Auf Drängen der Grünen im Land soll auf die Analyse der Herkunft von Verdächtigen verzichtet werden. Genau das fordert aber nun Bayern – und unterstützt damit Justizminister Wolf (CDU), ebenso wie Fachleute von Polizei und Wissenschaft.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Dem grün-schwarzen Regierungsbündnis in Baden-Württemberg droht ein neuer Konflikt um die Ausweitung der DNA-Analyse zu Fahndungszwecken. Entgegen einem in der Koalition abgestimmten Kompromiss wächst der Druck aus Politik, Polizei und Wissenschaft, künftig auch die Herkunft von Straftätern aus dem Erbgut bestimmen zu dürfen. Auf Drängen der Grünen hatte Justizminister Guido Wolf (CDU) sich in einer Bundesratsinitiative darauf beschränkt, fortan Untersuchungen zu Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie zum biologischen Alter zu erlauben. Gegen seine ursprüngliche Absicht, auch die „biogeografische Herkunft“ mit aufzunehmen, hatten die Grünen verfassungsrechtliche und praktische Bedenken erhoben. Weil die Aussagen dazu noch zu ungenau seien, könne es zu Fehlinterpretationen kommen, warnten sie.

 

Bayern unterstützt den Vorstoß Baden-Württembergs, will ihn nun aber auch auf die Herkunftsanalyse ausdehnen. Dies ist das Ziel eines Erweiterungsantrags, den München mit Blick auf die Beratung an diesem Mittwoch im Rechtsausschuss der Länderkammer eingebracht hat. Darin wird argumentiert, die kontinentale Herkunft einer Person lasse sich aus DNA-Spuren mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,9 Prozent bestimmen. Dies ermögliche es den Ermittlungsbehörden, den Kreis möglicher Verdächtiger so weit einzuschränken, dass sie zielgerichtet fahnden könnten. Auf diese Weise ließen sich zudem frühzeitig Unbeteiligte ausschließen. Dies sei kein „racial profiling“, also eine pauschale Verdächtigung bestimmter Gruppen, heißt es im Antrag Bayerns.

Rückenwind für Justizminister Wolf

Justizminister Wolf zeigte sich über diesen Rückenwind erfreut. Den in der Koalition gefundenen Kompromiss trage er selbstverständlich mit, ließ Wolf mitteilen. Vereinbart sei aber nicht, „dass das Merkmal der biogeografischen Herkunft zwingend auf Dauer aufgegeben wird“; vielmehr solle er dies mit seinen Kollegen in Bund und Ländern „fachlich diskutieren“.

Der Präsident des Landeskriminalamts Baden-Württemberg, Rolf Michelfelder, hatte den Verzicht auf die Herkunftsanalyse bedauert. Damit werde „der kriminalistische Haupteffekt genommen“, kritisierte er. Es gehe um einen „wesentlichen Zeitgewinn“ bei einem unbekannten, auf freiem Fuß befindlichen Täter.

Experte: Chance würde vergeben

Auch ein renommierter Experte für die forensische DNA-Analyse, Professor Manfred Kayser von der Erasmus-Universität Rotterdam, sähe durch den Verzicht eine Chance vergeben. Bei der Eingrenzung möglicher Täter könne es „von essenzieller Wichtigkeit“ sein, die Abstammung zu kennen, sagte Kayser im StZ-Interview. Derzeit werde daran gearbeitet, diese nicht nur nach Kontinenten, sondern wesentlich genauer bestimmen zu können. Der Molekularbiologe sieht auch nicht die Gefahr eines gläsernen Menschen, da es nur um äußere Merkmale gehe, die jeder sehen könne.

– Das Ringen um die DNA-Fahndung