Die Schließung der Alloheim-Seniorenresidenz in Ludwigsburg stellt die Angehörigen vor große Probleme. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert das Unternehmen: Man schaue nur auf den Profit.

Ludwigsburg - Fünf Tage vor Weihnachten muss die Seniorenresidenz Anna Maria der Alloheim-Gruppe schließen – das stellt die Angehörigen vor große Herausforderungen. Das Landratsamt sieht aber keine Alternative zur Einstellung des Betriebes , bietet aber Hilfe bei der Vermittlung von Plätzen an. Während manche am Sinn der Anordnung zweifeln, kritisiert die Gewerkschaft Verdi die Alloheim-Gruppe wegen ihres Umgangs mit Mitarbeitern.

 

Angehörige sprechen von einer „Katastrophe“

Für einen 66-Jährigen Ludwigsburger ist mit der Nachricht, das Alloheim am Hohenzollernplatz müsse schließen, eine Welt zusammengebrochen. Seine 96-jährige Mutter ist dort untergebracht. „Dass die Zustände im vergangenen Jahr verbesserungswürdig waren, kann ich nachvollziehen“, sagt er, „es hat Personal gefehlt und die Gänge waren nicht sauber.“ Doch inzwischen habe sich vieles verbessert, er sehe seine Mutter gut aufgehoben. Wohin aber soll sie nun gebracht werden? „Das ist eine Katastrophe“, sagt der Ludwigsburger. Andere Angehörige von Heimbewohnern berichteten, der nächste freie Platz sei in Pforzheim oder Karlsruhe. Der 66-Jährige versteht nicht, warum das Heim vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) noch vor kurzem die Note 1,3 bekommen habe und jetzt geschlossen werden müsse.

Einige Gründe wurden in der vergangenen Woche auf einer Infoveranstaltung für Angehörige von der Heimleitung genannt, wie Teilnehmer berichten. So habe eine Prüfung der Heimaufsicht im September ergeben, dass ein Zahnprothesen-Pflegeplan für einen Bewohner gefehlt habe, in zwei Fällen sei zu wenig Personal angetroffen worden. Alloheim erklärt dazu, der Bewohner habe gar keine Zahnprothese, daher brauche er keinen Pflegeplan. Und bei der Personalbesetzung sei es am Tag der Prüfung durch eine Krankmeldung zu einer „kurzfristigen Unterdeckung“ gekommen, die jedoch durch Verschiebungen zwischen den Abteilungen ausgeglichen worden sei. Zudem seien eine nicht erfasste Kontraktur eines Gelenks und eine nicht dokumentierte Magensonde bemängelt worden: „Beides konnte aufgeklärt worden mit Blick auf die Gesamtdokumentation.“

Alloheim weist alle Vorwürfe zurück

Wie reagiert das Landratsamt auf die Kritik? „Die Schließung stützt sich bei Weitem nicht allein auf die Kontrolle im September“, erklärt Andreas Fritz, der Sprecher des Landratsamtes. Diese habe außerplanmäßig aufgrund mehrerer Beschwerden stattgefunden. Entscheidend sei die Entwicklung seit dem vergangenen Jahr: „Immer wieder sind Pflegemängel und Missstände aufgetreten.“ Manche hätten sich auch wiederholt, so dass sich die Situation immer mehr zugespitzt habe. Auch die „Schwankung der Leistungen“ sei ausschlaggebend gewesen.

Dass der MDK dem Heim gute Noten ausgestellt habe, liege an unterschiedlichen Beurteilungsverfahren. „Der MDK prüft überwiegend die Pflegedokumentation, also nach Aktenlage“, erklärt Fritz. Die Heimaufsicht gehe hingegen gezielt auf Beschwerden ein. Dabei werde vom Personalbestand über die Dienstkleidung bis zur Aufbewahrung von Medikamenten alles durchleuchtet. Die Kreisbehörde bietet Angehörigenjetzt Hilfe bei der Heimplatzsuche an. Der Pflegestützpunkt im Landratsamt vermittelt unter der Telefonnummer 0 71 41 / 14 42 465 freie Plätze.

Landratsamt: Heimaufsicht kontrolliert reale Lage

Die Gewerkschaft Verdi ist von der Schließung des Ludwigsburger Heimes nicht überrascht. „Der Träger gehört wie andere Pflegekonzerne Finanzinvestoren und kauft im großen Stil kleine Pflegeheime auf“, erklärt der Gewerkschaftssekretär Thilo Jahn. Sein Verdi-Kollege Matthias Gruß rechnet vor, dass die Carlyle-Gruppe im Jahr 2015 einen Gewinn von 32 Millionen Euro mit der Alloheim gemacht habe: „Nun soll das Unternehmen schon wieder verkauft werden, es dürften mehrere 100 Millionen Euro dafür eingestrichen werden.“ Man setze auf kurzfristigen Profit zu Lasten der Mitarbeiter und der Qualität der Pflege. Alloheim weist das entschieden zurück: „Die Qualität der Pflege und das Wohl der Bewohner hat höchste Priorität.“

Ludwigsburg ist nicht das erste Heim der Gruppe, das in die Schlagzeilen geraten ist. Im vergangenen Jahr sollte auch in Simmerath in Nordrhein-Westfalen ein Heim geschlossen werden, der Verkauf verhinderte dies aber. Ein Modell, das auch in Ludwigsburg die Schließung noch abwenden könnte? Beim Landratsamt zeigt man sich dafür offen, wie der Sprecher Andreas Fritz erklärt: „Wenn ein geeigneter Träger das Haus übernehmen würde, könnte die Einrichtung weitergeführt werden.“