Hannes Hamann, Geselle im Fellbacher Weingut Aldinger, ist spontan zum Anpacken nach Ahrweiler gefahren. In seinen Pick-up hat er Baumaschinen und Kleidung für die Flutopfer gepackt.

Fellbach - Hannes hat keine Minute gezögert. Als er von der Flutkatastrophe in den Weinbaugebieten an der Ahr hörte, setzte er sich so schnell es ging in seinen Pick-up und fuhr nach Ahrweiler. Hannes Hamann ist Geselle im Fellbacher Weingut Aldinger und in der Freizeit begeisterter Pick-up-Fahrer. Die Community der „German Rednecks“ ist über ganz Deutschland verteilt, alles „bodenständige“ Leute, die zupacken können. Der Aufruf, den Hannes über Instagram absetzte, ging nicht ins Leere. Aus der ganzen Republik haben sich 30 Pick-up-Fahrer aufgemacht an die Ahr.

 

Generatoren für die Flutopfer

Und das nicht mit leeren Ladeflächen. Sie haben kleine Baumaschinen organisiert, Generatoren und auch Kleidung mitgenommen für die Flutopfer. Viele „German Rednecks“ sind übers Wochenende geblieben, Hannes sogar eine ganze Woche. Sein Arbeitgeber hat ihn spontan freigestellt. „Diese Bilder werde ich nie vergessen“, erzählt der 21-Jährige sichtlich beeindruckt.

Seit vergangenen Montag bindet er wieder in den Weinbergen am Kappelberg die Reben hoch. Die Tage davor hat er das in Ahrweiler getan, im Weingut von Marc Adeneuer. Der VDP-Winzer ist befreundet mit Gert Aldinger und dessen Söhnen Hansjörg und Matthias. Das Weingut Adeneuer war Anlaufstelle für Hannes. Geholfen, geschaufelt, aus- und freigeräumt hat er in den ersten Tagen aber vor allem in Dernau und in Mariental. Morgens um 4 Uhr sei er am Samstag aufgestanden und „so schnell wie möglich aus Ahrweiler raus“, dort war eine einzige Brücke wieder frei.

Das Wasser steht fünfeinhalb Meter hoch

Auf dem Weg nach Marienthal hat ihn und seine Kumpels morgens um 6.30 Uhr eine Frau am Straßenrand stehend angehalten und gezeigt, dass in ihrem Haus das Erd- und erste Obergeschoss komplett von den Wassermassen zerstört worden ist, fünfeinhalb Meter hoch stand dort das Wasser. „Mit 15 Mann haben wir das Haus leer und den Dreck vom Balkon geschippt.“ Die Frau, Mitte 40, sei total überwältigt gewesen und vor Dankbarkeit in Tränen ausgebrochen.

Noch heute hat Hannes den Geruch von Schlamm, Propangas, das aus geborstenen Gastanks kommt, und dem Müll und Gerümpel, das sich zunehmend am Straßenrand auftürmt, in der Nase. Immer noch wird nach Vermissten gesucht. Hannes hat gemeinsam mit den Kameraden drei gefunden. Geschlafen hat er auf seiner Luftmatratze, am ersten Tag nur Müsli-Riegel gegessen. „Dann wurden Stützpunkte eingerichtet, dorthin haben Leute aus anderen Gebieten Lebensmittel gebracht, man konnte sich bedienen.“ Für Arbeiter wurden Container aufgestellt, Hannes konnte im Haus der Mutter von Marc Adeneuer schlafen. Ihr Haus liegt etwas höher, das Obergeschoss ist verschont geblieben, und es gab fließendes Wasser. „Ein Wunder.“ Hannes hat mit kaltem Wasser geduscht, Trinkwasser gibt‘s nirgends, Strom und Gas auch nicht. Wie das mit dem Heizen gehen soll, fragt er sich. Vor Weihnachten werde sicher nicht alles repariert sein.

Der Müll türmt sich kilometerlang

„Die Gegend ist wunderschön“, sagt Hannes angetan, trotz der Verwüstungen und zum Teil in der Mitte aufgerissenen und eingestürzten Häuser. Jetzt türmt sich an der Umgehungsstraße von Ahrweiler kilometerlang der Müll. Neugierige Radfahrer und Motorradfahrer kämen zum Schauen, hat er beobachtet. 40 Weingüter gibt es im Ahrtal, 35 sind von der Flut getroffen worden. Die meisten sind ohne Wasser, aber das braucht man unbedingt beim Keltern.

Hannes Hamann fährt dieses Wochenende wieder nach Ahrweiler. Er will helfen. Er kennt sich aus im Weinberg. Schaufel, Rebschere und Gummistiefel sind schon auf der Ladefläche. Und auf der Rückfahrt bringt er wieder eine Gitterbox mit „Schlammwein“ mit. Von der ersten ist bei Edeka Hansen übrigens nur noch ein Viertel übrig.