Valerie Volk hat Mukoviszidose – von Geburt an lebt sie mit der unheilbaren Krankheit. Die 26-jährige Erzieherin aus Hemmingen geht offensiv mit der verkürzten Lebenserwartung um. Und sie will Betroffenen Mut machen, ebenso zu denken.

Hemmingen - Ich lebe gerne mit meiner Krankheit, aber nicht für die Krankheit“, sagt Valerie Volk. Die junge Frau hat Mukoviszidose – die Erbkrankheit, die heimtückisch und unheilbar ist. Seit frühester Kindheit weiß die heute 26-Jährige aus Hemmingen, dass sie weniger lang leben wird als andere Menschen. Das heißt, dass sie vielleicht mit 35 oder mit 42 sterben wird. Oder später. Das weiß auch ihr Mann Fabian – dennoch halten die beiden fest zusammen. „Ich könnte aber nicht ertragen, dass er meinetwegen unglücklich ist“, sagt sie. Dabei strahlen ihre Augen, sie freut sich aufs Wochenende. Die Zeit ist eines ihrer Hauptthemen – Zeit mit ihm, Zeit für die Kinder im Kindergarten, Zeit für sich. Zeit zum Durchschnaufen ist wichtig.

 

Mukoviszidose ist eine Krankheit, bei der in vielen Organen zäher Schleim produziert wird, unter anderem in der Lunge. Deren Funktion ist deswegen beeinträchtigt. Diesen Schleim muss der Körper wieder loswerden. Tägliche Inhalationen sind ebenso Pflicht wie Medikamente, Physiotherapie, Sport und kräftiges Essen. Auch für Valerie Volk. Die junge Frau sprudelt beim Gespräch fast über. Sie geht offensiv mit allem um, was „Muko“, wie Betroffene kurz sagen, mit ihrem Leben anstellt. Das fängt nicht erst im Job an.

Das Immunsystem im Dauerstress

Die 26-Jährige ist Erzieherin in einem Kindergarten in Schwieberdingen, und sie liebt ihren Beruf und die Drei- bis Sechsjährigen. Es gibt jedoch ein ganz großes Aber. Von den Dutzenden Kindern, die täglich um sie herumschwirren, sind nie alle gesund. Schnupfen und Husten sind nicht nur in Grippezeiten die lästigen Begleiter im Job – und diese Keime lieben es, sich über Menschen wie Valerie Volk herzumachen. Das Immunsystem der 26-Jährigen ist im Dauerstress – zumal Valerie Volk noch ein Handicap hat: eine Immunschwäche. „Die Keimabwehr im Nasen- und Rachenbereich fehlt komplett“, erklärt sie. Das heißt: zusätzlich zur Muko-Therapie muss sie alle drei bis vier Wochen zur Infusion zum Hausarzt. Das Immunsystem wird medikamentös gestützt. Wie sie all das verkraftet? „Ich bin’s von klein auf gewohnt.“

Im Gespräch mit Valerie Volk, über ihr Leben, ihren Beruf, ihren Alltag mit nur noch 30 bis 40 Prozent Lungenfunktion, ihre Urlaubssehnsüchte („in der Sonne liegen, nichts tun, lange schlafen, genießen“), ploppen unweigerlich die Themen Lebenszeit und Lebenserwartung auf. Sicher, die Statistik ist eindeutig: In den letzten Jahrzehnten ist die Lebenserwartung der Betroffenen gestiegen. Wurden sie in den achtziger und neunziger Jahren nur 15, 20 oder 25 Jahre alt, so hat sich ihre Lebenserwartung seitdem fast verdoppelt, auch dank besserer Medizin. „Wir haben ein paar mit 40 oder 40 Plus“, erzählt Valerie Volk über Bekannte aus dem Mukoviszidose-Verein. Diese Altersklasse aber sei in der Minderheit, und mit Statistiken sei das so eine Sache. „Wir haben welche, die sterben mit 18, mit 28 oder mit 40“, sagt sie auch.

Zeit bewusst geplant

Was das für sie bedeutet, für ihren Mann? Sie sagt: „Ich will den Weg vorbereiten.“ Denn: „Nur weil man krank ist, bedeutet das nicht, dass man keine Ziele im Leben hat.“ Ihre Ziele? Lebensfroh funkeln ihre Augen („heute habe ich einen guten Tag erwischt“), sie scheucht die neugierige graue Katze vom Tisch und sagt: „Ich bin sehr wuselig, und ich lebe sehr schnell. Vielleicht, weil ich weiß, dass ich weniger Zeit habe.“ Sie wolle Zeit mit ihrem Mann verbringen, nicht nur die tägliche Routine wie Erholung nach dem Kindergarten, Haushalt, inhalieren, eine halbe Stunde oder länger Bewegung auf dem Stepper oder mit Hanteln. Und sie bereitet sich darauf vor, nach einer Zweitausbildung künftig als psychologische Beraterin zu arbeiten. Die Ärzte hätten ihr davon abgeraten, weiter ständig mit Kindern umzugehen.

Und dann hat das Paar noch einen Wunsch, oder einen Plan: Nachwuchs. Viele Tests haben die beiden machen lassen, um sicher zu gehen, dass ihr Wunschkind nicht auch die Erbkrankheit bekommen wird. Doch der Plan lässt sich nicht so einfach umsetzen. Noch drei Versuche der künstlichen Befruchtung sind vorbereitet. Erst bei diesem Thema trübt sich Volks Lebensfreude, stellt sich Skepsis ein.

Aber jetzt kommt zuerst der Lebenslauf, am 26. April. Da ist Valerie Volk mit Feuereifer dabei, am Freitag und Samstag mit der Vorbereitung, am Sonntag dann der Lauftag. Die große Resonanz motiviert. „Der Lebenslauf hat eine Seele“, sagt Valerie Volk. Ein schöner Tag soll es werden. Auch wenn man kaum zum Durchschnaufen kommt.