Farben sind sein Leben: Der Malermeister Helmut Bürkle aus Schmiden betätigt sich seit Jahrzehnten auch als Kunstmaler. Für ein Gemälde benötigt er mal sechs, mal 60 Stunden.

In diesen instabilen, von Viren und Pandemie, von Krieg, Inflation und Zukunftsängsten bestimmten Zeiten kann ein wenig positive Stimmung mit sehr viel farbiger Fröhlichkeit nicht schaden. Diese Empfindungen stellen sich spontan ein, wenn man das Atelier des Fellbacher Malers Helmut Bürkle, das samt weiterer Räume in einer Art Scheune hinter seinem Haus zwischen Württembergstraße und Orchideenweg liegt, betritt.

 

Sein Credo kommt nicht überraschend: „Farben sind mein Leben“, sagt der gebürtige Cannstatter – und die Farben bestimmen seinen Beruf wie sein Hobby. Denn Bürkle hat als selbstständiger Malermeister schon Tausende von Häusern oder Wohnungen aufgewertet. 1958 hat er mit seiner Mal-Leidenschaft begonnen.

Brandungsszenen als Lieblingsmotiv

Seine Werke entstehen, wenn man so will, intuitiv. Große philosophische Betrachtungen, was seine Gemälde bedeuten könnten, sind eher nicht sein Ding. In seinen Motiven orientiert er sich gelegentlich an Vorbildern – malt beispielsweise im Pop-Art-Stil oder erstellt ein Porträt, ähnlich wie es Andy Warhol etwa mit Marilyn Monroe gemacht hat. Doch oft sind es Augenblicke, die er erlebt, oder Szenen, die er beobachtet hat. Etwa Blumen aus dem Garten oder Brandungsszenen vom Meer, wenn die Gischt ans Ufer donnert. Vor allem Wellen haben es ihm angetan, „wenn die im Intervall immer wieder herantoben, das möchte ich gerne einfangen“, sagt der 81-jährige Schmidener.

Allerdings verweigert er sich der bei manchen Kollegen sicher üblichen Prozedur, Fotografien abzuzeichnen oder ein Computerbild als Grundlage zu nehmen. „Ich habe nie genau abgemalt, sondern möchte meine eigenen Ideen ins Bild bringen“, sagt Bürkle. Mal sieht er mögliche Motive im Fernsehen, oder er entdeckt auf einer Wanderung eine Szene, die er gerne auf die Leinwand bannen möchte. „Aber eben nicht, indem ich es ablichte, sondern das geht in mein Hirn, und ich versuche es dann aus dem Gedächtnis umzusetzen“, beschreibt er seine Vorgehensweise.

Öfter mal auch „wilde Phasen“

Dabei hat er durchaus verschiedene Phasen, konzentriert sich mal eher auf Motive aus der Natur, dann wieder lässt er eine Diva die Showtreppe hinunter schreiten oder stellt exotische Szenen eher im Stile eines Gauguin dar. Oder sucht den Weg ins Abstrakte, wenn er sich mal wieder in „meiner wilden Phase“ befindet. Da taucht mal der Teufel auf, der mit allwissenden Augen die Geheimnisse allen Seins beobachtet. „In meinen Bildern wirken die Geschichten oft verfremdet, lasse ich auch vieles offen“, erklärt Bürkle. Sinnlichkeit ist jedenfalls oft dabei – wenn er die Geburt der Venus im Stile Botticellis zitiert. So sind hin und wieder die von ihm gemalten Menschen spärlich bekleidet oder auch ganz nackt, wenn sie etwa am Strand spazieren – „Erotik ist auf meinen Bildern schon ab und zu zu finden“, räumt Bürkle ein, auch wenn seine Frau damit nicht immer einverstanden ist.

Rund 200 Gemälde hat er nach eigener Schätzung in seinen diversen Räumen, in der Garage oder in dachbodenähnlichen Abstellräumen stehen. Seine Arbeiten entstehen fast immer in seinem kleinen Atelier, wo er sich zur Hintergrundmusik des Senders SWR4 ans Werk macht – im Winter wärmt ein kleiner Heizstrahler, im Sommer hat er meist einen Strohhut auf dem Kopf. „Ich bin ein Hutmensch“, sagt Bürkle. Mal sei er in sechs Stunden fertig, mal benötige er auch 50 oder 60 Stunden oder mehr für ein Werk.

Erste Ausstellung 1996

Schon öfter hat er seine Arbeiten ausgestellt, erstmals im Jahr 1996 im Rathaus Fellbach, später etwa in der Kreissparkasse in Fellbach oder in der Galerie der Fellbacher Zeitung, als diese noch ihr Domizil am Cannstatter Platz hatte. Manche Werke hängen auch in Konferenzräumen von Banken oder Firmen oder in einer Kanzlei in Wien.

Mit täglicher Gymnastik hält Helmut Bürkle sich fit und stärkt so auch seinen Rücken – für einen Maler, der häufig leicht gebückt an der Staffelei sitzt, von enormer Wichtigkeit. „Malen hält jung“, sagt der 81-Jährige. „Ich bin glücklich, wenn ich male.“