Der frühere Chef des Waiblinger Museums, Helmut Herbst, ist im Alter von 67 Jahren gestorben. Seine Liebe galt einer raren Kunstgattung: dem Papiertheater.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

Waiblingen - In Estland hatte sich Helmut Herbst seinen Altersruhesitz eingerichtet. Dort ist er am Mittwoch der vergangenen Woche nach langer, schwerer Krankheit gestorben. Der leidenschaftliche Kunsthistoriker hat das kulturelle Antlitz der Stadt von 1986 bis 2009 als Museumschef geformt. Mit der Einrichtung eines städtischen Museums im ehemaligen Gerberhaus in der Weingärtner Vorstadt, das komplett saniert werden musste, war ihm 1991 rasch eine Glanzleistung gelungen, die prompt mit der Auszeichnung „Europa Nostra“ bedacht wurde.

 

Herbst war es auch, der eine vom Aussterben bedrohte Kunstgattung in die Stadt brachte: das Papiertheater. Über Jahre hinweg hatte er ein eigenes Ensemble und regelmäßig wurden Papiertheater von überall her zum Festival nach Waiblingen eingeladen. Herbst hatte in Tübingen und Heidelberg Kunstgeschichte und Germanistik studiert und mit einer Arbeit über Lothar Meggendorfers bewegliche Bücher promoviert. Anschließend hatte er beim Kinderbuchverlag J. F. Schreiber in Esslingen gearbeitet, der berühmt ist für illustrierte Bücher und Bilderbogen. Herbst hat dort das Archiv katalogisiert.

Standardwerk über Papiertheater verfasst

Das Württembergische Landesmuseum hatte anschließend das Schreiber-Archiv gekauft und den Kunsthistoriker quasi mitübernommen. 1986 veröffentlichte er gemeinsam mit Kurt Pflüger das Buch „Schreibers Kindertheater“, das bis heute als ein Standardwerk zum Thema Papiertheater gilt. Helmut Herbst hatte also bereits eine papierene Schlagseite, als er 1986 nach einem dem Hörensagen nach konfliktträchtigen Intermezzo bei der Stadt Schwäbisch Hall ins Remstal kam.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass der Schwerpunkt der Galerie Stihl bis heute auf Arbeiten auf Papier liegt – Helmut Herbst hatte ja an diesem kulturellen Großprojekt der Stadt und der Eva Mayr-Stihl- Stiftung mitgewirkt. Die Galerie Stihl Waiblingen eröffnete im Mai 2008 mit der Ausstellung „Reisen mit William Turner“. Die zweite Ausstellung „Beeindruckt von Rembrandt“ markierte zugleich Herbsts Abschied aus Waiblingen. Allerdings wählte er eine sanfte Form: Er blieb der Galerie weiterhin als freier Kurator erhalten und organisierte etwa die Ausstellung „Bildergeschichten – von Wilhelm Busch bis Robert Gernhardt“. Herbst liebte den respektlosen Humor dieser beiden Künstler.

In Innsbruck geboren, in Nellingen aufgewachsen

Ihm selbst war der Schalk 1945 in Innsbruck quasi als Kuscheltier mit in die Wiege gelegt und beim Heranwachsen in Nellingen keineswegs entrissen worden. „In der ihm eigenen knitzen Art und mit tiefsinnigem Humor war er ein Botschafter für die Kunst und Kultur in Waiblingen“, schreibt der Oberbürgermeister Andreas Hesky in einem Kondolenzbrief an die Schwester.

Die Kunst war für Herbst eine ernste Sache, und wenn er Weichspüler und Nepp roch, wurde er scharfzüngig. Über die Galerie Stihl sagte er zum Abschied: „Ich habe nichts gegen große Namen. Aber sie allein sind noch kein Garant für Qualität. Was bringt es, wenn man mit Picasso Tausende von Leuten in ein Kaff lockt und drittklassige Leihgaben aus dem Kunsthandel zeigt? In solch ein Fahrwasser sollte die Stihl-Galerie nicht geraten. Außerdem kommt die zeitgenössische Kunst zu kurz, wenn man bloß auf klangvolle Namen setzt.“