Raschelndes Laub, bunt gefärbte Weinreben – der Herbst ist eine schöne Zeit für Ausflüge in die Natur: Wir haben acht Spaziergänge ausgesucht, die sich lohnen. Auf diesen Wegen gilt es vieles zu erkunden.

Stuttgart - Alleen und Weinberge, Parks und Rundwege zeigen sich im goldenen Herbst von ihrer besten Seite. Unsere Lokalredakteure stellen Orte vor, die Spaziergänger und Wanderlustige unbedingt ansteuern sollten.

 

Weg 1: Schloss Solitude, Raschellust

Für die Solitude werben barocke Hinterlassenschaften des verschwenderischen Herzog Carl Eugen, vor allem aber prächtige Alleen, deren Planung auf Friedrich Schillers Vater Johann Kaspar zurückgeht. Die Kastanienallee, die aufs Schloss zuführt, spielt im Herbst mit feurigen Farben. In deren Laub versinken Schuhe knöcheltief. Unter deren Dach schieben Spaziergänger mit quergestelltem Fuß raschelnd fingrige Blätter zu Haufen zusammen, um hernach das Bein hineinzuschwingen und die bunte Pracht knisternd zu zerstreuen.

Von dort aus hat man die Wahl: Das Schloss umrunden? Am Bernhardsbach entlang bis zum Bärenschlössle? Oder ins Krumbachtal hinunter? Man sollte auch hierbei seiner Lust folgen. Als die CDU im Land noch gesetzt und Hans Filbinger Ministerpräsident war, säumten dunkle Limousinen die Allee, besetzt mit Personenschützern, die auf die Landesväter Filbinger, dann Späth, noch später Oettinger achteten. Danach hatte der Feudalismus dort oben ein Ende. Nur die stramm stehenden Alleebäume lösen hochherrschaftliche Gefühle aus. Anfahrt mit Buslinie 92 ab Rotebühlplatz. (Von Barbara Czimmer)

Weg 2: Vom Schloss zum Schlössle

Dieser Spaziergang ist für die Sportlichen, zumindest diese spezielle Variante. Vom Schloss zum Schlösschen und dann wieder zurück in die Stadt. Deshalb sei geraten: Frühmorgens los, wie wir das gemacht haben. Vom Schlossplatz, vom Neuen Schloss aus also, marschiert der Stadtbewohner mit Wanderschuhen (was eben dort noch ziemlich bescheuert ausschaut, sich aber später bewährt) durch die Anlagen bis zum Rosensteinschloss und erfreut sich der grünen Stadt. Von dort geht’s hoch zum Killesberg, dann über den Kräherwald und das Feuerbacher Tal bis zum Bärenschlössle.

Das ist die offizielle Route (18 Kilometer), bei der sich wirklich kein Mensch in einer Großstadt wähnt. Unsere Empfehlung: Noch eine Stunde früher aufstehen, das Schloss Solitude noch in die Route integrieren und dann vom Bärenschlössle aus durch den Wald und dann die Hasenbergsteige runter in die Stadt. Allein das Gefühl, über diese steile Straße wieder in den Kessel einzutauchen, ist nach ungefähr 28 Kilometern Wanderschaft ein sensationelles Gefühl. (Von Michael Weier)

Weg 3: Blaustrümpflerweg, Stuttgarter Dreierlei

Wer die drei schönsten Verkehrsmittel der Stadt miteinander verbinden will, ist auf dem Blaustrümpflerweg genau richtig: Man wandert auf den eigenen Beinen (Verkehrsmittel eins) vom Marienplatz zum Biergarten auf der Karlshöhe, genießt anschließend auf dem Blauen Weg den Blick in den Kessel und an der Ziegelklinge in Heslach den Wald, ehe man am Südheimer Platz in die wunderbare, alte Standseilbahn (Verkehrsmittel zwei) steigt.

Mit dem „Erbschleicher-Express“ geht’s hoch zum Waldfriedhof, wo wir die Gräber von Robert Bosch, Theodor Heuss, Paul Bonatz, Adolf Hölzel, Otto Herbert Hajek und Oskar Schlemmer besuchen, am Dornhaldenfriedhof vorbei, wo unter anderem die RAF-Terroristen (und der Philosoph Max Bense) liegen, und wieder durch den Wald bis zum Haigst. Dort steigt man in die Zacke (Verkehrsmittel drei) und fährt runter zum Start und Zielpunkt am Marienplatz, trinkt gemütlich einen Kaffee vor dem Kaiserbau und ruht sich nach dem 7,5 Kilometer langen Marsch am mutmaßlich urbansten Ort der Stadt aus. (Von Holger Gayer)

Weg 4: Schimmelhüttenweg, Romantik pur

Der romantische Schimmelhüttenweg verbindet Degerloch mit dem Stuttgarter Süden und führt einen dabei durch den Degerlocher Scharrenberg, durch eine der steilsten Weinlagen Stuttgarts. Alte Steinmauern säumen den Weg, dazu die wunderbare Aussicht – traumhaft! Die Bergabvariante von Degerloch aus strengt zwar nicht sonderlich an, es empfiehlt sich aber dennoch, ab und an eine Pause einzulegen – auf den von der Sonne beschienenen Treppchen der Weinbergmauern.

