Das Graffiti-Mobil der Polizei hat Station in Heimsheim gemacht. Malermeister und verurteilte Jugendliche, die Sprayer waren, sollen gemeinsam die verschmierten Mauern suaber machen – und ein Bewusstsein für fremdes Eigentum wecken.

Heimsheim - Sie stehen unübersehbar in der Landschaft: das alte und das neue Trafohäuschen, an der Straße zwischen Heimsheim und Hausen. Und unübersehbar ist auch die Verzierung, und zwar gleich mehrfach: Offenbar sind die beiden Betonbauten ein unwiderstehliches Ziel für Sprayer, ihre „Tags“ zu hinterlassen, wie die Autogramme in der Szene heißen.

 

Doch an diesem sonnigen Vormittag ist es damit vorbei – der 79-jährige Malermeister Adolf Seiter und ein Mitarbeiter der Firma Wendlinger streichen die Wand mit Acrylfarbe wieder schön weiß. Der Polizeibeamte Volker Weingardt steht zufrieden daneben – und freut sich.

Denn er engagiert sich schon seit Jahren für diese Aktion. Meistens greifen dann aber nicht nur die Maler zu Pinsel und Walze, sondern auch Jugendliche. Im Idealfall sogar die Sprayer, die die Wand verunziert haben. „Das hat einen erzieherischen Effekt“, sagt Volker Weingardt, der seit zwölf Jahren in seiner Freizeit einen zähen Kampf gegen jedes einzelne Graffito führt. Bislang neben dem Hauptjob, seit Monatsbeginn ist er auch hauptberuflich dafür zuständig, und auch für Schulschwänzer.

Für den Kampf gegen die Farbe hat man, gestützt vom Pforzheimer Bürgerverein Nordstadt, ein Auto angeschafft, das „Graffiti-Mobil“. Das ehrgeizige Ziel: „Wir wollen den Enzkreis graffitifrei machen.“ Die erste Aktion dazu findet in Heimsheim statt, eben an den Trafohäuschen. Das freut den Karlsruher Stromkonzern EnBW nun derart, dass ein Vertreter gleich an diesem Tag einen Scheck über 4500 Euro an das Team des Graffiti-Mobils überreicht.

Und das gefällt auch dem Heimsheimer Bürgermeister Jürgen Toll. „Das ist eine tolle Sache, und es freut mich, dass Sie nach Heimsheim gekommen sind“, sagt er zu dem engagierten Polizisten. Schließlich ist ihm das Trafohäuschen schon länger unangenehm durch seine Verzierungen aufgefallen, jetzt ist der Schandfleck beseitigt.

Das klappt aber nur, wenn alle zusammenarbeiten. „Ich finde es toll, dass die Malermeister ihre Zeit zur Verfügung stellen“, erklärt Volker Weingardt. Und der Pforzheimer Kripochef Stefan Hammer schaut ebenso zufrieden drein wie der CDU-Abgeordnete Gunther Krichbaum, der die Aktion 2003 mit ins Leben gerufen hat. Aber es geht bei diesem Termin nicht nur darum, dass sich Honoratioren gegenseitig auf die Schulter klopfen.

Volker Weingardt erzählt voller Begeisterung, welche Effekte er schon bei insgesamt 485 Jugendlichen erzielt hat. „Wenn eine 75-Jährige mit Tränen in den Augen sagt, sie habe Angst vor dem Sprayer, hat das eine Wirkung“, sagt er. So komme es immer wieder zu bewegenden Begegnungen, an deren Ende sich der „Täter“ meist entschuldige. „Manchen wird dann erst bewusst, was sie damit anrichten“, sagt Weingardt. Die Rückfallquote liege dementsprechend bei null Prozent.

Auch sonst sind die Zahlen beeindruckend: Seit 2003 wurden insgesamt 71 Gebäude gereinigt, 13 453 Graffiti entfernt. Und es sollen noch viel mehr werden. Daher appelliert Weingardt jetzt an alle Hausbesitzer: „Melden Sie sich! Der Einsatz des Graffiti-Mobils ist kostenlos.“ Übrigens auch für die Sprayer, die sich durch die Teilnahme an der Aktion von hohen Schadenersatzforderungen befreien können. Nicht selten schickt ein Anwalt Mehrfach-Sprayer zu Weingardt – „günstiger“ kommen sie vor Gericht nicht mehr davon.

Nach gut einer Stunde sind die Wände wieder weiß, als wäre nie etwas gewesen. Es wird nicht die letzte Aktion im Heckengäu gewesen sein. Denn eigentlich geht es mit dem neuen Auto jetzt erst richtig los.