Die ersten Trauben der Saison sind an der Alten Kelter in Beilstein mit einer historischen Weinpresse von 1860 zum Rebensaft gepresst worden. Die „Viertelesschlotzer“ vor Ort konnten sich bei diesem Anlass durch die Weinkarte der örtlichen Winzer probieren.
„Die Trauben hängen gut“, sagt Simon Gemmrich vom gleichnamigen Beilsteiner Weingut und schaut zuversichtlich auf das Behältnis mit dem ersten neuen Wein des Jahres. Der Oechslegrad der Trauben ist gemessen und macht Hoffnung auf einen qualitätvollen „Beilsteiner 2024“. Allerdings käme viel auf die nächsten Tage an, so Gemmrich weiter.
Mit dem Traktor wird die erste Ernte herbeigefahren
Traditionell wird in Beilstein die erste Ernte von der Kirche aus auf dem Traktor- Anhänger zum Kelterplatz gebracht. Heuer musste der Weg jedoch verkürzt werden, weil in der Kirche eine Trauung stattfand. „Aber es war trotzdem sehr feierlich“, findet Gemmrich. Für strahlend feierliche Klänge zur Begrüßung der neuen Traubenernte sorgte der Posaunenchor Beilstein.
Zentral auf dem Platz warten zwei Geräte, die in früheren Jahrhunderten dafür sorgten, dass die prallen weißen und blauen Trauben aus den Erntebottichen zum ersten Wein der Saison werden konnten. Links steht die Traubenmühle, die aussieht wie ein großes Fass mit einem rechteckigen grünen Metallbehälter als Aufsatz. Das Innenleben der Mühle besteht aus zwei Walzen. „Dort werden die Beeren ausgedrückt und von den Kernen getrennt“, so der junge Weinexperte.
Von Hand wird das Gemisch aus Schale und Flüssigkeit weiter zur Weinpresse befördert. Dort sorgen wiederum zwei große Schraubgewinde durch eine Holzstange hindurch dafür, dass weiter unten durch den Druck auf zwei passende Holzplatten in quadratischen Gefäßen auf einem hölzernen Untergrund die Schalen vom Saft getrennt wurden und durch eine Öffnung in der Mitte schließlich der Wein fließt.
Die Rebsorten werden internationaler
In diesem Jahr war das eine ungewöhnliche Cuvée von Trauben aller Beilsteiner Weinmacher, also fünf Selbstvermarktern und der Genossenschaft Bottwartaler Winzer. „Es sind Reben vom Cabernet, Muscaris, Dornfelder und Müller-Thurgau dabei“, so Simon Gemmrich. Muscaris sei eine relativ neue, resistentere Sorte als die älteren.
Die vielen Viertelesschlotzer auf dem sonnenbeschienen Platz neben der Kelter konnten, wenn sie wollten, Weine von den örtlichen Weinmachern und ihren lokal angepflanzten Reben verkosten. Dabei fiel auf, dass sich die Sortennamen und damit auch die Reben in den vergangenen Jahrzehnten internationalisiert haben. Weit entfernt die früher in Württemberg vorherrschenden Trollinger/Lemberger- und Riesling/Silvaner-Mischungen. Stattdessen las sich die Weinkarte wie eine Rundtour durch die traditionellen Rebsorten der Anbaugebiete verschiedener europäischer Weinbaunationen.
Auch eher ungewöhnlich für traditionelle schwäbische Rotweinfreunde waren die vier Weißweine im Angebot. Die Bottwartaler Winzer hatten Grauburgunder im Angebot, das Weingut Kircher einen Muskateller mit Riesling, das Weingut Sankt Annagarten Riesling vom Gipskeuper und das Schlossgut Hohenbeilstein Cabernet blanc.
Den einzigen „reinen“ Rotwein steuerte das Weingut Gemmrich mit dem Lemberger bei. Der einzige Roséwein und gleichzeitig der einzige als „fruchtig“ klassifizierte unter trockenen Sorten war der Muskattrollinger Rosé vom Weingut Krohmer.
Landfrauen haben keine Nachwuchssorgen
Zum süffigen Wein dürfen deftige Speisen nicht fehlen. In schwäbischer Tradition hatten die Damen von den Landfrauen Beilstein Zwiebelkuchen und Kartoffelkuchen gebacken. Anders als in vielen anderen Orten müssen sich die Beilsteiner Landfrauen keine Sorgen um Nachwuchs machen. „Wir sind gerade dabei, uns zu verjüngen“, freute sich Gerda Kern mit ihren Mitstreiterinnen.