Den Schimmelhüttenweg erreicht man am besten über die Haltestelle Degerloch/Zacke, in wenigen Gehminuten ist man am Schimmelhüttenplatz, wo der Weg startet. Er führt hinunter zum Marienhospital/Ecke Liststraße. Von dort geht man entweder weiter bis zur Haltestelle Marienplatz oder nimmt den 41er-Bus am Marienhospital. (Von Viola Volland)

Weg 5: Eichenhain, Unter Baumkronen

Der Eichenhain hat schon wegen entlaufener Schafe für Aufmerksamkeit gesorgt – er diente übrigens schon früher als Viehweide. Nicht nur Schafe, sondern auch Schweine wurden hier einmal gehalten, durch die Eicheln fanden sie ausreichend Futter. Das 34,2 Hektar große Naturschutzgebiet am Rande des Stadtbezirks Sillenbuch, durch das auch der Kleinhohenheimer Bach fließt, bietet einen hohen Erholungswert.

Rund 200 mächtige Eichen mit ausladenden Kronen säumen den Spazierweg, die ältesten sind schon mehr als 300 Jahre alt, Schädlinge bedrohen allerdings den Bestand. Dazu kommen saftige Wiesen. Es bietet sich an, mit der Stadtbahn bis Sillenbuch zu fahren, in knapp zehn Minuten ist man am Eichenhain. In einer Richtung kann man das Gebiet gut in einer halben Stunde durchqueren.

Wer eine erstklassige Aussicht genießen und dabei anderen Leuten beim Schaffen zusehen möchte, der ist auf dem Höhenweg bei Mönchfeld über dem Neckartal genau richtig. In den Steillagen haben die Wengerter fast immer was zu tun. (Von Viola Volland)

Weg 6: Mühlhausen Weinberge, Am Hang lang

Wir starten am Palmschen Schloss in Mühlhausen, dem Sitz von Bürgerbüro und Bezirksrathaus. Dahinter schlängelt sich ein schattiger Spazierweg hoch. Wenn wir nach ein paar Hundert Metern Mönchfeld erreichen, gibt es nur noch eine Richtung: immer am Hang entlang. Wir blicken linker Hand über Rebstöcke hinab ins Neckartal. Jenseits des Ufers liegt der Max-Eyth-See, dahinter Hofen und die Hochhäuser von Neugereut.

Wer Lust hat, kann auf dem Höhenweg bis zum Schnarrenberg laufen, dem Sitz eines Außenpostens des Deutschen Wetterdienstes. Wenn Sie mal mit dem Wetter nicht zufrieden sind, hier wäre die richtige Ansprechstation. Die Anreise erfolgt mit der U 14 und auch der U 12 bis zur Haltestelle Mühlhausen. Von dort sind es kaum 500 Meter bis zum Palmschen Schloss. Die Buslinie 54 hält fast am Schloss. (Von Tom Hörner)

Weg 7: Weinberge Rotenberg, alles so schön bunt

Hier darf der Dichter ganz tief in die Kiste mit den Klischees greifen: Die Weinberge rund um die Grabkapelle sind eigentlich fast schon zu kitschig, um echt zu sein. Weil jede Rebsorte ihre eigenen Farben kreiert: Am häufigsten leuchten die Weinberge gelb, weil gelb für Trollinger steht. Gelb steht zudem für alle Weißweinsorten. Lemberger strahlt rot, Spätburgunder leicht rötlich, Dornfelder und Cabernet dagegen dunkelrot. In der Summe sehen die Weinberge dann aus wie eine herrliche Patchworkdecke!

Fünf Weinwanderwege gibt’s, der schönste geht von Obertürkheim über Uhlbach und die Grabkapelle in Rotenberg nach Untertürkheim, zu Start und Ziel fährt die S-Bahn. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, denn viele Zeitgenossen fahren auch mit dem Auto zum Beispiel nach Rotenberg. An solch schönen Wochenenden bricht allerdings schon mal das absolute Verkehrschaos in dem Flecken aus, gelegentlich steht dann auch ein Polizist dort und lässt niemand mehr rein. Deshalb: S-Bahn! Dann ist die Farbenfreude ungetrübt. (Von Michael Weier)

Weg 8: Rössleweg, Famoses Panorama

Wälder im Westen, Weinberge im Osten: Wer Stuttgart in seiner ganzen Vielfalt erwandern will, ist mit dem Rössleweg, auch Stuttgarter Rundwanderweg genannt, gut beraten. Der zwischen den Jahren 1968 und 1980 etappenweise entstandene Weg zieht sich auf 54 Kilometern einmal rund um den Stuttgarter Kessel.

Mehr als 1000 Höhenmeter schreiten Wanderer auf der gesamten Strecke ab. Die niedrigste Stelle liegt im Neckartal (220 Meter), die höchste am Fernsehturm (460 Meter). Noch höher hinaus geht es etwas abseits, wenn man den am Weg gelegenen Birkenkopf (Monte Scherbelino, 511 Meter) erklimmt.

Der Lohn dort ist eine der schönsten Aussichten auf den Talkessel überhaupt. Es bietet sich ein famoser Panoramablick. Der Rössleweg ist an vielen Orten gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Der Verschönerungsverein hat ihn erst in diesem Jahr an mehreren Stellen aufgewertet, zum Beispiel durch die Sanierung des geologischen Aufschlusses am Fuße des Birkenkopfs. (Von Tilman Baur)