Die Tanzregisseurin Helena Waldmann geht mit ihrem neuen Stück „Der Eindringling – Eine Autopsie“ auf Tournee. Am 9. November hinterfragt sie im Theaterhaus ein übertriebenes Schutzbedürfnis.

Stadtleben/Stadtkultur/Fildern : Andrea Kachelrieß (ak)

Stuttgart - Brexit, Donald Trumps Mauer: Unsere Zeit ist gut darin, Schutzwälle aufzubauen. Ob’s hilft? Die Tanzregisseurin Helena Waldmann hinterfragt mit ihrem neuen Stück „Der Eindringling – Eine Autopsie“ unser übertriebenes Schutzbedürfnis und erzählt mittels asiatischer Kampfkunsttechniken auch von Helikoptereltern, Hypochondern und anderen Hysterikern. Am Samstag, 9. November, starten sie und ihre vier Tänzer mit einem Gastspiel im Stuttgarter Theaterhaus die Tournee der Produktion durch Deutschland.

 

 Frau Waldmann, in Ihrem neuen Stück „Der Eindringling – Eine Autopsie“ bringen Sie Kampfsport und ein sehr aktuelles Thema zusammen. Was hat Sie an asiatischen Kampftechniken fasziniert?

In Indonesien, nur zum Beispiel, sind die Volkstänze im Prinzip sehr verlangsamte Kampfsport-Bewegungen. Wenn man also den Zweck, die Neutralisierung des Gegners durch die Kampfkunst, mal weglässt, dann sind diese sehr schnellen Bewegungen dem Tanz durchaus verwandt – und konnten deshalb auch von vier Bühnentänzern erlernt werden. Natürlich ist es die besondere Energie, die von diesem, wenn man so will, sehr schnellen Tanz ausgeht. Er basiert auf dem chinesischen Wing Chun.

Fremdkörper, Krebsgeschwür, Virus: In der Medizin ist der Eindringling negativ besetzt. Geht’s in Ihrer künstlerischen Untersuchung entsprechend finster zu?

Gerade in der modernen Medizin hat sich dieses Bild doch gottlob etwas geändert. Eindringlinge sind dort durchaus positiv besetzt. Wir kennen sie als „Mitesser“, also Akne, auch nicht schön, aber ohne wirkliche Mitesser, nämlich ohne die Bakterien etwa in unserer Darmflora, könnten wir unsere Nahrung nicht verdauen. Unser Körper ist darauf angewiesen, dass er mit der Umwelt interagiert, damit er auch mit Verletzungen oder einem übermäßigen Genuss klarkommt.

Es braucht also Eindringlinge, um sich zu schützen?

Ja, und genauso brauchen wir sie auch im gesellschaftlichen Sinne. Entsprechend wenig finster wird das Stück sein. Es ist ein eher komisches Stück geworden, denn wenn wir einfach nur immer weiter versuchen, wie eingebildete Kranke uns der wirklichen Welt zu entziehen, dann erst sehen wir die Welt viel finsterer, als in dem Moment, wo wir der Umwelt und ihren Veränderung mit offenen Augen begegnen.

Tournee-Termine

„Der Eindringling – Eine Autopsie“, 9. November, 20.30 Uhr, Theaterhaus Stuttgart

12./13. November, Tanzfestival Theater in Bewegung im Theaterhaus Jena

27. November, Theater im Pumpenhaus Münster

29./30. November, Forum Freies Theater Düsseldorf

3. Dezember, Tollhaus Karlsruhe

5. Dezember, Stadttheater Aschaffenburg

7. Dezember, Tafelhalle Nürnberg