Sie sind verschrien wie kaum ein anderes Gerät: Laubbläser. Sie sind laut, schmutzig, umwelt- und gesundheitsschädlich. Dennoch werden sie auch in der Region Stuttgart im Herbst kräftig genutzt. Ginge das nicht anders?

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Kaum ein Gerät polarisiert so wie Laubbläser. Das Umweltbundesamt kritisiert, dass die Geräte so laut werden könnten wie ein Presslufthammer oder eine Kettensäge. Das Amt für Umweltschutz in Stuttgart bittet darum, dass zumindest im privaten Bereich lieber zu Besen, Schaufeln oder Rechen gegriffen werde, weil durch Laubbläser und -sauger viele kleine Lebewesen getötet werden. Und jeden Herbst verlangen wieder Menschen, dass man die Geräte doch nun endlich verbieten solle. Zugleich stieg in den vergangenen Jahren laut der Waiblinger Firma Stihl, die auch Laubbläser herstellt, der Absatz zumindest der akkubetriebenen Geräte in Deutschland stark an, bei benzinbetriebenen Laubbläsern stagnierte er.

 

Verbieten kann man Laubbläser jedenfalls nicht. Grund dafür sind europa- und wettbewerbsrechtliche Gründe. Heißt: Weil auch in anderen Ländern Laubbläser hergestellt werden und erlaubt sind, kann man sie nicht hier verbieten. Allerdings gelten für den Gebrauch Ruhezeiten: Wegen ihrer Lautstärke dürfen sie in Wohngebieten nur an Werktagen von 9 bis 13 Uhr sowie von 15 bis 17 Uhr betrieben werden, also sechs Stunden am Tag. Wer dagegen verstößt, muss ein Bußgeld bezahlen.

Viele Menschen mit Aufräumen von Laub beschäftigt

Trotz aller Kritik erweisen Laubbläser aber vielen Menschen einen guten Dienst. Den Mitarbeitenden der Böblinger Stadtgärtnerei etwa. Die sind im Monat November nahezu vollständig mit Laubarbeiten beschäftigt, im Schnitt mindestens zehn Personen über einen Zeitraum von vier Wochen hinweg. Dazu kämen die Mitarbeiter des Bauhofs, sagt Gianluca Biela, ein Sprecher der Stadt. Diese Tätigkeit sei „körperlich extrem anstrengend“, sagt Biela. Und Handarbeit sei nicht „zumutbar, solange es kostengünstigere gesundheits- und körperschonende Alternativen gibt“.

Auch in Ludwigsburg mit seinen vielen Alleen seien in der Hochsaison 35 Mitarbeitende der Straßenreinigung, weitere zehn der Stadtgärtnerei sowie Beschäftigte externer Firmen damit beschäftigt, Straßen, Grünanlagen und Sportplätze von Laub zu befreien, sagt Meike Wätjen, eine Sprecherin der Stadt. Es sei aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht sinnvoll, Laub mit Rechen oder Besen zu entfernen, weil dies deutlich ineffizienter sei – und für die Steuerzahler dadurch teurer werde.

Solche Sätze hört man bei der Firma Stihl bestimmt gerne. Dort wurde der erste Laubbläser bereits 1983 auf den Markt gebracht. Doch wie rechtfertigt die Waiblinger Firma die Herstellung von Geräten, über die so viel diskutiert wird? Man lege bei allen Produkten „größten Wert darauf, den Anwendern die Arbeit zu erleichtern und für jede Aufgabe und jedes Umfeld ein ideal passendes Gerät anzubieten“, sagt die Sprecherin Petra Möck. Und Laubbläser minderten die Gefahr, sich auf Fuß- oder Radwegen aufgrund von nassem oder rutschigem Laub zu verletzen.

Tierkot, Unrat, Pilze: Alles wird in der Luft verteilt

Es wäre allerdings auch falsch, Laubbläser als gesundheitsfördernd zu bezeichnen. Das Umweltbundesamt beklagt zumindest bei benzinbetriebenen Geräten, dass bei deren Gebrauch Luftschadstoffe erzeugt würden. Außerdem würden am Boden und im Laub befindliche Mikroben, Pilze, Unrat und Tierkot in der Luft verteilt, was vor allem für die Benutzer, aber auch für Umstehende „gesundheitlich bedenklich“ sei, heißt es.

Falls Laubbläser eingesetzt werden, rät das Umweltbundesamt zu den leiseren, akkubetriebenen Geräten. Und man sollte sie nur nutzen, wenn das Laub trocken ist. In den großen Städten der Region wie Stuttgart, Ludwigsburg oder Esslingen werden bereits zu einem großen Teil akkubetriebene Geräte eingesetzt, aber nicht ausschließlich.

In Kindergärten bleibt Laub liegen

Das liegt auch an den schieren Mengen von Laub, die dort anfallen. Allein die Böblinger Stadtgärtnereimitarbeiter würden etwa 300 Kubikmeter Laub im Herbst einsammeln – nicht eingerechnet das Laub, das von den Kehrmaschinen aufgeräumt werde, heißt es. Laut Jörg Peter, dem Meister der Straßenreinigung in Esslingen, fallen in der Zeit von September bis November 200 Tonnen Straßenkehricht in der Stadt am Neckar an, zwischen Mai und Juli seien es nur 120 Tonnen. Die größte der vier Kehrmaschinen müsse im Herbst bis zu vier Mal pro Tag geleert werden – im Sommer ist das nur alle zwei Tage der Fall.

Weil eine Kommune verpflichtet ist, Straßen, Wege und Plätze frei von Laub zu halten, dürfen herabgefallene Blätter nur in natürlichen Bereichen liegen bleiben. In Böblingen etwa werde das Laub teils bewusst unter höhere Sträucher geblasen, um einen Unterschlupf für kleine Tiere wie Igel zu schaffen, heißt es. Auch in Kindergärten lasse man Laubhaufen immer öfter liegen.

Akkubetriebene Laubbläser sind leiser

Bezüglich der Geräuschpegel von Laubbläsern gibt es übrigens große Unterschiede. Generell seien Akkugeräte bei gleicher Leistung deutlich leiser als benzinbetriebene Laubbläser, heißt es von Stihl. Der handgetragene Akkulaubbläser, der BGA 86 von Stihl, liege unter 92 Dezibel (A) und könne ohne Gehörschutz betrieben werden. Der benzinbetriebene BG 86 liege bei der gleichen Blaskraft von 15 Newton bereits bei 104 Dezibel (A). Dazu muss man wissen: 100 Dezibel (A) entsprechen etwa der Lautstärke eines militärischen Tiefflugs, bei 130 Dezibel (A) liegt die menschliche Schmerzgrenze.

In einigen Jahren könnte es passieren, dass Firmen wie Stihl per Gesetz nur noch leisere Geräte in Europa verkaufen dürfen. Die Europäische Kommission plant, Lärmgrenzen für Laubbläser und Laubsauger einzuführen. Voraussichtlich ist mit einer solchen Verordnung aber nicht vor dem Jahr 2025 zu rechnen.