Hätte das eigentlich auch Auswirkung auf die Wahl der Standorte in Herrenberg?
Für uns würde dies bedeuten, wir könnten die geplante Sendeanlage an der B 28, die zurzeit etwa 200 Meter von Kayh und Mönchberg entfernt errichtet werden soll, locker 400 Meter weiter weg platzieren. Die Strahlenbelastung könnte für alle noch mehr reduziert werden. Und die Landschaft würde nicht an so prominenter Stelle durch einen weiteren 45 Meter hohen Turm verschandelt.
Dabei scheint Herrenberg doch schon vergleichsweise aktiv zu sein.
Dass Städte wie Herrenberg überhaupt steuernd eingreifen können, ist anderen mutigen Kommunen zu verdanken, die die entsprechenden Gerichtsurteile zur Zulässigkeit von kommunalen Mobilfunkvorsorgekonzepten erstritten haben. Ich halte es tatsächlich für sinnvoll, die offenen Fragen zur Versorgungsdichte notfalls gerichtlich klären zu lassen, sollten die Betreiber das genannte Vorgehen nicht akzeptieren.
Das Konzept der Versorgung von außerhalb funktioniert bei kleinen Wohngebieten und Dörfern, siehe Kayh und Mönchberg. Nicht aber in dicht besiedelten Gebieten oder großen Städten.
Klar ist, dass eine Großstadt wie beispielsweise Stuttgart natürlich anders vorgehen muss als etwa Herrenberg. Grüne und SÖS/Linke haben dazu im Gemeinderat vor kurzem auch Haushaltsanträge eingebracht, die vom Grundsatz her vom Umwelt- und Verkehrsministerium des Landes unterstützt werden. Darin geht es um genau diese Punkte – eine Stärkung der kommunalen Handlungsspielräume und Strahlenschutz durch Standortoptimierung. Das heißt, man erstellt ein Strahlenkataster, fängt bei den besonders kritischen Standorten mit extrem hohen Immissionen an und überlegt, ob und wie man hier durch Veränderungen minimieren kann oder ob man einen Standort auch gegebenenfalls mal verlegen muss. Klar ist, dass man nicht nur im Auge behält, wie man die Strahlung minimiert, sondern auch, wie man die Versorgungsqualität beibehält oder verbessern kann. Was sich Herrenberg leisten kann, sollte auch für die Stadt Stuttgart kein Problem darstellen.
Wie könnte dann eine beispielhafte Prävention aussehen?
Unsere Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation Diagnose Funk fordert völlig neue Konzepte, vor allem für verdichtete Siedlungsräume. Wir brauchen kein Dutzend parallel betriebener Mobilfunknetze. Das erhöht auch den Stromverbrauch unnötigerweise. Minimierung durch Vergleichmäßigung heißt das Motto, mit anderen Worten: weg von den stark strahlenden Makrozellen hin zu Kleinzellenstrukturen mit geringster Sendeleistung. Nur auf diese Weise können wir ein und dieselbe Frequenz – ein knappes Gut – vielfältig nutzen, ohne dass dabei Störungen auftreten. Und dann muss die Versorgung von Innenräumen konsequent von der Versorgung außerhalb von Gebäuden getrennt werden, vielleicht auch das Senden und Empfangen – das sind die wichtigsten Ansätze.
Klingt nicht, als wäre das schnell möglich.
Sicherlich nicht sofort. Aber noch mehr Bestrahlung durch weitere Netze und immer mehr Makrosender können wir uns nicht leisten. Darum lautet der Vorschlag der Initiative Diagnose Funk: Wie wäre es, wenn beispielsweise die Stadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg in einem so dicht besiedelten Stadtteil wie dem Stuttgarter Westen ein Pilotprojekt initiieren. Stadt, Betreiber, Hochschulen, Umwelt- und Verbraucherschützer und das Verkehrs-, Umwelt- und Wirtschaftsministerium sollen an einen Tisch sitzen. Das könnte uns Innovationen, neue Produkte, zukunftsfähige Versorgungssysteme und eine höhere Qualität bei niedrigerer Belastung bringen. Die technischen Voraussetzungen sind vorhanden.