Nach langer Krankheit fasst ein Mann auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß, auch dank der Firma LGI. Diese wird dafür ausgezeichnet.

Herrenberg - Waren verpacken ist der kleinste Teil von Gerald Strittmatters Arbeit. Der Fachlagerist macht am Herrenberger Standort des Unternehmens LGI Pakete vor allem für Kunden in Süddeutschland und der Schweiz fertig. Schnelligkeit ist dabei gefragt, aber auch Präzision. Wohin muss das Paket? Welche Teile gehören hinein? Diese Informationen ruft der Verpackungsexperte auf einem Bildschirm an seinem Arbeitsplatz ab. Auch ein Logistiker braucht heute detaillierte Computerkenntnisse.

 

Gerald Strittmatter erledigt seinen Job sehr routiniert. An einen Kunden in der Schweiz gehen Elektroteile. Der 34-Jährige legt die Waren in einen Karton, polstert diesen mit Füllfolie aus. Dann wird das Päckchen verklebt. Strittmatter druckt den Adressaufkleber aus. Der kommt auf den Karton, dazu der Hinweis „Export“. Fertig. Ruhig, aber zügig arbeitet der Logistiker seine Auftragsliste ab. Nichts deutet darauf hin, dass er jahrelang arbeitslos war, sich keinen Job zutraute. Offen spricht der Mann, der täglich von seinem Heimatort Nagold zum Logistikunternehmen nach Herrenberg-Gültstein pendelt, über die vergangenen schwierigen Jahre.

Lange Jahre der Arbeitslosigkeit

Eine Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur musste er im zweiten Lehrjahr wegen einer psychischen Erkrankung abbrechen. Lange habe er sich danach nicht zugetraut, jemals wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Der Einstieg gelang ihm über ein Praktikum in einer Behindertenwerkstatt der Gemeinnützigen Werk- und Wohnstätten (GWW). Dies führte zu einer Ausbildung im Bereich Logistik – ebenfalls bei den GWW. Doch Gerald Strittmatter wollte mehr.

„Er hatte den unbedingten Willen, aus der GWW-Werkstatt heraus zu kommen“, berichtet Monika Fall. Sie arbeitet bei der Firma 1a Zugang, einem Tochterunternehmen der GWW. Als Jobcoach ist es ihr Ziel, Menschen auf ihrem Weg in den ersten Arbeitsmarkt zu begleiten. Gerald Strittmatter ist dies gelungen. Seit einem Jahr hat er einen Vertrag bei LGI.

Einer der besten in der Berufsschule

Finanziell wäre das nicht notwendig gewesen. „Ich habe in der GWW-Werkstatt zu meinem Lohn auch eine Rente erhalten“, sagt er. Doch Strittmatter will von seiner Hände Arbeit leben. Deshalb absolvierte er ein Praktikum bei LGI, machte den Gabelstaplerschein. Auch das hatte er sich anfangs nicht zugetraut. Heute kurvt er souverän mit dem Gablestapler durch die Hallen. Bei LGI sah man die Fähigkeiten des jungen Mannes, ermunterte ihn, ins dritte Lehrjahr einzusteigen. Den Abschluss machte er vor einem Jahr – mit sehr guten Ergebnissen. „In der Berufsschule war ich einer der besten“, sagt er stolz. Gerne komme er jeden Tag zur Arbeit. „Das Betriebsklima ist gut. Und ich bin zufrieden, dass ich meine Arbeit schaffe.“

Die Kooperation zwischen dem Unternehmen LGI und der GWW gibt es schon lange. „Seit 20 Jahren arbeiten wir zusammen“, sagt der LGI-Pressesprecher Holger Kirsch. So gibt es immer wieder GWW-Außenarbeitsplätze am Böblinger und Herrenbeger Standort der LGI. „Wir haben seit fast 20 Jahren einen GWW-Mitarbeiter im Team“,, erzählt der Betriebsratsvorsitzende Swarow Jawara. „Der gehört richtig zu uns. Viele wissen nicht einmal, dass er einen GWW-Vertrag hat.“

Zurzeit schult LGI Menschen mit Behinderung für ein innovatives Projekt. „Pakadoo“ heißt es, ein Päckchenannahmedienst für Mitarbeiter von Firmen. Die LGI, die diese Dienstleistung für ihre Kunden im Angebot hat, bildet GWW-Leute dafür aus. Doch auch die LGI profitiere von der Kooperation, sagt die GWW-Geschäftsführerin Andrea Stratmann. So schulen LGI-Auszubildende bei einem Praktikum bei der GWW ihre Sozialkompetenz.

Für dieses Engagement wurde LGI kürzlich mit dem neu geschaffenen Campus-Mensch-Preis ausgezeichnet. Der Preis würdigt damit die Zusammenarbeit mit den Sozialunternehmen.