Bei einem Reitturnier in Valencia ist es zu einem Ausbruch des Herpes-Virus bei Pferden gekommen, einige Tiere sind gestorben. Reitbetriebe in der Region Stuttgart haben Vorkehrungen getroffen, um die Pferde vor dem Virus zu schützen.

Volontäre: Annika Mayer (may)

Stuttgart - Was in Valencia passiert ist, hat bei vielen Pferdebesitzern für Entsetzen gesorgt. Bei einem Springreitturnier brach das Herpes-Virus EHV-1 unter den Tieren aus. Viele Pferde infizierten sich, einige starben. In der Region Stuttgart sei bisher nur ein Betrieb von dem Herpes-Virus betroffen, erklärt Susanne Müller vom Pferdegesundheitsdienst Fellbach. Es handelt sich um ein Virus, das nur auf Pferde ausgerichtet ist und sich regelmäßig im Frühjahr verbreitet, sagt die Expertin. Ein Großteil der Pferde trage den Erreger schon immer in sich. „Das Virus befindet sich in den Tieren in einem Ruhestadium“, erläutert Müller. „Wenn es aktiviert wird, entstehen die Krankheitssymptome.“ Dazu zählen unter anderem Fieber, Appetitlosigkeit und Husten. Das Virus kann aber auch das Nervensystem schädigen und wie beim Turnier in Valencia für die Pferde tödlich enden. Um ihre Tiere zu schützen, haben auch Reitställe in der Region Stuttgart Maßnahmen ergriffen.

 

Herpes-Virus bereitet manchen Stallbetreibern Sorgen

„Wenn das Virus in unseren Stall kommt, wäre das eine Katastrophe“, sagt Julia Weil vom Dressurstall Untere Körschmühle. Zwar seien sie in jedem Frühjahr vorsichtig, dieses Jahr würden sie aber besonders aufpassen. Denn fast keines der Pferde im Stall sei aktuell geimpft. „Für manche Tiere wäre das Virus praktisch ein Todesurteil“, so Weil. Bei Pferden, die neu in den Stall kommen, sei nun eine Herpes-Impfung Pflicht. Außerdem müssen diese negativ auf das Virus getestet sein. Am Tag der Ankunft untersucht zudem ein Tierarzt den Gesundheitszustand der Pferde. Externe Reitschüler dürfen derzeit nicht in den Stall kommen. Wenn Besitzer Pferde in verschiedene Betrieben haben, müssen sie außerdem die Kleider wechseln.

Auch Andrea Knauer vom Reitstall Rappenhof hat jedes Jahr im Frühjahr einen Kloß im Hals. Bisher habe es noch nie einen Ausbruch des Virus im Stall gegeben, wie sie schildert. Man sei aber nie davor gefeit, da die meisten Tiere das Virus inaktiv in sich tragen. Nach den Ereignissen in Valencia galt auf dem Hof zunächst eine Ausgangssperre für die Pferde, die Tiere durften den Hof nicht mehr verlassen. „Das wurde jetzt aber wieder gelockert“, so Knauer. „Die Pferde dürfen jetzt zum Beispiel wieder zu Lehrgängen gehen, aber ohne direkten Kontakt zu anderen Tieren.“ Da der Stall keine eigenen Pferde hat, sondern Besitzer ihre Tiere dort einstellen können, seien diese auch für die Impfung gegen das Herpes-Virus verantwortlich. „Wir wollen den Einstellern das Impfen nicht vorschreiben“, sagt Knauer. Sie würden allerdings dazu raten.

Einige Tiere sind bereits gegen das Virus geimpft

Beim Stuttgarter Reit- und Fahrverein sind dagegen alle Tiere geimpft. „2017 hatten wir Herpes im Stall“, erzählt Corinna Schetter. „Seitdem lassen wir keine Pferde ohne die Impfung mehr rein.“ Daher macht sie sich momentan auch keine großen Sorgen wegen des Virus. Trotzdem galt bis zum 1. April eine Quarantäne: „Kein Pferd durfte mehr rein oder raus“, erklärt sie. Inzwischen sei diese Maßnahme aber aufgehoben. „Neue Pferde kommen bei uns sowieso für 14 Tage in eine Quarantänebox“, so Schetter. Auf Turniere gehen die Tiere und Reiter des Vereins aufgrund des Herpes-Virus und der Corona-Pandemie momentan aber nicht.

Veronika Schöppler von der Reitanlage Schöppler bewertet die Gefahr, dass das Virus in ihren Betrieb gelangt, momentan als gering. „Wenn man sich an die Maßnahmen hält und nicht in der Weltgeschichte herumfährt, ist das Risiko nicht so groß“, erläutert sie. Die Pferde auf dem Hof seien geimpft, außerdem gelte ein Ausgangsverbot für die Vierbeiner. Tiere, die normalerweise zum Training kommen, dürften dies im Moment nicht tun. Auch die Hygienemaßnahmen, die aktuell wegen der Corona-Pandemie im Betrieb gelten, können laut Schöppler eine Verbreitung des Virus verhindern.

Kein erhöhtes Infektionsrisiko in der Region

Die Gefahr, dass sich Pferde in der Region untereinander infizieren, sei momentan generell relativ niedrig, so Susanne Müller vom Pferdegesundheitsdienst Fellbach. „Seit Monaten gibt es keine Veranstaltungen, bei denen Pferde aus verschiedenen Betrieben zusammenkommen.“ Abgesehen von den Vorfällen in Valencia sei die aktuelle Situation im Vergleich zu vergangenen Jahren nichts besonderes. Trotzdem gibt es einige Vorkehrungen, die sie den Reitställen in Hinblick auf die Herpes-Ausbrüche jedes Frühjahr empfiehlt. „Ich rate Stallbetreibern, dass sie sich über Impfmöglichkeiten informieren und entscheiden, wie sie zu einer Impfung stehen“, erläutert Müller. Wenn die Pferde geimpft seien, mache das einen Ausbruch des Virus unwahrscheinlicher. „Stallbetreiber sollen auch grundsätzlich ein Konzept für das Hygienemanagement aufstellen, bevor das Virus ausbricht“, schildert sie weiter. Sonst sei es oft zu spät, um Schlimmeres zu verhindern.