Die Stadt wehrt sich gegen den Einsatz der Dieselzüge bis Renningen und gegen den Umbau des Bahnhofs. Das Projekt verzögert sich damit erneut.

Renningen - Ganz im Stillen, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, ist im Renninger Gemeinderat am Montag eine weitreichende Entscheidung gefallen: Die Stadt wird am heutigen Donnerstag beim Verwaltungsgericht Mannheim Klage gegen die Hermann-Hesse-Bahn einreichen – oder vielmehr dagegen, dass die Bahn bis nach Renningen fährt.

 

Der Beschluss fiel am Montag mehrheitlich direkt im Anschluss an die konstituierende Sitzung, wie Renningens Bürgermeister Wolfgang Faißt (Freie Wähler) am Mittwoch bekannt gab. Ganz konkret richtet sich die Klage „gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart für bauliche Maßnahmen im Bahnhof Renningen“. Denn damit die Hesse-Bahn in Renningen halten kann, muss dort erst ein zusätzlicher Bahnsteig gebaut werden.

Es ist durchaus ungewöhnlich, dass ein neu gebildetes Gremium gleich nach seiner Verpflichtung eine solche Entscheidung zu treffen hat. Bei allen Verfahren rund um die Hesse-Bahn muss die Stadt jedoch Fristen einhalten. Am 17. Juni hatte das Regierungspräsidium den Umbau am Bahnhof genehmigt, die Einwände und Vorschläge der Stadt Renningen wurden darin zurückgewiesen. Dem Anwalt der Stadt wurde der Beschluss Ende Juni zugestellt. Seitdem hat die Stadt einen Monat Zeit, um Klage dagegen zu erheben.

Im Oktober kommt das Thema erneut auf die Tagesordnung

Insgesamt alles eine sehr kurzfristige Geschichte, findet Wolfgang Faißt – kurz vor den Ferien und direkt vor der Einsetzung des neuen Gemeinderats. „Wir hatten noch gar nicht die Chance, richtig auf die Planfeststellung zu reagieren und über das weitere Vorgehen zu beraten“, sagt er. Die Klage sei der nötige Schritt, „um den Fuß in der Tür zu behalten“, formuliert es der Beigeordnete Peter Müller. Denn ob die Klage aufrecht erhalten wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht sicher.

„Wir werden die Klage fristwahrend erheben“, so Faißt. „Im Oktober wird sich der Gemeinderat inhaltlich noch mal mit der Planfeststellung auseinandersetzen und entscheiden: Erhalten wir die Klage aufrecht, oder wird sie zurückgezogen?“

Seit Beginn an wehrt sich die Stadt Renningen – sowohl Politiker im Gemeinderat, mit Ausnahme der Grünen, als auch viele Bürger – gegen eine Weiterführung der Hesse-Bahn über Weil der Stadt hinaus bis nach Renningen. Man befürchtet zum Beispiel weitreichende Störungen des gesamten Stuttgarter S-Bahn-Netzes, weil der Abschnitt zwischen Weil der Stadt und Malmsheim nur eingleisig ist. In den offiziellen Stellungnahmen zum Thema Hesse-Bahn bemängelt die Stadt unter anderem, dass Alternativen gar nicht geprüft worden sind. Auch müsste das Projekt einer kompletten Genehmigung unterzogen werden – und nicht nur stückchenweise, wie das momentan unternommen wird. Renningens Anwälte befürchten zudem, dass die Finanzierung gar nicht nachgewiesen ist, dass Lärmschutz fehlt und die Auswirkungen auf die Umwelt, die Luft und das Klima nicht untersucht wurden.

Zwei Klagen waren schon vom Tisch

Damit verzögert sich das Bahnprojekt einmal mehr, nachdem eigentlich alle Klagen vom Tisch waren. Auch der Naturschutzbund Nabu und die Stadt Weil der Stadt hatten geklagt, aber mit beiden einigte sich der Landkreis Calw außergerichtlich. In Stuttgart beobachtet man die Vorgänge, nachdem der Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) die Hesse-Bahn zu einem wichtigen Projekt erklärt hatte. Klar habe Renningen das Recht zu klagen, hatte Hermanns Ministerialdirektor Uwe Lahl Anfang Juli im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt: „Wenn wir allerdings unsere Klimaschutzziele erreichen wollen, müssen wir die Kraft zum Kompromiss haben.“ Wenn Gerichte bemüht würden, dauere es länger. „Das geht dann immer zu Lasten der Bürger“, sagte Lahl.

Beim Landratsamt Calw wollte man am Mittwoch keine Stellungnahme zu der Klage-Ankündigung aus Renningen abgeben. Man müsse sich erst über die Hintergründe informieren, so eine Sprecherin.