Das Jahr 2022 bietet für Heiratswillige ganz besondere Termine. Diese sind gefragt, noch hält sich der Andrang aber in Grenzen. Was sind die Gründe?

Stuttgart - Die Trauringe liegen bereit, das Datum ist eingraviert: Der 22.2.2022, der Tag, an dem Helene und Lukas im Standesamt in der Stadtmitte an der Eberhardstraße heiraten werden. Sie sind damit eines von 50 Stuttgarter Paaren, die sich für den Start ins Eheleben die Schnapszahlen 2.2.2022 und 22.2.2022 ausgesucht haben. Als gutes Omen, weil Mann oder auch Frau diesen Hochzeitstag bestimmt nicht vergessen und damit schon mal ein Konflikt vermieden wird? „Nein“, lacht Lukas, „wir fanden das Datum hübsch, es hat einfach gut gepasst.“

 

Heiraten in Zeiten der Pandemie

Ein wahrer Hochzeitsboom mitten im kalten grauen Winter ganz ohne Maienromantik und trotz Corona und Omikron? Zumindest eine ungewöhnlich hohe Zahl. Nicht nur für die Jahreszeit, sondern auch angesichts der einschränkenden Vorschriften. Wer will schon Hochzeit feiern mit Maske und Abstand?

„Wir haben pandemiebedingt tatsächlich weniger Eheschließungen“, sagt Verena Rathgeb-Stein, die Leiterin des Standesamtes Stuttgart. Das gelte nicht für diese besonderen Termine, auf deren Anziehungskraft sich Verena Rathgeb-Stein vorsorglich eingestellt hat: „Wir haben den Trauraum zu weiteren Zeiten geöffnet und sind bereit, noch weiter auf die Wünsche der Paare einzugehen.“ Sie hat für den 2. Februar vier und für den 22. neun Anmeldungen. Aber der ganz große Ansturm der Heiratswilligen, wie er sonst für solche Daten losbricht, ist offensichtlich ausgeblieben, wie eine Umfrage in den 17 weiteren Standesämtern der Stuttgarter Außenbezirke ergibt.

Wunschtermin hat sich erfüllt

Helene M. und Lukas F. (die vollständigen Namen sind der Redaktion bekannt), rechneten sich wenig Chancen für ihren Wunschtermin aus, als sie sich im vergangenen Oktober im Standesamt an der Eberhardstraße angemeldet haben: „Wir haben gedacht, da ist sicher schon alles belegt“, erzählt die 27-Jährige, die als Radiologie-Assistentin in einem Stuttgarter Krankenhaus arbeitet. Aber ganz im Gegenteil: „Wir konnten uns sogar noch die Uhrzeit aussuchen und müssen nicht, wie ich befürchtet habe, vielleicht schon um 8 Uhr früh heiraten.“ Gewissermaßen auf nüchternen Magen. Stattdessen dürfen die Ringe kurz vor dem nahtlosen Wechsel ins Restaurant zum Festmenü mit Gästen gewechselt werden.

In den sauren Apfel eines frühen Termins hätten Lukas und Helene vermutlich dennoch gebissen, denn sie nehmen am 22. Februar bereits den zweiten Anlauf in die Ehe: „Wir wollten eigentlich schon im November heiraten“, verrät der 29-Jährige, Doktorand am Institut für maschinelle Sprachverarbeitung an der Uni Stuttgart und mit Grundlagen der Computerlinguistik beschäftigt. Wegen Corona, was sonst, haben sie den Termin abgesagt. Jetzt steigen die Infektionszahlen immer noch, für den Gang zum Standesamt gilt die 2Gplus-Regelung. Brautpaar und Gäste, zusammen limitiert auf acht Personen, müssen einen aktuellen Schnelltest mit negativem Ergebnis vorlegen, Maske ist Pflicht. Aber noch länger wollen die beiden, die sich 2014 an der Uni kennengelernt haben, nicht mehr warten: „Jetzt wird die Hochzeit nicht mehr verschoben“, sagt Lukas sehr bestimmt. Helene lächelt: Ihr weißes Kleid, „lang und ganz schlicht“, wartet auf seinen Auftritt.

Kleine Räumlichkeit in Bad Cannstatt

Sie wohnen in Bad Cannstatt und haben sich auch im dortigen Standesamt umgesehen: „Aber dort hätten wir wegen der Abstandsregel nur zu sechst sein können, weil der Raum kleiner ist.“ Sollten etwa die Geschwister vor der Tür bleiben müssen? Natürlich nicht. Daher fiel die Entscheidung für das Standesamt an der Eberhardstraße, wo obendrein ein Klavier steht, auf dem eine Freundin des Paares die Zeremonie musikalisch begleiten wird. Mit Lieblingsliedern? „Vermutlich Klassisches.“

In Bad Cannstatt erwartet Irmgard Reichert vier beziehungsweise elf Trauungen. Obendrein hätten fünf Paare bereits den nicht ganz so „hochprozentigen“ 22.1.2022 gewählt, weil es ein Samstag war und die Trauung im Kursaal stattfinden konnte.

„Mehr als sonst“ kommentiert Anette Schlegel die insgesamt fünf Trauungen in Weilimdorf, wobei hier wie fast überall der Dienstag, 22. Februar, begehrter ist als der 2., der auf einen Mittwoch fällt. So ist es in Plieningen, Möhringen, Botnang, Obertürkheim, Uhlbach und in Stammheim. In Vaihingen steht es 1:1, während Sandra Colin in Sillenbuch erst Anfragen hat. Und in Degerloch, Münster, Mühlhausen, Hedelfingen und Wangen trauen sich trotz Schnapszahlen offenbar gar keine Liebesleute.

Wer will schon bis zum 3.3.2033 warten?

Schnell Entschlossene haben also noch Chancen. Denn solche wunderbaren Zahlenfolgen kommen so bald nicht wieder. Wer will schon elf Jahre lang bis zum 3.3.2033 warten? Und die Zeitreise ins Jahr 2222 mit zwei unschlagbar identischen Februar-Daten ist leider noch nicht möglich.