Heimsheimer Dauerstreit zwischen Rat und Bürgermeister Rathauschef ist nur noch für Amtsboten und Reinigungskräfte zuständig
Neuer Ärger: Bürgermeister Jürgen Troll nennt die Beschneidung seiner Kompetenzen einen „Rückfall in die Steinzeit“.
Neuer Ärger: Bürgermeister Jürgen Troll nennt die Beschneidung seiner Kompetenzen einen „Rückfall in die Steinzeit“.
Der Dauerstreit zwischen Teilen des Gemeinderats und dem Bürgermeister spitzt sich zu. Nachdem zuletzt Auseinandersetzungen um ein Gemeinderatsprotokoll hochgekocht waren, bot nun eine von der Verwaltung vorgeschlagene Änderung der Hauptsatzung neuen Zündstoff. Zuvor hatte der Bürgermeister Jürgen Troll kurz und knapp mitgeteilt, dass eine gegen ihn von mehreren Fraktionen eingereichte Dienstaufsichtsbeschwerde vom Landratsamt zurückgewiesen worden sei.
Eigentlich wollte die Verwaltung ihre Kompetenzen in Sachen Personalbeschaffung an den aktuellen Stand anpassen. Troll schlug dem Gemeinderat daher eine Änderung der Hauptsatzung vor. Doch nach langer, teils sehr emotionaler Diskussion ist nun das Gegenteil passiert: Die Ratsmitglieder wollen künftig schon bei der Einstellung von Beschäftigten ab den eher niedrigen Gehaltsgruppen mitreden.
Eine Gemeinderatsmehrheit aus vier Fraktionen hat das jetzt beschlossen. Auf Nachfrage sagte Troll gegenüber unserer Zeitung, dass der Bürgermeister beim Verwaltungspersonal und beim technischen Personal jetzt nur noch für Reinigungskräfte und für Amtsboten zuständig sei. Verwaltungssachbearbeiter, Bauhofmitarbeiter und Hausmeister entscheide künftig der Gemeinderat oder der Verwaltungsausschuss.
Die Hauptsatzung einer Gemeinde regelt unter anderem, wer in der Stadt welche Kompetenzen hat. In Sachen Personal konnte der Heimsheimer Bürgermeister als Chef der Verwaltung bisher „Beschäftigte der Entgeltgruppen 1 bis 6 TVöD und S2 bis S6 des Sozial- und Erziehungstarifs“ selbstständig einstellen. Über höher eingestufte Mitarbeiter entscheidet der Gemeinderat und dessen Verwaltungsausschuss. Diese Festlegungen sind mehr als zehn Jahre alt. Inzwischen haben sich durch tarifliche Änderungen Neueinstufungen ergeben.
Kommunale Angestellte, die früher in 6 oder etwa Erzieherinnen, die in S 6 eingestuft waren, sind jetzt in den Entgeltgruppen 8 oder S 8. Deswegen empfahl die Verwaltung, dass sie bis zu diesen Gehaltsstufen künftig weiter selbst entscheiden darf. Bei Einstellungen höher Eingruppierter soll weiter der Gemeinderat mitwirken. Doch der Beschluss lautete am Ende ganz anders: Die Verwaltung darf nur noch bis einschließlich Entgeltgruppe 4 selbstständig entscheiden. Darüber hinaus ist der Gemeinderat einzubeziehen. Allerdings gilt diese Beschränkung nicht für die S-Tarife, zu denen das Kindergarten-Personal gehört.
Stadträtin Doro Moritz (SPD) forderte gleich zu Beginn die Behandlung eines Antrags von vier Fraktionen, der allerdings erst knapp vor Versand der Sitzungsunterlagen eingereicht wurde. In diesem Antrag wurde offensichtlich gefordert, was später beschlossen wurde, nämlich weiterreichende Mitwirkungsmöglichkeiten in Personalangelegenheiten. Die seien in der Vergangenheit nicht ausreichend berücksichtigt worden, meinte sie und fügte hinzu, die Personalkosten seien in den letzten fünf Jahren um 50 Prozent gestiegen.
„Dass die Personalkosten gestiegen sind, weil Sie nicht beteiligt wurden, ist einfach falsch“, entgegnete Jürgen Troll. Bei der vorgeschlagenen Satzungsänderung gehe es doch darum, dass man das Routinegeschäft der Verwaltung überlässt. „Mit Ihrem Antrag fallen wir in die Steinzeit zurück“, sagte er spürbar verärgert. „Das wäre ein erheblicher Wettbewerbsnachteil und mehr bürokratischer Aufwand.“
Gaby Wulff (Bürger für Heimsheim) verteidigte den Verwaltungsantrag und zitierte aus der Hauptsatzung der Nachbarstadt Weil der Stadt, wo der Bürgermeister noch deutlich höhere Personalkompetenzen habe. „Wollen wir denn die Leute vergraulen?“, fragte sie. Es gebe viele Bewerber, die wollten sich nicht in einem solchen Gremium vorstellen. „Wollen wir jetzt rückwärtsgehen? Davon distanziere ich mich“, sagte sie.
Nachdem die Leiterin des Amtes für Bildung und Soziales, Klara Schüßler, in einer langen Ausführung geschildert hatte, wie rasch und unbürokratisch neues Personal gewonnen werde, erklärte Ralf Rüth (CDU), dass es bei dem Antrag nicht um neue Kita-Stellen gehe, sondern nur um solche im Rathaus. „Wir haben in den letzten Jahren Unregelmäßigkeiten erlebt“, meinte er.
Jürgen Troll, der während der Sitzung mehrere Ordnungsrufe erteilte, wies das strikt zurück. Das seien vorgeschobene, fadenscheinige Gründe. Doro Moritz betonte, dass man unzufrieden sei mit der Kommunikation, Michael Teichmann (Freie Wähler Vereinigung Heimsheim) erklärte, man wolle überschauen können, wie sich die Kosten entwickeln. „Wir wollen Transparenz und einfach mitgenommen werden.“ Der Bürgermeister entgegnete: „Die Kostentransparenz haben Sie jedes Jahr im Haushaltsplan. Dort können Sie auch den Stellenplan verändern.“
In einer namentlichen Abstimmung befürworteten die Räte von CDU, SPD, Freie Wählervereinigung und Unabhängige Wählervereinigung die Einschränkung der Personalkompetenzen des Bürgermeisters in der Hauptsatzung. Jürgen Troll kommentierte das mit den Worten: „Aus meiner Sicht wird das Bild unserer Stadt als Arbeitgeber damit beschädigt.“