetzliche Löschfristen für personenbezogene Daten über extremistische, insbesondere militante Bestrebungen sollen verlängert werden. Heute müssen Daten zu Rechtsextremisten bereits nach fünf Jahren auf Löschung überprüft werden.

Erweiterte Speicherbefugnis der Verfassungsschutzbehörden in gemeinsamen Dateien: Umfassende Hintergrunddaten zu allen Extremisten sollen gespeichert werden dürfen. Bisher dürfen nur über bereits gewalttätig gewordene Extremisten umfassendere Informationen gespeichert werden.

Federführung des Bundes auf militanten Rechtsextremismus erstrecken: Das BfV soll wie gegen den islamistischen Terrorismus auch bei militantem Rechtsextremismus die Federführung bekommen.

Gesamtkonzeption zur Bekämpfung rechter Gewalt: Polizei und Verfassungsschutz sollen dazu ein Konzept erstellen. In einer Koordinierungsgruppe sollen BKA, Landeskriminalämter, BfV, Landesämter für Verfassungsschutz und Generalbundesanwalt vertreten sein.

Internetbeobachtung: Rechtsextremistische Seiten und Inhalte im Netz sollen stringenter beobachtet werden.

Kameradschaften überprüfen: Das BfV soll die Kameradschaften einer generellen Prüfung unterziehen. Hierzu wird eine neue Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft eingerichtet.

Unaufgeklärte Fälle überprüfen: BKA und BfV sollen alle nicht aufgeklärten Altfälle - insbesondere Banküberfälle, Sprengstoffanschläge und Morde - seit 1998 prüfen, wenn das Neonazi-Trio infrage kommt.