Das Regierungspräsidium Freiburg kritisiert in der Affäre um die Herzzentren Konstanz und Kreuzlingen und nicht zugelassene Herzklappen ein „Wirrwar an Zuständigkeiten“. Die Behörde aber selbst steht in der Kritik, da sie seit 2009 Informationen über die Herzklappen Bescheid wusste, aber untätig blieb.

Konstanz - Der Auseinandersetzung der Behörden um die Aufsichtspflicht am Herzzentrum Konstanz und Kreuzlingen und die Verwendung von nicht zugelassenen Herzklappen nimmt an Schärfe zu. Das baden-württembergische Sozialministerium sieht „die Kontrolle der Leistungsfähigkeit“ der Klinik als Sache der AOK an. Die Kasse hatte mit dem privaten Herzzentrum 2003 einen Versorgungsvertrag geschlossen.

 

Die Konstanzer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen Chefarzt und Klinikverantwortliche, weil mindestens 47 Patienten eine nicht zugelassene Herzklappe eingepflanzt worden ist. Auch prüfen die Ermittler den Fall zweier Ärzte, die ohne Approbation gearbeitet haben und gehen dem Verdacht auf Sozialabgabenbetrug nach. Ärzte und Pfleger aus der Schweiz sollen in Konstanz jahrelang gearbeitet haben, ohne dass für sie Sozialabgaben bezahlt wurden. Die AOK verweist dagegen darauf, dass das Ministerium prüfen müsse, ob das Zentrum allen Anforderungen gerecht werde.

Es gibt weitere Vorwürfe gegen die beiden Kliniken. Dabei geht es um Leichenschmuggel, gefälschte Arztbriefe, schlecht besetzte Notdienste und möglicherweise unerlaubte In-sich-Geschäfte mit Medizinprodukten in Millionenhöhe, die die Klinikverantwortlichen über eine eigene Briefkastenfirma im Kanton Zug zu Lasten der Krankenkassen und des deutschen Steuerzahlers betrieben haben sollen. Die Staatsanwaltschaft sieht aber für weitere Ermittlungen keinen Anfangsverdacht. Die Klinikverantwortlichen streiten die Vorwürfe im wesentlichen ab.

Regierungspräsidium Freiburg will nicht verantwortlich sein

Die Stuttgarter Zeitung und der SWR hatten öffentlich gemacht, dass das Regierungspräsidium Freiburg schon 2009 Informationen über nicht zugelassene Herzklappen aus Tschechien erhalten hatte, aber jahrelang untätig geblieben war. Die Behörde hatte die Klinik schriftlich aufgefordert, die Klappen nicht mehr einzubauen und sich eine Genehmigung zu besorgen, was aber nicht passiert war. Die Behörde gibt an, sie sei nur dann für eine Genehmigung zuständig, wenn die Klappen aus einem Nicht-EU-Land stammen.

Im Februar 2011 war eine anonyme Anzeige mit jenen Vorwürfen, die nun die Öffentlichkeit beschäftigen, erst nach dem Regierungswechsel zu Grün-Rot an das Regierungspräsidium Freiburg und die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden. Es dauerte bis Ende 2012, dass die Staatsanwaltschaft die Landespolizeidirektion mit Ermittlungen betraute. Erst am 5. Juni 2013 kam es zu einer Razzia.

Das Regierungspräsidium Freiburg beklagt ein Wirrwar an Zuständigkeiten. „Es ist sogar für uns schwer nachvollziehbar, wer was wo darf“, sagte ein Sprecher. Nachdem die Behörde jahrelang mit den Problemen zu tun hatte, erkennt sie nun eine „Regelungslücke“. Diese aber könne nur der Gesetzgeber schließen, der auch das Arzneimittelgesetz schaffe und kontrolliere.

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