Traditionsreiche, kleine Produzenten von klassischem Holzspielzeug behaupten sich in ihrer Nische gegen die Übermacht der Konzerne – wie ein Besuch bei vier Ausstellern aus Baden-Württemberg auf der Nürnberger Spielwarenmesse zeigt.

Nürnberg - Bei Elke und Sven Grimm stimmt sogar das kleinste Detail: Die beiden Ehe- und Geschäftspartner tragen an ihrem Stand auf der Spielwarenmesse in Nürnberg Namensschilder aus Holz. Aus dem gleichen Material gefertigt und bunt gefärbt sind die kleinen Figuren, Klötzchen, Fahrzeuge, Stecktürme und Rasseln um sie herum. Der Klassiker des 1978 gegründeten Unternehmens aus Hochdorf (Landkreis Esslingen) ist ein Regenbogen, den es in sechs- oder zwölffarbigen Varianten gibt. Elke Grimm, Mutter von drei Mädchen und kreativer Kopf der Holzmanufaktur mit 50 Mitarbeitern, erklärt die Firmenphilosophie: „Wir stehen für freies Spielen, wie wir es aus unserer Kindheit kennen.“

 

Die Grimms, nach denen der Betrieb mittlerweile auch benannt ist, sind vor zwölf Jahren eher zufällig zu Spielwarenunternehmern geworden, erinnert sich Sven Grimm: Beide hatten viele Jahre im Vertrieb und Marketing von IT-Konzernen gearbeitet und wollten sich damals selbstständig machen. Auf eine spezielle Branche hatten sie sich dabei nicht festgelegt. Dann stießen sie auf den Holzspielwarenhersteller, der auf Nachfolgersuche war: „Das Produkt hat uns schließlich überzeugt“, sagt der 57-jährige Elektroingenieur.

Marktanteil liegt zwischen drei und fünf Prozent

Der Gang in die Nische war nicht ohne Risiko: Der Markt ist klein – der Anteil von Holzspielzeug in der Branche liegt lediglich zwischen drei und fünf Prozent, schätzen Experten.

Dass sie den Umsatz seit ihrem Einstieg auf rund sieben Millionen Euro etwa versiebenfacht hat, führt er neben dem intensivierten Marketing vor allem auf zwei Entwicklungen zurück: den Trend zu nachhaltigem und schadstofffreiem Spielzeug und das Aufkommen der sozialen Medien. Kunden, die ihre eigenen Kreationen auf Plattformen wie Instagram oder Pinterest teilen, bringen Elke Grimm oft auf Ideen für Neuentwicklungen. Ausgangspunkt für Basteleien sei häufig der Regenbogen. Mittels kleiner Holzbrettchen, Klötzchen oder Figuren lässt sich dieser in Kugelbahnen, Labyrinthe, Puppenhäuser und andere Bauwerke verwandeln.

Nic ist durch die Übernahme anderer Marken gewachsen

Nicht nur beim Umsatz, sondern auch um eine Reihe von Marken ist der Laupheimer Spielwarenhersteller Nic in den vergangenen 15 Jahren gewachsen, erklärt Geschäftsführer Gerold Hertenberger. Sein Vater Josef hat das Unternehmen 1991 gegründet, damals mit den Schwerpunkten Schaukelpferde, Holzautos und Kugelbahnen. Zwischen 2003 und 2011 wurden die Marken Bodo Hennig (Puppenstuben), Walter (Babyprodukte) und Glückskäfer (Küchen, Accessoires und Sandformen) integriert. Heute liegt der Umsatz von Nic, das etwa 25 Mitarbeiter am Stammsitz und weitere 25 in der Slowakei beschäftigt, bei rund 3,5 Millionen Euro.

Natürlich wäre die Produktion in Asien günstiger, räumt der 43-Jährige ein. Doch das ginge zulasten des Images und der Qualität: „Wir machen Handarbeit, keine Massenfertigung“, sagt Hertenberger. Sorgen bereitet ihm die Situation des Fachhandels, seinem wichtigsten Vertriebsweg. Bei der Auswahl von Online-Partnern ist er vorsichtig, um die Preise nicht kaputt zu machen. „Holzspielzeug ist gerade leider kein Lifestyleprodukt“, bedauert er. Für eine Kaffeemaschine oder ein Smartphone würden Kunden schnell hohe dreistellige oder vierstellige Beträge ausgeben, bei einem Holzauto für 100 oder einem Schaukelpferd für 200 Euro überlegten sie dagegen länger. Der Unternehmer ist daher auch bemüht, seinen Umsatz konstant zu halten.

Wolfgang Schühle spricht nicht gerne über die Zahlen, dennoch dürfte die Margarethe Ostheimer GmbH aus Zell unter Aichelberg (Landkreis Göppingen) der „Größte“ unter den reinen Herstellern von Holzfiguren sein. Rund eine Million biblische Figuren aus Ahorn, Esche oder Erlenholz für Krippen und Archen sowie Tiere vom Bauernhof, aus dem Wald und aus dem Zoo produziert das Traditionsunternehmen pro Jahr – ausschließlich in Deutschland, darauf legt der 60-jährige Geschäftsführer großen Wert. Bei Ostheimer selbst arbeiten etwa 60 Beschäftigte, rund 140 weitere sind in Heimarbeit oder bei Partnerbetrieben in der Region an der Produktion beteiligt.

Margarete Ostheimer hat das Unternehmen 1967 gegründet

Die frühere Waldorflehrerin Margarete Ostheimer (88), die heute in einem Seniorenheim in Stuttgart lebt, hat das Unternehmen vor gut 50 Jahren gegründet. Schon ihre Eltern Adeline und Walter stellten Holzspielzeug her.

Seine ursprünglich anthroposophischen Wurzeln hält das Unternehmen heute noch hoch. „Unsere Figuren sind auf das Wesentliche reduziert, um den Kindern zu ermöglichen, sie frei zu interpretieren“, sagt Wolfgang Schühle.

Den pädagogischen Ansatz verfolgt seit mittlerweile 71 Jahren auch die Christof Beck Spielwaren GmbH aus Hülben (Landkreis Reutlingen). „Kinder werden durch Holzspielzeug angeregt, ihre Vorstellungskraft und Fantasie auszuleben und sich ihre eigene Spielewelt aufzubauen“, sagt Verena Benner, die Enkelin des Firmengründers. Das Unternehmen beschäftigt 16 Mitarbeiter, darunter drei Schreiner. „Die ganze Familie schafft mit: Onkel, Tante, Papa, Mama und ich“, sagt Benner.

Den größten Teil seines Umsatzes mit Figuren, Kugelbahnen, Kreiseln, Bauklötzen und Fahrzeugen erwirtschafte Beck in Asien. Vor allem in Japan habe man mehrere Großkunden. Ein Auftrag für 400 Kugelbahnen für das Weihnachtsgeschäft könne den kleinen Familienbetrieb schon an seine Kapazitätsgrenzen bringen, sagt die gelernte Reiseverkehrskauffrau, die das Lebenswerk ihres Großvaters fortsetzt.