Dominik Stelzner, freier Künstler aus Hemmingen, erstellt seine Werke mithilfe einer KI-Software: Künstliche Intelligenz verwandelt Worte in Bilder. Damit ist für den 34-Jährigen die Arbeit aber längst nicht beendet.

Der Künstler Dominik Stelzner mag es ungewöhnlich. Experimentierfreudig ist der 34-jährige Hemminger, der in der Hochdorfer Straße die Holzlatten entlang des Gehwegs als Werbefläche für seine Werke nutzt, obendrein. Dominik Stelzners aktuelles Projekt: Er schafft Kunst mithilfe Künstlicher Intelligenz, sogenannte KI-generierte Kunst oder AI-generated Art. „Das ist gerade in aller Munde“, sagt Dominik Stelzner. Eine komplett neue Welt habe sich ihm aufgetan.

 

Eine, die es allen Menschen ermöglicht, Kunstschaffende zu sein, auch wenn sie gar keine sind: Spezielle Softwares verwandeln Worte in Bilder. Das können fünf, sechs Sätze sein oder bloß ein Wort. Dominik Stelzner gibt am Computer häufig noch ein Gefühl mit ein. KI-generierte Kunst werde in der Kunstwelt kontrovers diskutiert, sagt er: Es sei nicht kreativ, Worte einzugeben, die dann ein Computer zu Bildern mache – und somit nicht oder nicht nur der Kunstschaffende. Auch gelte die Kunst als beliebig, denn viele Leute bekommen auf diese Weise ähnliche Bilder. Manche Menschen fürchten gar, die Kunst sterbe aus.

Raus aus der Beliebigkeit

Dominik Stelzner denkt anders. „Das ist ein spannendes, neues Werkzeug – und Werkzeuge soll man nutzen“, findet er. Aus seiner Sicht weckt KI-generierte Kunst die Kreativität. Er betrachte es als eine Herausforderung, „mein eigenes künstlerisches Ding“ daraus zu machen, damit das Bild eben nicht beliebig ist. „Mein Anspruch ist es, Unikate zu schaffen, damit es etwas Besonderes ist.“ Dominik Stelzner vergleicht das mit der Fotografie: Jeder könne ein Bild machen, ein schönes, aber für ein gutes Bild, für dessen Einzigartigkeit, sei die Person hinter der Kamera wichtig und verantwortlich.

Wie der Hemminger aus der Beliebigkeit rauskommt? Er vereint das Digitale mit dem Analogen. Auf eine Leinwand druckt er das KI-Bild – das er zuvor mit einem Bearbeitungsprogramm perfektioniert hat – und legt dann los: Er verwendet Acrylfarben, Silber-, Gold-, Bronze- und Metallfolien, grafische Elemente, ab und zu Kohle. Struktur schafft er mit Spachtelmasse – und gelegentlich läuft er auch mal über ein Bild. „Ich habe digital viel ausprobiert und versuche, einen gleichbleibenden Stil zu finden“, sagt Dominik Stelzner, der den Betrachter herausfordern möchte: Was ist gedruckt, was ist gemalt? Nun sucht er noch einen griffigen Namen für seine Kunstform. Er kenne sonst keine Künstler, die digital und analog auf diese Art vereinen. „Auch im Internet habe ich das so noch nicht gesehen.“

Beruflicher Neustart kurz vor der Coronakrise

Dominik Stelzner ist es nicht fremd, Digitales und Analoges zu mixen. Vor einiger Zeit habe er seinen Stil geändert. Er sei weggekommen von der abstrakten Acrylmalerei und habe den Fokus darauf gelegt, am Computer Collagen aus Fotografien und 3-D-Elementen zu erstellen. Auch sie druckt er auf Leinwand, um daran weiterzuarbeiten. Er kombiniert zum Beispiel Menschen und Pflanzen, Natur. Auf surreale Art zeigt er die Symbiose, aber auch Konflikte. Der neue Stil bringe ihm mehr Aufmerksamkeit als Künstler, stellt Dominik Stelzner fest. Er hat Kontakt zu einem Galeristen geknüpft, der seine Arbeiten außergewöhnlich finden würde.

Nachdem der Hemminger anno 2019 ohne Arbeit dastand, machte er sich selbstständig. Der Grafikdesigner, der auch ein Diplom als Digital Artist in 3-D-Visualisierung hat, arbeitete in der Werbebranche, als seine Abteilung erst verkauft und dann geschlossen wurde, weil die neue Firma kein Interesse daran hatte. Während der Jobsuche habe er beschlossen, seinen eigenen Weg zu gehen.

Der berufliche Neustart war kurz vor dem Beginn der Pandemie. Zwei Ausstellungen hatte er noch, dann war alles dicht. So entstand die Idee, seine Werke im öffentlichen Raum, vor der Haustür in der Hochdorfer Straße auszustellen. Nicht die Originale, sondern Drucke auf Plexiglas, das schützt vor jeglicher Witterung. Und es falle auf, sagt Dominik Stelzner, der immer wieder Auftragsarbeiten fertigt und Ausstellungen hat, zurzeit eine in Weinsberg (Kreis Heilbronn) in einem Kaffeehaus. Ebenso hängen seine Bilder gerade bei einem Friseur in Bietigheim-Bissingen.

Wo Dominik Stelzner besonders gern ausstellt

In Friseursalons, aber auch in Arztpraxen und Restaurants stellt Dominik Stelzner besonders gern aus. Weil das dort oft kostenlos oder gegen ein wenig Geld geht. Noch dazu sind an diesen Orten viele Menschen, die im Idealfall lange auf seine Bilder gucken. „Mein Ansatz ist, die Kunst zu den Leuten zu bringen“, sagt der 34-Jährige. Insgesamt sei es schwer, Aufmerksamkeit zu bekommen, da müsse man präsent sein. Seine Erfahrung: „Wenn ich vor Ort bin, erziele ich die meisten Verkäufe.“ Bis zu 1300 Euro kostet seine Kunst. Was er für die KI-generierten Werke verlangt, weiß er noch nicht. Der Aufwand sei etwas geringer als bei den Fotocollagen.

Noch kann Dominik Stelzner nicht von seiner Kunst leben. Er arbeitet in der Städtischen Galerie in Bietigheim-Bissingen, plant unter anderem Ausstellungen 2023 bei der Hemminger Kulturnacht und 2024 im Ludwigsburger Landratsamt. Nach wie vor träumt er davon, von seiner Kunst leben zu können und ein Kunstcafé zu eröffnen. Es soll eine Plattform für Nachwuchskünstler sein. Wie er jetzt selbst einer ist.