Die Gemeinde Hemmingen schafft mehr Plätze im Hort. Deshalb setzt jetzt ein 250-Tonnen-Mobilkran die Raummodule auf das Stahlgerüst, das in den Ferien gebaut wurde.

Als Chefin des Hemminger Bauamts hat Sonja Widmann schon vieles Beeindruckende erlebt. Was gerade am Hort an der Grundschule passiert, sieht aber selbst sie nicht alle Tage – wie sie dem Bürgermeister Thomas Schäfer (CDU) mitteilt. Er müsse „unbedingt“ vorbeischauen, sollte er in der Nähe sein. Auch die Größe des Krans werde beachtlich sein.

 

Der 250-Tonnen-Mobilkran ist in der Tat alles andere als unscheinbar, geschweige denn ein Leichtgewicht. Modul für Modul hievt die Baumaschine seit Montagmorgen auf das Stahlgerüst oberhalb des Horts. Gemächlich schweben die Teile für die Erweiterung durch die Luft. Die Raummodule beziehungsweise Container sind bis zu zwölfeinhalb Meter lang, bis zu vier Meter breit und hoch und bis zu 21 Tonnen schwer. Das Stahlgerüst wurde in den Osterferien errichtet.

Viel Wirbel um Ausbau der Ganztagsbetreuung

Künftig hat der Hort 50 Plätze mehr und damit in Summe 150. Grundschulkinder sind es derzeit 359. Die Gemeinde Hemmingen hat früh reagiert, um den bundesweit geltenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an der Grundschule vom Schuljahr 2026/2027 an zu erfüllen. Geärgert hat sich der Bürgermeister dennoch.

Der 250-Tonnen-Mobilkran ist alles andere als unscheinbar, geschweige denn ein Leichtgewicht. Foto: Simon Granville

Seit mehr als zwei Jahren liegt im Rathaus ein genehmigtes Baugesuch zur Erweiterung des Horts. Die kostet rund zwei Millionen Euro. Der Bund hatte den Kommunen finanzielle Unterstützung zugesagt, nachdem der Rechtsanspruch auf Ganztag im September 2021 verabschiedet worden war. Doch erst ließ das Förderprogramm auf sich warten. Dann war klar, dass die Finanzspritze von 380 Millionen Euro ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Also sollte das Los die Reihenfolge der Anträge entscheiden. Nach massiven Protesten unter anderem bei den Kommunen wurde der Plan verworfen. Auch Hemmingens Bürgermeister sparte im August 2024 nicht mit Kritik. Jetzt, gut ein Dreivierteljahr später, ist noch immer nicht alles in Butter. Es fließt mehr Geld, nach wie vor fehlt aber der Förderbescheid aus Stuttgart vom Regierungspräsidium (RP). Die Rede sei von Frühjahr, so Schäfer. Wobei „Frühjahr“ ein dehnbarer Begriff sei.

Künftig hat der Hort an der Grundschule in Hemmingen 50 Plätze mehr – in Summe sind es 150. Foto: Simon Granville

„Nachdem ich über die Medien lautstark meinen Unmut kundgetan habe, als das Thema der Verlosung von Zuschüssen im Raum stand, war ich froh, dass sich im September die Landesregierung darauf geeinigt hat, dass in zukünftigen Haushaltsjahren Gelder für den Ausbau der Ganztagsbetreuung bereitgestellt werden sollen“, sagt Thomas Schäfer. Dass es nun trotzdem nochmals so lange dauere, um der Gemeinde einen Förderbescheid auszustellen – der wohl aufgrund der vom Land für die Folgejahre einzugehenden Verpflichtungsermächtigungen ohnehin erst einen Mittelzufluss in künftigen Jahren bringen werde – sei zwar bedauerlich. „Doch insgesamt überwiegt die Genugtuung, dass die Einforderung des Konnexitätsprinzips hier auch seine Wirkung gezeigt hat.“ Dieses Prinzip besagt: Wer bestellt, der bezahlt. Die Gemeinde schätzt die Förderhöhe auf circa 12 000 Euro pro Platz.

Auch in der Mensa braucht es mehr Platz

Mehr Plätze im Hort bedeuten, dass auch in der Mensa mehr Plätze nötig sind, weil mehr Kinder nach der Schule hungrig sein werden. Nach einigen Diskussionen hat der Gemeinderat beschlossen, dass die Grundschüler künftig im Nebenraum der Gemeinschaftshalle zu Mittag essen. Hierfür erhält die Halle einen Anbau. Dafür gibt die Gemeinde etwa 610 000 Euro aus. Nach den Sommerferien beginnen die Umbauarbeiten, bis nächsten März sind sie beendet. 76 Kinder können dann gleichzeitig im Zwei-Schicht-Betrieb essen. Noch gibt es das Mittagessen in der Grundschule im Drei-Schicht-Betrieb.

Den Hort betreibt Hemmingen freiwillig. Dieses Jahr zahlt die Gemeinde ungefähr 433 000 Euro drauf. „Der Hort ist für uns die teuerste Variante, um Grundschulkinder zu betreuen“, meint der Bürgermeister. All die Jahre arbeite man bereits mit Fachkräften. Es sei die Ausnahme, dass sich Kommunen einen Hort leisten. Zum Vergleich: Für die Kitabetreuung muss Hemmingen deutlich tiefer in die Tasche greifen. Sechs Millionen Euro ungedeckt koste die Kommune das Thema jedes Jahr, sagt Thomas Schäfer. „Da muss man schon kritisch hinterfragen, ob das eine Gemeinde so leisten können muss.“