Kommen wir zum Thema Kinderbetreuung. Die Räte sind von der Idee abgekommen, einkommensabhängige Gebühren für die Ganztagsbetreuung einzuführen. Warum?
Wir haben festgestellt, dass bei der Einführung der einkommensabhängigen Gebühren eine Lenkungswirkung hin zu noch mehr Ganztagesbetreuung entstehen würde. Dadurch würde das Defizit noch steigen. Dies kann ja nicht der Sinn sein. Zum anderen – und das ist meine persönliche Meinung – ist es nicht die Aufgabe einer Kommune, die gesellschaftlichen Einkommensunterschiede durch die Kindergartengebührensatzung umzuverteilen. Dies ist Aufgabe des Bundestags und nicht des Gemeinderats.
Stattdessen sollen alle Eltern von September an neun Prozent mehr bezahlen. Warum?
Eigentlich bin ich der Meinung, dass Bund oder Land ihre Haushaltsüberschüsse dazu verwenden sollten, die Kinderbetreuung gebührenfrei zu stellen und alles über Steuern zu finanzieren. Dies ist jedoch nicht in Sicht. Deshalb werden wir auch künftig auf Grund von Personalkostensteigerungen durch Tariferhöhungen und den weiteren Ausbau der Ganztagesbetreuung Gebührenanpassungen beschließen müssen.
Die CDU hat noch einen weiteren Vorschlag, wie die Gemeinde Geld sparen kann.
Die Kinderbetreuung ist der größte Posten im Haushalt. Natürlich werden wir mit höheren Kindergartengebühren nicht den Haushalt sanieren können. Wir können aber auch nicht mehr alles anbieten wie zum Beispiel Ganztagsbetreuung in allen Einrichtungen. Erst recht nicht, wenn offenbar in vielen Einrichtungen am Nachmittag die Zahl der Erzieher oft so hoch ist wie die der Kinder. Der Bedarf an flächendeckender Ganztagsbetreuung ist also offenbar nicht da, und dann bieten wir Ganztagsbetreuung doch besser nur noch in zwei Einrichtungen an. Das spart unnötige Personalkosten. Es stimmt etwas nicht, wenn Hemmingen bei der Kinderbetreuung ein jährliches Defizit von fünf Millionen Euro hat, Ditzingen mit drei Mal mehr Einwohnern dagegen „nur“ neun Millionen Euro drauflegt.
Hemmingen wächst, vor allem durch Familien, die in die Neubaugebiete ziehen. Wie erleben Sie als Landwirt den Bauboom?
Der Bedarf an Wohnraum ist ganz klar da. Wir kommen nicht um die Verpflichtung herum, neue Wohnungen zu schaffen. Aus landwirtschaftlicher Sicht bedauere ich den Flächenverbrauch, mit dem auch das Insektensterben einhergeht. Ich bin nicht gegen Neubaugebiete, aber ich sehe ein riesiges Problem im zusätzlichen Verkehr. Ich weiß nicht, wie wir dieser Herausforderung entgegentreten können. Sicher nicht mit noch mehr Umgehungsstraßen. Die geplante Heimerdinger Umfahrung bringt uns zwar Entlastung. Diese wird aber durch das Neubaugebiet Hälde kompensiert, wo jeder alle Strecken mit dem Auto fährt.
Hat Hemmingen über ein gemeinsames Baugebiet mit Schwieberdingen nachgedacht?
Nein. Aber vielleicht kommt dies in die Diskussion. Die neue Buchführung führt dazu, dass die Kommunen ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen können, weil sie die Abschreibungen nicht erwirtschaften. Unser Bürgermeister meint, dass dadurch auf die Kommunen der Druck nach einer nächsten Verwaltungsreform erhöht werden soll. Das könnte eines Tages einen Zusammenschluss von Hemmingen und Schwieberdingen ins Gespräch bringen. Mir fehlt für eine Fusion aber jegliche Vorstellungskraft.
Vorstellungskraft für eine rosige Zukunft der Landwirtschaft im Raum Stuttgart fehlt Ihnen auch. Was bedeutet das für den Hof?
Die Anforderungen, die ein Landwirt heute erfüllen soll, kann er nicht mehr leisten. Er ist mit all den Gesetzen und dem ausufernden Bürokratismus völlig überfordert. Ich habe deshalb auch meinen Kindern andere Jobs ans Herz gelegt. Mein Betrieb wird also irgendwann schließen. Viele Kollegen geben ihre Betriebe auf.
Auch im Rathaus gibt es viel zu tun, der Gemeinderat verlangt der Verwaltung einiges ab. Ist der Abgang des Ortsbaumeisters Josef Lang ein Symptom dafür, dass Bürgermeister Schäfer anders agieren sollte?
Überhaupt nicht. Die Atmosphäre im Rathaus ist sehr gut. Thomas Schäfer gilt als sehr umgänglicher Bürgermeister, der mit seiner Mannschaft ein kollegiales Verhältnis pflegt. Vielmehr ist unser Bauamt im Vergleich mit anderen Kommunen nicht überbesetzt. Langs Abgang hat sich für mich abgezeichnet. In den vergangenen Jahren sind viele Themen geballt aufgekommen: Feuerwehrmagazin, Unterkünfte für Flüchtlinge, neuer Kindergarten in der Hälde. In Kombination mit der Ansicht des Gemeinderats, dass man mehr Wert auf Bestandsgebäude legen müsse, hat sich die Situation hochgeschaukelt – und an der seit Jahren feuchten Grundschule entzündet.
Stehen Sie bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr auf der Liste der Hemminger CDU?
Selbstverständlich. Die Prophezeiung der SPD, wonach ich zur AfD wechsle, wird nicht eintreten.

Landwirt und Ortspolitiker

Walter Bauer ist Landwirtschaftsmeister, er bewirtschaftet in Hemmingen den Hegnachhof, den er 1990 vom Vater übernahm. Schwerpunkt ist die Milchviehhaltung mit 50 Kühen. Zusätzlichen Ertrag bringen eine Sonnenstromanlage und die Beteiligung an einer Biogasanlage. Der 56-Jährige hat Ehrenämter in Verbänden: Er ist auch Vorstand der Milcherzeugergenossenschaft Südwest, die in fünf Landkreisen der Region agiert.

 

Walter Bauer ist seit 1999 im Hemminger Gemeinderat; seit 2009 ist er Vorsitzender der CDU-Fraktion. Angefangen hatte er bei den Freien Wählern.