Heizen mit Wasserstoff Kreis Göppingen bereitet sich vor: 2040 soll Schluss mit Gas sein

Ein Monteur wartet den Brenner einer Gasheizung. In 15 bis 20 Jahren dürfte damit Schluss sein. Das Netz soll auf Wasserstoff umgestellt werden. Fossile Brennstoffe sind dann in Heizungen verboten. Foto: stock.adobe/Tomasz Zajda

Der Fernleitungsnetzbetreiber Terranets BW schließt von 2035 an den Raum Göppingen an eine neue Leitung an. Weitere Regionen sollen bis 2040 folgen. Gas soll Wasserstoff weichen. Der Versorger EVF arbeitet bereits an einer Strategie.

In 20 Jahren, vom 1. Januar 2045 an, dürfen in Deutschland nur noch CO₂-neutrale Heizungsanlagen betrieben werden. Damit steht die Bundesrepublik nicht allein da, in anderen Ländern gelten ähnliche Fristen. Das EU-Parlament hat allerdings im März beschlossen, dass bereits fünf Jahre früher, 2040, Schluss sein soll mit fossilen Brennstoffen und damit klassische Gas- und Ölheizungen reif für den Schrottplatz sind. Das sind derzeit die politischen Vorgaben.

 

So drückt auch der baden-württembergische Netzbetreiber Terranets aufs Tempo und teilt mit: „Bis 2035 schafft Terranets BW die Anbindung für die Regionen Göppingen, Heidenheim und Ulm bis nach Bayern. Dann werden die weiteren Leitungsabschnitte der Terranets BW auf den Transport von Wasserstoff umgestellt. Damit endet sukzessive die Versorgung mit Erdgas. 2040 transportiert Terranets BW nur noch Wasserstoff.“

Energieversorgung Filstal stellt sich bereits auf Änderungen ein

Auch die Energieversorgung Filstal (EVF) stellt sich bereits jetzt auf die sich ändernden Rahmenbedingungen ein. „Die EVF hat in den vergangenen drei Jahren im Rahmen des Verbundprojekts ‚Transformationsprozess für die Integration von Wasserstoff auf Verteilnetzebene‘, kurz TrafoHyVe, ihre Strategie für eine mögliche Umstellung der bestehenden Erdgasinfrastruktur auf Wasserstoff erarbeitet“, erklärt Pressesprecherin Soja Paunowa. Zunächst seien die Rahmendaten festgelegt worden: die Berechnung von Langfristszenarien sowie die Festlegung von Wasserstoffeinspeisevarianten und -punkten.

„Parallel wurde eine Inventarisierung des gesamten Verteilnetzes durchgeführt und unser Bestandsnetz bezüglich der Wasserstofftauglichkeit bewertet“, sagt Paunowa. Aus den ersten Ergebnissen der kommunalen Wärmeplanungen und des Projekts TrafoHyVe würden nun Wärmemarktprognosen erstellt. So kommt Paunowa zu dem Schluss: „Sobald solide politische und rechtliche Grundlagen vorliegen, sieht sich die EVF mit ihrer bereits erarbeiteten Strategie sehr gut auf die Transformation vorbereitet.“

Und was bedeutet das jetzt für Besitzer von Gas- und Ölheizungen? Das Gebäudeenergiegesetz regele die Anforderungen an die Heizungsanlagen, meint Paunowa. Sie rechne damit, dass die Auswirkungen in absehbarer Zeit klarer zu sehen seien: „Hier ist damit zu rechnen, dass in den kommenden ein bis zwei Jahren mehr Klarheit und Verlässlichkeit für zukünftige Investitionen in das Gesetz miteinfließen.“

Vorsicht beim Einbau neuer Heizungen

Weiter sagt Soja Paunowa: Die Debatte und die Medienberichte seien für die Kunden der EVF „Achtungszeichen mit Blick auf die zukünftige Energieversorgung im Wärmemarkt, die ohne fossile Brennstoffe auskommen soll“. Momentan gebe es jedenfalls keinen Anlass, sich Sorgen zu machen oder nervös zu werden, unterstreicht Paunowa: „Zum heutigen Zeitpunkt ist die Versorgung der EVF-Kunden mit Erdgas sicher.“

Und später? „Ob zukünftig in Deutschland Wasserstoff in großem Stil zu Heizzwecken eingesetzt werden soll, ist heute noch nicht absehbar.“ Wer allerdings eine neue Heizung ins Eigenheim einbauen will, sollte sich für eine zukunftsorientierte Lösung entscheiden: „Auch und insbesondere Gaskunden müssen sich vor einer Neuinvestition in ihre Heizungsanlage Gedanken darüber machen, wie sie die gesetzlichen Anforderungen einhalten, um die Klimaschutzziele zu erreichen.“

Wie steht die EVF dann zur Absicht von Terranets, die Versorgung mit Gas bis 2040 einzustellen? „Der Zeitplan der Terranets BW ist in Teilen realistisch, aber sicherlich auch stark vom Hochlauf der Wasserstoffproduktion im In- und Ausland und vom Aufbau funktionierender Importwege abhängig“, so Paunowa. „Sobald die für den Wasserstofftransport in den Landkreis Göppingen vorgesehene Leitung im Netzgebiet der EVF Wasserstoff liefert, wahrscheinlich frühestens 2035, wird die Umstellung des gesamten EVF-Gasnetzes etwa 13 bis 15 Jahre in Anspruch nehmen.“ Der Spatenstich für die Süddeutsche Erdgasleitung (SEL), die den Kreis Göppingen queren und bis in den Kreis Dillingen in Bayern führen wird, fand im März dieses Jahres bei Heilbronn statt.

Weitere Informationen zum geplanten Wasserstoffleitungsnetz

Aufbau
 Die Bundesregierung hat die deutschen Fernleitungsnetzbetreiber, darunter Terranets BW, mit der Planung eines bundesweiten Wasserstoff-Kernnetzes beauftragt. Am 22. Oktober 2024 hat die Bundesnetzagentur die Genehmigung für den Aufbau des rund 9000 Kilometer umfassenden Wasserstoffnetzes erteilt. Es soll zu rund 60 Prozent durch die Umstellung bestehender Gasleitungen und zu 40 Prozent durch Leitungsneubau entstehen, teilt Terranets BW mit.

Verlauf
Ein Teil des Netzes ist die Süddeutsche Erdgasleitung (SEL), die seit dem Frühjahr gebaut wird. Sie kommt von Heilbronn, wird den Landkreis Göppingen künftig in West-Ost-Richtung durchqueren und über Böhmenkirch bis in den bayerischen Landkreis Dillingen geführt.

Umstellung
Die ursprünglich für den Gastransport konzipierte Leitung soll ab 2035 auf Wasserstoff umgerüstet werden, um die Klimaziele zu erreichen. Völlig unklar ist allerdings bislang, woher der dafür vorgesehene grüne, also klimaneutral produzierte Wasserstoff herkommen soll. 

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