Der erste von zwei Geschäftsführern der EN Storage sitzt auf der Anklagebank. Er soll Anleger um mehr als 90 Millionen Euro betrogen haben.

Herrenberg - Die Liste der Enttäuschten reicht von A wie Abele bis Z wie Zuber. Fast 5000 Namen stehen in der Anklageschrift. Sie alle haben dem Mann auf der Anklagebank ihr Geld anvertraut, in der Hoffnung auf bis zu zehn Prozent Zins. Insgesamt sind mehr als 90 Millionen Euro im Ausland verschwunden, spurlos.

 

Am Dienstag hat vor dem Landgericht Stuttgart der Betrugsprozess gegen Edvin Novalic begonnen, den ersten von zwei Geschäftsführern der einst in Herrenberg ansässigen Skandalfirma EN Storage. Novalic hat bisher wenig mehr ausgesagt als sein Geburtsdatum und seine Adresse. Seinen 40. Geburtstag wird er nächste Woche in Untersuchungshaft feiern. Bis zu deren Beginn lebte er mit seiner Familie in einer beschaulichen Gemeinde nahe Böblingen. Dies nicht so, wie es landläufig von einem Multimillionär erwartet wird. Sein Haus unterscheidet sich von dem der Nachbarn nur dadurch, dass die Vornamen der Bewohner am Zaun zu lesen sind, in handbreiten Buchstaben aus goldfarbenem Metall.

Statt Datenspeicher vermietete die Firma Müllcontainer

Der erste Prozesstag war für das Verlesen der Anklageschrift reserviert. Hätten nicht alle Parteien einer Abkürzung zugestimmt, hätte der Staatsanwalt alle 5000 Namen samt Adressen vorlesen müssen. „Alle Angaben waren falsch.“ So ist es in der Anklageschrift vermerkt. Gemeint sind die Angaben zu den Geschäften von EN Storage. Die Betonung liegt auf alle. In ihrer letzten Bilanz hatte die Firma einen Umsatz von 55 Millionen Euro ausgewiesen. Tatsächlich setzte sie – das Anlegergeld abgerechnet – rund 100 000 Euro um. Um den Schein zu wahren, verbuchten die Geschäftsführer Umsätze mit Tochtergesellschaften im Ausland, die aus wenig mehr als einer Postadresse und einem Briefkasten bestanden. Angeblich vermietete das Unternehmen Datenspeicher an Konzerne. Tatsächlich vermietete es Müllcontainer an einen Drogeriemarkt.

Für den zweiten Prozesstag, den 11. Juni, hat die Verteidigerin Ulrike Paul angekündigt, dass Novalic eine Aussage machen werde. Seine Erklärung dürfte auf großes Publikumsinteresse stoßen. Zumindest reichten am Dienstag die Sitzplätze im Gerichtssaal nicht für alle Zuhörer.