Mit drei Toren innerhalb von acht Minuten stellte der VfB gegen Hertha BSC Berlin die Weichen auf Sieg. Am Ende stand ein verdienter 5:0-Erfolg.

Stuttgart - Im Duell zweier unter der Woche aus dem DFB-Pokal ausgeschiedenen Mannschaften behielt der VfB Stuttgart vor 45.000 Zuschauern in der Mercedes-Benz-Arena klar die Oberhand. Nach einer überzeugenden Vorstellung siegte der VfB gegen Hertha BSC Berlin mit 5:0 (4:0) und feierte damit den ersten Sieg seit dem 2:1 gegen den FC Augsburg im November. Nach einer Roten Karte gegen Andreas Ottl spielten die Gäste dabei eine Stunde lang in Unterzahl.

 

Spielverlauf: Der VfB Stuttgart ging mit einer im Vergleich zum 2:2 bei Bayer 04 Leverkusen leicht veränderten Startformation ins Spiel gegen den Aufsteiger. Für den Rot-gesperrten Cristian Molinaro feierte der Japaner Gotoku Sakai seine Bundesliga-Premiere für die Schwaben. Außerdem kehrten die in der Vorwoche nur eingewechselten Martin Harnik und Tamas Hajnal in die Startelf zurück.

Die erste Chance für die Hausherren hatte Winter-Neuzugang Vedad Ibisevic. Im Fallen bekam er aber nicht mehr genügend Druck hinter den Ball, sodass Hertha-Schlussmann Thomas Kraft keine Probleme hatte (2. Spielminute). Danach spielte der VfB bis zum Strafraum gefällig, der finale Pass war aber oft zu ungenau. Nach einem Abpraller traf Christian Gentner den Ball nicht richtig. Das Spielgerät flog aber zu Harnik, der es per Seitfallzieher probierte, doch auch nicht richtig an den Ball kam (16.). Die Stuttgarter versuchten es danach immer wieder mit Flanken. Diese kamen jedoch sowohl von der rechten als auch von der linken Seite zu ungenau.

Drei Tore in acht Minuten

Was dann kam, waren acht Minuten, die es in sich hatten, und die zuletzt arg gebeutelten VfB-Fans so wohl länger schon nicht mehr gesehen haben. Den Auftakt machte Ibisevic. Nach einem Freistoß von Hajnal und darauffolgendem Kopfball von Georg Niedermeier flog der Ball in den Fünfmeterraum. Dort zog der in der Luft liegende Bosnier sein Bein voll durch und brachte den VfB mit 1:0 in Führung (25.).  Michael Preetz und Michael Skibbe protestierten danach, wohl wegen gefährlichen Spiels, doch der Treffer zählte. Nur drei Minuten nach seinem ersten Treffer für seinen neuen Arbeitgeber stand der Ex-Hoffenheimer Ibisevic wieder im Mittelpunkt. Er leitete mit einem schönen Pass in die Nahtstelle der Berliner Abwehr das 2:0 ein. Denn der eingelaufene Harnik schob den Ball mit rechts locker ein (28.).

Danach schwächten sich die Gäste selbst. Andreas Ottl trat im Mittelfeld Hajnal von hinten mit gestrecktem Bein um. Ein sehr hartes Einsteigen, für das der ehemalige Bayern-Spieler die Rote Karte sah (30.). Und der VfB-Express war weiter am Rollen. Khalid Boulahrouz flankte von der rechten Seite in die Mitte. Dort sprang der 1,74 Meter große Shinji Okazaki höher als Alfredo Morales und erhöhte per Kopf auf 3:0 (32.).

Schöner von Treffer Harnik

Doch die Stuttgarter hatten scheinbar noch nicht genug und machten weiter Druck. Nach einem Einwurf ließ Ibisevic den Ball zu Harnik durch. Der drosch den aufspringenden Ball aus relativ spitzem Winkel von der rechten Strafraumgrenze herrlich ins lange Eck (41.). Während Berlins Torhüter Kraft ob dieser Leistung seiner Mannschaft nur den Kopf schütteln konnte, kamen die Stuttgarter alle zum kollektiven Torjubel gelaufen. Nicht nur diese Szene zeigte das neu gewonnene Selbstvertrauen und auch den Teamgeist, der schon nach dem Spiel in Leverkusen beschworen wurde.

Kurz vor Ende der ersten Hälfte, in der VfB-Schlussmann Sven Ulreich beschäftigungslos war, hatte Hajnal sogar das 5:0 auf dem Fuß. Doch der Ungar wollte den Ball im Strafraum wohl in den Winkel schlenzen, verfehlte aber das Tor dann deutlich (45.).

