90 Zuhörer haben die Präsentation des Gutachtens zur Zukunft der Krankenhäuser in den Kreisen Böblingen und Calw verfolgt. Die Klinik in Herrenberg soll demnach zwar 50 Betten verlieren, aber die Vorzeigestation, die Geburtshilfe, behalten.

Herrenberg - Während in Leonberg die Aufregung um das medizinische Konzept für die sechs Häuser des Klinikverbunds Südwest groß ist (wir berichteten), herrscht am anderen Ende des Landkreises eine ruhige, eher abwartende Stimmung. Am Montagabend ist in der Herrenberger Längenbühl-Sporthalle das Gutachten vorgestellt worden. Rund 90 Zuhörer verfolgten die Präsentation der Experten des Tübinger Büros Teamplan. Diese schlagen vor, die Aufgaben in dem Verbund zu bündeln.

 

Zwei Zentralkliniken soll es geben: eine neue, die auf dem Flugfeld zwischen Böblingen und Sindelfingen gebaut werden soll, und das Nagolder Krankenhaus, das aufgerüstet werden soll. Die bestehenden Kliniken in Böblingen und Sindelfingen sollen geschlossen, die Häuser in Herrenberg, Leonberg und Calw verkleinert werden. Sie sollen künftig eine Basis- und Notfallversorgung anbieten. Die kleineren Kliniken, die nach den Berechnungen der Gutachter Verluste einfahren, sind als Patientenbringer für den Klinikverbund aber unverzichtbar. Die Zentralkliniken, die eine breite Palette an Leistungen anbieten, sollen für ein positives wirtschaftliches Gesamtergebnis des Verbunds sorgen.

Emotionale Diskussion in Leonberg

In Leonberg wurde in der vergangenen Woche an zwei Abenden öffentlich kontrovers und emotional über die Konzeption diskutiert. Auch in Herrenberg gab es kritische Fragen von Stadträten und Bürgern. Die Diskussion verlief aber sehr sachlich. Das mag zum einen daran liegen, dass das Herrenberger Krankenhaus in Gegenteil zum Leonberger weniger Federn lassen muss: Das Leonberger Haus soll seine angesehene und lukrative Gefäßchirurgie an die Flugfeldklinik abgeben. Zudem soll es verkleinert werden. Auch Herrenberg soll ein Drittel der 150 Betten verlieren, aber seine Vorzeigestation – die Geburtshilfe – behalten. Dieser werden nach der Schließung der Nagolder Geburtsstation kürzlich mehr Patienten prognostiziert.

Zum anderen treten die politischen Akteure in Herrenberg ganz anders auf als im nördlichen Kreis. Während der Leonberger Oberbürgermeister Bernhard Schuler die Konzeption öffentlich kritisiert, hält sein Herrenberger Kollege Thomas Sprißler Einschnitte in den Kliniken für unumgänglich. Das hat sicher auch damit zu tun, dass Sprißler als Mitglied des Kreistags und des Aufsichtsrats der Kreiskliniken den Gesamtkreis im Blick hat, der um die Probleme des Klinikverbunds weiß und für die wachsenden Defizite geradestehen muss. Schuler agiert als Lokalpolitiker, der für seine Stadt das Beste herausholen möchte.

Sprißler legte am Montagabend seinen Standpunkt dar: „Ich glaube, dass wir mit der Konzeption und im Verbund den Bestand unseres Krankenhauses viel besser garantieren können, als wenn wir Dinge fordern, die nicht möglich sind.“ Wichtig sei ihm vor allem, „eine medizinische Versorgung vor Ort – 24 Stunden am Tag und an 365 Tagen im Jahr zu gewährleisten“. Und diese Chance sieht der OB in der Umsetzung der medizinischen Konzeption.

Zuhörer kritisch und gut informiert

Kritische Fragen von gut informierten Zuhörern gab es trotzdem. „Wer garantiert uns, dass im Laufe der Jahre unser Krankenhaus der Grund- und Akutversorgung nicht doch runtergestuft wird zu einem einfachen Gesundheitszentrum“, fragte der Freie-Wähler-Stadtrat Eugen Schuker. „Das Herrenberger Haus hat eine wichtige Funktion. Es grenzt den Klinikverbund nach Süden ab. Deshalb habe ich wenig Sorge, dass die Klinik herabgestuft wird“, sagte Martin Kern von Teamplan. Was mit den freiwerdenden Räumen passiere, wenn Betten abgebaut werden, fragte Schuker. „Wir wollen die Patientenzimmer modernisieren und brauchen deshalb den Raum“, erklärte der Landrat Roland Bernhard.

Ein Zuhörer bezweifelte, dass die Häuser groß genug seien. „Es gibt Studien aus Bayern und Rheinland-Pfalz, die sagen, dass eine Klinik unter 150 Betten keine Überlebenschance hat. Sie planen in Herrenberg nun ein 100-Betten-Haus.“ Eine einzelne Klinik in der Größe könne, so Bernhard, nicht überleben: „Das ist richtig. Aber im Verbund passt das. Auch das Sozialministerium hat uns signalisiert, dass wir mit dieser Konzeption auf dem richtigen Weg sind.“ Unterstützung erhielt er von zwei Chefärzten der Herrenberger Klinik. Einer, Michael Jugenheimer, Chefarzt der Chirurgie Anästhesie und Ärztlicher Direktor des Hauses, sagte, dass es nicht auf die Zahl der Betten, sondern auf die Arbeit in der Klinik ankomme.