Am 20. März haben Johanna und Patrick Seidemann aus Leinfelden-Echterdingen geheiratet. Geplant war das eigentlich ganz anders. Doch die Corona-Krise wirbelte alles durcheinander.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Echterdingen - Spontaner kann man seinen Nachnamen kaum wechseln. Doch in Zeiten der Corona-Krise ist nichts mehr normal. Das musste auch ein junges Paar aus Echterdingen erfahren. Eigentlich wollten Johanna und Patrick Seidemann am 17. April standesamtlich heiraten. Dass dies aber aufgrund einer drohenden Ausgangssperre vielleicht gar nicht mehr möglich sein könnte, ist ihnen am Donnerstagabend bewusst geworden. Da hatten die beiden mit dem Pfarrer telefoniert.

 

Dreieinhalb Stunden später war es schon so weit

Die kirchliche Trauung war für den 25. April geplant. Doch weil Gottesdienste bis zum 30. April nicht mehr möglich sind, hat der Pfarrer absagen müssen. Den beiden wurde klar, dass auch die standesamtliche Hochzeit auf wackeligen Beinen steht. Freitag um kurz nach 8 Uhr hat Patrick Seidemann deshalb beim Standesamt in Echterdingen angerufen und um eine Blitzhochzeit gebeten.

Dreieinhalb Stunden später haben sich die Brautleute das Ja-Wort gegeben, seither heißt Johanna mit Nachnamen nicht mehr Windecker, sondern Seidemann. „Der Tag ist total verrückt“, sagt die Braut am Hochzeitstag. „Es war alles sehr hektisch, aber es war Glück, dass es geklappt hat“, sagt ihr Mann. Er hatte morgens sogar noch kurz im Homeoffice gearbeitet, sich dann aber wegen der sich überschlagenden Ereignisse den restlichen Tag freigenommen.

Dabei war eigentlich gar nichts spontan. Die 28-Jährigen hatten ihre Hochzeit von langer Hand geplant. Ein Jahr hatten sie alles vorbereitet. Die Feier mit 90 Gästen – auch aus den USA, Nordrhein-Westfalen und Hamburg – sollte am 25. April steigen. Im Plangarten Stetten, die Echterdinger Ratsstuben sollten das Festmahl servieren, ein DJ war engagiert, ein Fotograf sowieso. Eine ganz klassische Hochzeit.

Dann wurde es alles andere als klassisch. Mit zunehmender Nervosität haben Johanna und Patrick Seidemann die Nachrichten der vergangenen Tage verfolgt. „Uns hat die ganze Situation sehr belastet“, sagt er. „Ich war seit einer Woche eigentlich täglich am Heulen“, sagt sie.

Sie durften nur vier weitere Menschen dabei haben

Ihren Hochzeitstag vergessen die meisten Paare vermutlich nie, für die beiden Echterdinger gilt dies aber sicherlich ganz besonders. „Wir sind froh, dass wir jetzt verheiratet sind“, sagt Patrick Seidemann. Und schön sei es trotz der Turbulenzen gewesen. Auch wenn bei der Trauung nur vier weitere Menschen im Standesamt dabei sein durften. Sie entschieden sich für ihre Eltern sowie für Patrick Seidemanns Oma und Mutter. Sein Vater musste aufgrund der Beschränkungen vor dem Echterdinger Rathaus warten, die Trauzeugen auch: sein Bruder und ihre Freundin aus Kindergartentagen.

Unter normalen Umständen wären die Frischvermählten am 27. April zu einer dreiwöchigen Hochzeitsreise nach Namibia aufgebrochen. „Das war eine Herzensreise“, sagt sie. Aktuell undenkbar, also musste der Urlaub gecancelt werden, für das Fest steht ihnen dies noch bevor. Sie wollen dies in den nächsten Tagen abwickeln – in der Hoffnung, dass sie irgendwann nachfeiern und vor allem auch kirchlich heiraten können. Und zum Juwelier müssen sie noch. „Das Datum in unseren Eheringen stimmt natürlich auch nicht“, sagt Patrick Seidemann.