Mit seinem Ansinnen, das Polizeirecht nach nur einem Jahr erneut zu verschärfen, bringt Innenminister Strobl die Grünen in Wallung. Warum eigentlich?

Stuttgart - In der grün-schwarzen Koalition in Baden-Württemberg ist ein Streit um die Sicherheitspolitik entflammt. Die Grünen lehnen die von Innenminister Thomas Strobl (CDU) vorgelegte neuerliche Verschärfung des Polizeirechts rundweg ab. „Wir sind nicht gewillt, mit dem Innenminister über diesen Gesetzentwurf zu verhandeln“, sagte Hans-Ulrich Sckerl, der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Landtag. Die Haltung der Fraktion sei eindeutig. Sckerl hatte für seine Partei bereits die jüngste Neufassung des Polizeigesetzes federführend ausgehandelt. Das Gesetz wurde vor einem Jahr vom Landtag verabschiedet.

 

Für die Grünen kommt es einer Provokation gleich, dass der Innenminister erneut Forderungen auf den Tisch legt, die sie im vergangenen Jahr ausdrücklich abgelehnt hatten. Dazu zählt die Onlinedurchsuchung, mit der auf Computern, Laptops, Tablets oder Smartphones abgespeicherte Daten abgegriffen werden. Dies geschieht durch eine heimlich auf die Geräte gespielte Spähsoftware, die Sicherheitslücken in den Betriebssystemen nutzt.

Grüne lehnen Onlinedurchsuchung ab

Die Grünen werfen Strobl vor, neue Gesetzesverschärfungen zu planen, ohne nachweisen zu können, dass die zuvor beschlossenen etwas gebracht hätten. „Das ist ein Stil, den akzeptieren wir nicht“, sagte Sckerl. Die Grünen hatten zwar die Onlinedurchsuchung abgelehnt, dem heimlichen Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation über Messenger-Dienste wie Whatsapp aber zugestimmt. Dafür ist eine spezielle Spähsoftware (Staatstrojaner) nötig, die zwischen abgespeicherten Daten und laufender Kommunikation trennen kann. Sie liegt allem Anschein nach noch nicht vor. Die Sicherheitsbehörden halten sich bei diesem Thema bedeckt. Mit der Übernahme der Onlinedurchsuchung ins Polizeirecht des Landes ließe sich dieses technische Problem lösen. Das Bundeskriminalamt verfügt über entsprechendes Material.

Innenminister Strobl rechtfertigte seine Gesetzentwurf: „Es wird niemanden wundern, dass der Innenminister daran arbeitet, die rechtlichen Grundlagen für die Polizei, vor allem für die Sicherheit der Menschen im Land, zu verbessern.“ Dazu habe er Vorschläge erarbeitet, über die in der Koalition zu sprechen sei. „Wir fusionieren nicht – wir koalieren.“ Zu den weiteren Kernpunkten seines Entwurfs gehört die Untersuchung von Erbmaterial auf Merkmale wie Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie auf die biogeographische Herkunft eines Menschen. Der präventive (vorbeugende) Polizeigewahrsam soll von maximal zwei Wochen auf zunächst drei Monate ausgedehnt werden. Er kann aber immer wieder verlängert werden („Unendlichkeitsgewahrsam“).

Strobls Entwurf lehnt sich an das neue Polizeiaufgabengesetz in Bayern an. Dagegen liegen Verfassungsbeschwerden vor. Auch in Nordrhein-Westfalen ist ein neues, scharfes Polizeirecht in Arbeit.

– Strobls Wunschzettel