Die meisten Parteien im Gemeinderat sprechen sich dafür aus, die Wirtschaftsförderung zu verbessern. Sie sehen bei der Ansiedlung von Betrieben einen Nachholbedarf.

Herrenberg - Viele Kommunalpolitiker haben derzeit einen randvollen Terminkalender. Neben dem Wahlkampf für die Landtagswahl stehen in Herrenberg eine Menge Fraktionssitzungen an. Der Haushalt soll am 22. März verabschiedet werden. Die Parteien mahnen dabei vor allem eines an: eine verstärkte Ansiedlung

 

von Betrieben. Nun jedoch soll der Gewerbesteuersatz angehoben werden. Nicht wenige in den Fraktionen meinen, dass dies Betriebe abschrecken könnte, in die Gäustadt zu ziehen. Sie wollen der Erhöhung offenbar dennoch mehrheitlich zustimmen. Schließlich sollen dadurch 670 000 Euro mehr in die Kasse kommen. Es gilt nämlich, ein knapp vier Millionen Euro großes Loch im 78-Millionen-Euro-Etat zu stopfen. Nach Auffassung besonders der CDU, der Freien Wähler und der SPD könnte mehr Gewerbesteuer eingenommen werden – wenn mehr Wirtschaftsförderung betrieben würde.

Heftige Kritik kommt auch vom Fraktionsvorsitzenden der Freien Wähler, Thomas Deines. „Wirtschaftsförderung steht bei uns in Gänsefüßchen“, sagt er, „wir haben niemanden, der sich der Aufgabe voll und ganz widmet.“ Peter Wilke ist damit betraut, doch muss er sich als Amtsleiter für Kultur und Wirtschaftsförderung noch um eine Menge anderer Dinge kümmern. 3,5 Stellen stehen ihm in seinem Amt zur Verfügung, seine Position inklusive.

Eine halber Arbeitstag für die Wirtschaftsförderung

Peter Wilke schätzt, dass bei ihm höchstens ein halber Arbeitstag für die Wirtschaftsförderung und die Ansiedlung von Betrieben angesetzt werden könne. Aber weder dafür, noch für das Stadtmarketing – ebenfalls eine Aufgabe von ihm – hat er wohl genügend Zeit. Dabei könnte er beim Citymanagement Aktionen anregen und die Händler in der Innenstadt unterstützen, auf einheitliche Öffnungszeiten hinwirken, für leer stehende Läden neue Inhaber finden und sich um einen besseren Branchenmix kümmern. Doch sind er und seine Mitarbeiter zudem für den Internetauftritt der Stadt zuständig, für die Tourismusförderung, die Organisation der Wochen-, Pferde- und Weihnachtsmärkte sowie für die Städtepartnerschaften. Auch für die Vorbereitung von Kulturveranstaltungen wie das jährlich stattfindende Festival Sommerfarben ist Wilke verantwortlich. Freilich könne er Unterstützung gut brauchen, doch sei dies eine politische Frage.

„Wir brauchen eine gezielte Firmenansiedlung“, unterstreicht Hermann Horrer. Der CDU-Fraktionsvorsitzende spricht Klartext: „Da sind wir in Herrenberg schlecht, wir müssen mehr Einsatz bringen.“ Auch Bodo Philipsen sieht da dringenden Bedarf angesichts der zahlreichen Brachflächen in der Stadt, die vermarktet werden müssten. Der SPD-Fraktionschef kann sich auch vorstellen, ein externes Büro damit zu beauftragen. Für „Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Genießen“ soll es seiner Meinung nach ein Konzept für die gesamte Stadt geben.

Wie viel Einzelhandel braucht Herrenberg?

Wohn- und Geschäftshäuser sollen auf dem einstigen BayWa-, dem Seeländer- und dem ehemaligen Stadtbibliotheksgelände sowie auf dem Areal des alten Freibads gebaut werden, größtenteils gehören die insgesamt 4,1 Hektar bereits der Stadt. Für das Seeländer-Areal etwa steht ein Investor bereit, für das ehemalige Gelände des Groß- und Einzelhändlers BayWa, der den Herrenberger Standort aufgegeben hat, befinden sich die Planungen noch im Anfangsstadium. „Investitionen wie in das BayWa-Areal dürfen nicht als totes Kapital liegen bleiben“, fordert Philipsen.

„Das Personal aufzustocken wird am Geld scheitern“, zeigt sich Wilhelm Bührer (FDP) dagegen doch eher skeptisch. Und Eva Schäfer-Weber, die Fraktionsvorsitzende der Frauenliste, bezweifelt, dass man mit mehr Wirtschaftsförderung und einem City-Manager wirklich besser vorankomme. Hinterfragt werden müsse erst einmal, wie viel Einzelhandel Herrenberg überhaupt brauche angesichts der Konkurrenz im weiteren Umfeld der Stadt.

Gewerbesteuersatz soll erhöht werden

Den Hebesatz der Gewerbesteuer um 20 Prozentpunkte auf 380 zu erhöhen, sieht der FDP-Mann Bührer kritisch. „Die Anpassung kann kein Allheilmittel sein“, sagt er. Zudem laufe man Gefahr, dass Betriebe abwanderten. „Mit diesem Satz befinden wir uns am oberen Ende im Landkreis“, stellt Deines fest, in seiner Fraktion würden deshalb nicht alle für die Erhöhung stimmen. Während die SPD die Gewerbesteuereinnahmen „auf eine nachhaltig bessere Grundlage stellen“ möchte und auch die Grünen für eine Anhebung stimmen, werde die CDU dafür „zähneknirschend“ ihr Plazet geben, erklärt Horrer. „Weil die Stadt ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat“ und die Ansiedlung von Betrieben „nicht von alleine“ geschehe, fügt er hinzu.