Der neue Bürgermeister leitet seine erste Sitzung. Geschickt moderiert er einen Konflikt um Kitagebühren und übersteht eine Kampfabstimmung über neue LED-Lampen in der Stadt. Räte und Publikum verfolgen das mit freundlichem Interesse.

Heimsheim – Das Weissacher Rathaus mag ein Tempel sein, was modernen Luxus angeht. Aber die Sitzungen in Heimsheim finden in noch mondänerem Rahmen statt, nämlich im Saal des Grävenitz’schen Schlosses. Unter Puttengemälden und zwischen marmorierten Mauern beginnt Jürgen Troll seine erste Ratssitzung im neuen Amt. Noch neu in vielen Themen, dennoch fällt seine unaufgeregte Art positiv auf – in der Bürgerfragestunde wird er gar herzlich willkommen geheißen.

 

Es beginnt ohne großen Pomp. Jürgen Troll verliest eine Niederschrift einer nichtöffentlichen Sitzung, muss nachschlagen. Und verkündet, dass seine neue Stelle mit A 16 vergütet wird – das haben die Räte vor seinem Amtsantritt beschlossen.

Dann haben die Bürger das Wort. „Ich will wenig Regeln aufstellen, ich werde mich bemühen, alles zu beantworten“, erklärt der neue Schultes. Und wird gleich mit Anwohnern der Kotzenbachbrücke konfrontiert, die gegen deren Abriss sind. Weiterhin wird ein Zaun auf einem Spazierweg als Stolperfalle identifiziert und ein Anlieger der Bloßenbergstraße beschwert sich über die monatelange Baustelle. „Sie haben zum Amtsantritt das Asterix-Heft ‚Der große Graben’ bekommen, hier gibt es einen kleinen Graben“, sagt der Heimsheimer Bürger.

Willkommen also im kommunalen Alltag. Es geht um Kindergärten und Kitas. Noch recht einfach ist die Frage nach verlängerten Öffnungszeiten, in der Heerstraße von 7.30 bis 13.30 Uhr. Die Rätinnen Renate Niehaus (SPD) und die BFH-Fraktionschefin Gaby Wulff wollen sicherstellen, dass auch von 2014 an die Zeiten noch gelten. Troll sagt zu Sonderwünschen der Eltern: „Die Verwaltung sollte so flexibel wie möglich sein.“

Haariger wird es bei den Kindergartengebühren. Die sollen in Heimsheim steigen, vor allem aber die Kita-Gebühren. „Wir liegen da deutlich unter den Empfehlungen der Verbände“, sagt die Vize-Hauptamtsleiterin Anke Finsterle. Die Kitagebühren sollen von 240 auf 260 Euro im Monat steigen. Das stößt auf Widerstand bei Renate Niehaus. „Das wären 60 Euro mehr in zwei Jahren, so müssen wir nicht zuschlagen.“ Und Heinz Philipin sagt: „Wir müssen nicht den Richtsätzen der Verbände folgen, wenn wir uns als kinderfreundliche Kommune profilieren wollen.“

Das sieht der CDU-Fraktionschef Uwe Braun anders. „Wir sind eine kinderfreundliche Stadt, aber wir schaffen durch die Kita ja auch die Möglichkeit, dass beide Partner arbeiten können“, sagt der CDU-Rat. Er schlägt einen Kompromiss vor – 250 Euro in diesem Jahr, 260 Euro im nächsten. Renate Niehaus schlägt ein. „Ja, ein kompliziertes Thema“, sagt Troll lächelnd.

Der einzige inhaltliche Konflikt an diesem Abend ist ausgestanden. Mit 10:2 Stimmen werden die Gebühren für Kita und Kindergarten erhöht – inklusive einer „Strafgebühr“ von 12,50 Euro je halbe Stunde, wenn Eltern ihre Kinder wiederholt zu spät von „Kindi“ abholen – eine ähnliche Regelung hat Weissach eben erst beschlossen.

Aber auch wenn keine politischen Fronten zu begradigen sind, auch technische Fragen können zu Diskussionen führen. Die Kotzenbachbrücke soll abgerissen und ersetzt werden, Stichwort Hochwasserschutz. Und das kostet nun 100 000 Euro statt 60 000 Euro. Die Verwaltung ist unentschieden: Jetzt ausschreiben, oder bis Januar warten? „Das wird nicht besser mit den Preisen im Tiefbau“, sagt Rolf Armbrust (CDU). Manfred Klingel (FWV) sucht nach Sparmöglichkeiten. Irgendwie ringt sich das Gremium dann doch dazu durch, eine Auto-befahrbare Brücke zu bauen.

Und dann gibt es eine Diskussion, wie sie kleine Gemeinderäte häufig führen. Sollen 56 Laternen in der Stadt LED-Leuchten bekommen? Der Kämmerer Andreas Bastl ist dafür. Jetzt hat sich der Gemeinderat aber warm diskutiert. „Nur die im Flachter Pfad oder in der Panoramastraße?“, will Renate Niehaus wissen. „Kann man die Lampen dimmen?“, will Vize-Bürgermeister Walter Müller wissen. Oder sollte man nicht alle gleichzeitig austauschen (Uwe Braun), erst einen Plan aufstellen (Rolf Armbrust), oder einen ganzen Straßenzug? Fragen über Fragen.

Der Rat einigt sich darauf, dies die Fachleute entscheiden zu lassen. Die erste Sitzung geht friedlich zu Ende, Troll verabschiedet sich freundlich vom Publikum. Die Ära Rupp scheint nur noch ein Schlossgespenst zu sein, das gelegentlich herumspukt. Die neue Sachlichkeit in Heimsheim hat Einzug gehalten – alle sind erleichtert.