VfB auch nach der Pause hungrig

Im zweiten Spielabschnitt zeigten die Schwaben, dass sie da anknüpfen wollten, wo sie nach den ersten 45 Minuten aufgehört hatten. Zunächst prüfte Sakai Kraft (51.). Dann spielte Tasci einen schönen Pass in die Tiefe, den Harnik aber nicht richtig unter Kontrolle bekam, und sich so einer weiteren guten Chance beraubte (57.). Doch nur eine Zeigerumdrehung später war er zur Stelle. Nach einer Flanke von Gentner mit links lauerte Harnik am langen Pfosten und bugsierte das Leder - bedrängt von Levan Kobiashvili - zum 5:0 in die Maschen (58.).

Nach einer schönen Kombination - begleitet von "Oh wie ist das schön"-Gesängen von den Rängen - scheiterte Okazaki am gut reagierenden Kraft (65.). Danach dominierten die Hausherren im Gefühl des sicheren Sieges zwar weiter die Partie, ohne aber mit der letzten Konsequenz zu Werke zu gehen. Während Harnik sich bei seiner Auswechslung seinen Sonderapplaus abgeholt hatte, ließen seine Kollegen Ball und Gegner laufen, wollten es aber das ein oder andere Mal zu elegant machen. Ibisevic kam in der Mitte der Strafraumgrenze an den Ball, schoss ihn aber ebenso mittig auf das Hertha-Tor, sodass Kraft ihn halten konnte (76.). Auch fünf Minuten später kam er nach einem Pass des eingewechselten Cacau im Strafraum an den Ball, schloss aber zu ungenau ab (81.).

Die Stuttgarter Fans stimmten immer wieder Gesänge wie "Oh wie ist das schön, sowas hat man lange nicht geseh'n" an. Denn nach zuletzt nur zwei Punkten aus sieben Spielen war es der lang erste Befreiungsschlag - und was für einer. Am Ende blieb es beim verdienten 5:0-Erfolg gegen schwache Berliner, die zwar in den ersten 20 Minuten mithielten, sich über 90 Minuten aber keine klare Torchance herausspielten und damit 2012 unter dem neuen Trainer Michael Skibbe weiter punktlos bleiben.

Entscheidende Szene: Die Stuttgarter machten mit ihrem Willen, Tore zu schießen, innerhalb von acht Minuten alles klar. Dazu kam die aus Berliner Sicht völlig unnötige Rote Karte von Andreas Ottl. Beim 1:0 durch Vedad Ibisevic hätten sich die Schwaben aber wohl nicht beschweren können, wenn Schiedsrichter Aytekin auf gefährliches Spiel entschieden hätte. Zwar kam Hertha-Torhüter Kraft zu spät, doch Ibisevic zog das Bein auf Kopfhöhe des Berliner Schlussmans voll durch. Wohl auch deshalb ging Christian Gentners prüfender Blick vor dem Jubel erst einmal zum Schiedsrichter - der ließ den Treffer aber zählen. Nichtsdestotrotz agierten die Stuttgarter auch in der Folge gefällig und spielten die folgenden Tore zum Teil blitzsauber heraus.

Kommentar: Mit einer starken und überzeugenden Leistung haben sich die Stuttgarter den Frust von der Seele geschossen. Dabei präsentierten sich die Gäste allerdings auch erschreckend schwach und ergaben sich spätestens nach der Roten Karte gegen Ottl ihrem Schicksal. Dem VfB muss man dagegen attestieren, dass er auch nach der scheinbar beruhigenden Führung nicht nachließ, sondern weiter nach vorne spielte und das Gefühl vermittelte, weiter Tore schießen zu wollen. Erst Mitte der zweiten Halbzeit ließ die Konsequenz etwas nach. Alles in allem ein völlig verdienter Sieg - der erste in der Bundesliga seit November. Er scheint den sichtbar erleichterten Stuttgartern wieder Selbstvertrauen gegeben zu haben. Das gilt es mit in die nächsten Spiele zu nehmen.

VfB Stuttgart: Ulreich - Boulahrouz (83. Kuzmanovic), Tasci, Niedermeier, Sakai - Kvist, Gentner (66. Schieber) - Harnik (73. Cacau), Hajnal, Okazaki - Ibisevic.

Hertha BSC Berlin: Kraft - Morales (46. Janker), Hubnik, Mijatovic, Kobiashvili - Ottl, Niemeyer - Ebert, Raffael, Bastians - Lasogga (69. Djuricin).

Schiedsrichter: Deniz Aytekin (Oberasbach).

Tore: 1:0 (25.) Ibisevic, 2:0 (28.) Harnik, 3:0 (32.) Okazaki, 4:0 Harnik (41.), 5:0 (58.) Harnik.

Zuschauer: 45.000.