Nach 50 Jahren im Unternehmen wir der langjährige Konzernchef Hermann Scholl verabschiedet. In einer großen Gala in der Alten Reithalle in Stuttgart wurde seine Arbeit gelobt und gewürdigt.

Stuttgart - Der Auftrag, den Jürgen Hambrecht hatte, war klar umrissen. Bei der Laudatio auf Hermann Scholl solle der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Chemieriesen BASF „Fakten sprechen lassen mit nicht zu viel Lob“. Hambrecht, der den langjährigen Bosch-Chef seit Jahrzehnten kennt und selbst Mitglied im Aufsichtsgremium der Robert Bosch Industrietreuhand ist, würdigte Scholl dann als „Technikpionier, kantigen Schwaben und Bosch-Urgestein“. Scholl sei bei Bosch ein Dirigent des Fortschritts gewesen und habe die Werte des Unternehmensgründers konsequent vorgelebt. Technische Innovationen wie das Antiblockiersystem ABS oder der Schleuderschutz ESP seien unter seiner Regentschaft entwickelt worden.

 

Hambrechts Würdigung war der Mittelpunkt einer großen Gala am Donnerstagabend in der Stuttgarter Alten Reithalle, die Bosch zum Ausscheiden von Hermann Scholl aus dem Aufsichtsrat des Automobilzulieferers veranstaltet hat. Insgesamt 50 Jahre hat Scholl für Bosch gearbeitet, davon 40 Jahre in leitender Position, zehn Jahre an der Spitze und am Schluss neun Jahre als Aufsichtsratsvorsitzender und geschäftsführender Gesellschafter. Neben zahlreichen Spitzen der deutschen Wirtschaft, unter anderem Martin Winterkorn (VW), Wolfgang Porsche (Porsche), Rupert Stadler (Audi), Wolfgang Reitzle (Linde), Nicola Leibinger-Kammüller (Trumpf), Hans-Peter Stihl (Stihl) und Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt (Allgaier), feierten auch alte persönliche Freunde Scholls mit, darunter der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger und Ex-Außenminister Klaus Kinkel. Scholls Wirken bei Bosch sei eine „außergewöhnliche Ausnahme“ in der deutschen Wirtschaft, lobte Hambrecht den Jubilar und zitierte Kissingers Aussage über Scholl: Er habe Bosch „in eine neue Ära geführt nicht durch Befehle, sondern durch Dienen“.

Nachfolger wird Franz Fehrenbach

Franz Fehrenbach übernimmt nun die Nachfolge von Scholl als Aufsichtsratschef. Vorsitzender der Geschäftsführung ist vom 1. Juli an Volkmar Denner. Wie Bosch gestern bekanntgab, kommt es Ende des Jahres zu weiteren Wechseln in der Geschäftsführung. Zu diesem Zeitpunkt werden der stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung, Siegfried Dais (64), zuständig unter anderem für die Solarenergie, sowie Rudolf Colm (59), verantwortlich für den Bereich Gebrauchsgüter und Gebäudetechnik, ausscheiden. Neu in das Führungsgremium berufen wurde Stefan Hartung (46). Damit reduziert der Konzern die Zahl seiner Geschäftsführer wieder auf zehn; im Frühjahr 2010 war das Spitzengremium auf elf Personen erweitert worden. Dais wird Bosch als Gesellschafter der Industrietreuhand KG erhalten bleiben, Colm wechselt in den Ruhestand.

Gleichzeitig werden einige Aufgabengebiete auf der Chefetage neu verteilt. So übernimmt Hartung, der seit 2009 Vorsitzender des Bereichsvorstands Power Tools ist, die Verantwortung für den neu entstehenden Bereich Energie- und Gebäudetechnik. Damit fällt ihm die Aufgabe zu, die kränkelnde Solarsparte zu sanieren. Der Maschinenbau-Ingenieur kam 2004 zu Bosch; damals startete er bei Bosch Siemens Hausgeräte in München. Zuvor war er bei der Fraunhofer-Gesellschaft sowie bei der Unternehmensberatung McKinsey.

Der 54-jährige Uwe Raschke, der seit 2008 Bosch-Geschäftsführer ist, übernimmt zusätzlich zur Region Asien-Pazifik von Colm die Verantwortung für die Gebrauchsgüter. Finanz-Geschäftsführer Stefan Asenkerschbaumer (56) wird künftig zusätzlich auch für Einkauf und Logistik zuständig sein. Bereits bekannt ist, dass Dirk Hoheisel (53) am 1. Juli sein neues Amt als Geschäftsführer antreten wird. Hoheisel übernimmt vom neuen Bosch-Chef Volkmar Denner die Bereiche Automobil-Elektronik und Multimedia.