Die auf Mallorca festgenommenen Hells Angels sollen auf der Ferieninsel mit Millionensummen jongliert haben. Sie planten offenbar auch, eine Formel-1-Rennstrecke zu bauen – finanziert mit Schwarzgeld aus Prostitution und Schutzgelderpressung.

Palma de Mallorca – Sie lebten auf großem Fuß: in Villen mit Pool, in der Garage Luxusautos und Motorräder, auf deren Tanks das Totenkopf-Symbol der Hells Angels prangte. Nachdem ihnen die Polizei in Deutschland das Leben schwer gemacht hatte, haben die Rocker ihre kriminellen Schutzgeld- und Zuhältergeschäfte nach Mallorca verlagert. An ihrer Spitze soll nach den bisherigen Ermittlungen der wohl berüchtigtste Hells-Angels-Boss Deutschlands gestanden haben: der 49-jährige Frank H. aus Hannover, der am Dienstag bei einer Großrazzia auf Mallorca festgenommen wurde.

 

H., den die Fahnder seit Monaten beschattet hatten, wurde auf einer Finca im beschaulichen Örtchen Lloret im Inselzentrum festgesetzt. Er soll in dem Dorf mit 1400 Einwohnern bereits vor etwa einem Jahr ein Anwesen gekauft haben. Auf seiner Finca mit großem Garten suchten die Fahnder mit Detektoren nach Verstecken mit Waffen und Geld. Wahrscheinlich war es H. in Hannover, wo er mit seinen Leuten jahrelang das Rotlichtviertel kontrolliert haben soll, zu heiß geworden. Im Mai 2012 hatte die Polizei sein Anwesen bei Hannover gestürmt, die Vorwürfe gegen ihn ließen sich aber nicht erhärten. Im Juni 2012 verkündete H. die Auflösung seiner Hells-Angels-Vereinigung in Hannover. Nach Einschätzung der Polizei war dies lediglich ein Schachzug, damit er mit seinen Aktivitäten nach Mallorca umziehen konnte.

Die Rocker kontrollieren auch Nachtclubs am Ballermann

Nach dem Aufsehen erregenden Schlag gegen die Hells Angels auf der Urlaubsinsel Mallorca, bei dem am Dienstag an verschiedenen Orten 27 Personen festgenommen worden waren, begannen am Mittwoch die Verhöre der Verdächtigen, von denen die meisten aus Deutschland stammen. Der Untersuchungsrichter Eloy Velasco vom Nationalen Gerichtshof in Madrid ermittelt seit einem Jahr gegen die Hells Angels auf Mallorca. Zur Vernehmung flog er mit zwei Staatsanwälten in die Inselhauptstadt Palma, wo die Festgenommenen in Untersuchungshaft sitzen.

Auch wenn Polizei und Untersuchungsrichter sich bisher mit offiziellen Erklärungen zurückhalten, um weitere Ermittlungen und Festnahmen nicht zu gefährden, sickerten Einzelheiten über das Treiben der Hells Angels auf der Insel durch. So soll sich der Mallorca-Clan vor allem dem Geschäft der Prostitution, Schuldeneintreibung, Schutzgeldforderungen und Erpressung gewidmet haben. Die Hells Angels sollen mehrere Bordelle und Nachtclubs mit Dutzenden von Prostituierten kontrolliert haben, vor allem am von deutschen Touristen besuchten Ballermann an der Playa de Palma. Die sexuelle Ausbeutung der Frauen sei soweit gegangen, dass sie nur dann einen freien Tag bekamen, wenn sie mindestens 1000 Euro eingenommen hatten. Zudem seien die Personalien der Frauen benutzt worden, um Finanztransaktionen sowie die Besitzverhältnisse von „Geschäftslokalen“ und Luxusautos zu verschleiern.

Motorräder, Juwelen, Drogen

Die Mallorcasektion der „Höllenengel“ war nach Erkenntnissen der Polizei straff organisiert: H. soll der Boss gewesen sein, in der zweiten Führungsebene teilten sich Hells Angels aus Luxemburg, der Dominikanischen Republik und Deutschland die Aufsicht über das Rotlicht- und Erpressungsgeschäft. Die Schmutzarbeit machten Handlanger, die als Türsteher, „Beschützer“ von Prostituierten oder Schläger beschäftigt waren. Die Rockerbande soll zudem versucht haben, von vorzugsweise deutschen Unternehmern auf Mallorca Schutzgeld zu erpressen. Auch Drogenhandel, Geldwäsche, Betrug und Gewaltdelikte werden ihnen angelastet.

Die auf Mallorca festgenommenen Hells Angels haben nach Informationen der spanischen Polizei über Millionensummen von Schwarzgeld verfügt. Wie das Innenministerium in der Hauptstadt Madrid mitteilte, hatten die Mitglieder Geld aus Deutschland und der Türkei in den Bau einer Formel-1-Rennbahn investieren – und so waschen wollen. Die Polizei, die bei der „Operation Casablanca“ mit mehr als 200 Beamten, Sondereinsatzkommandos und sogar einigen deutschen Kripo-Beamten gegen die Hells Angels zugeschlagen hatte, fand bei mehr als 30 Hausdurchsuchungen Pistolen, abgesägte Schrotflinten und Schlagstöcke. Sie stellte auch Boote, Motorräder, Juwelen und Drogen sicher. Die meisten Hells Angels trainierten täglich in einem Box- und Fitnessstudio an der Playa de Palma, das ebenfalls zum Bandenimperium gehören soll.

Haben Polizisten die Hells Angels gewarnt?

Seit einigen Jahren war Mallorcas Polizei aufgefallen, dass immer mehr Hells Angels auf der Insel auftauchten. Dies wurde besonders deutlich, als es im Sommer 2010 zu einem Bandenkrieg samt Massenschlägerei zwischen Hells Angels und anderen Rockern am Ballermann gekommen war. Schon damals soll es um die Vorherrschaft im Rotlichtgeschäft gegangen sein. Auch wegen Bestechung wird ermittelt: Vier auf Mallorca stationierte Polizisten sollen die Hells Angels regelmäßig vor Polizeiaktionen gewarnt und dafür gesorgt haben, dass Anzeigen und Ermittlungen verschleppt wurden. Dafür wurden die Beamten mit Geld belohnt. Nur bei der Großrazzia am Dienstag, die unter strenger Geheimhaltung vom Nationalen Gerichtshof in Madrid vorbereitet worden war, versagten offenbar die Polizeispitzel der Hells Angels.