Geliebte des Prinzen, Nebenbuhlerin, „The Rottweiler“, Königin: Camilla Parker Bowles hat die wahrscheinlich ungewöhnlichste Entwicklung aller Windsors hinter sich. Jetzt ist sie "Queen Consort".

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Dass Camilla als "Queen Consort" nun am Ziel ihrer Träume wäre, wäre wahrscheinlich übertrieben. Als Camilla Shand ein junges Mädchen war, träumte sie sicher nicht davon, einmal Königin zu sein. „Sie interessiert sich nicht für Rang oder Status. Sie ist ein sehr normaler, bodenständiger Mensch, der zufällig den Prinzen von Wales liebt“, sagt Gyles Brandreth, der Biograf des Paares. Jetzt liebt sie den König von Großbritannien. 

 

Den großen royalen Auftritt macht die Frau von King Charles III., wie ihr Ehemann nach dem Tod seiner Mutter jetzt heißt, notgedrungen mit, doch er ist ihr, so scheint es, immer noch ein bisschen unangenehm. Im Juli war Camilla, damals noch Herzogin von Cornwall, auf dem Cover des „Country Life“-Magazins. Das Titelporträt zeigte Camilla bei der Gartenarbeit im Park von Highgrove House, dem Landsitz des Prinzen von Wales. Sie trägt auf dem Foto, für das Herzogin Kate auf den Auslöser drückte, ein hellblaues, geblümtes Sommerkleid mit einem passenden Cardigan. Camilla lächelt, ihre bemerkenswert blauen Augen leuchten. Die Heckenschere hat sie offenbar gerade erst zur Seite gelegt. Das Bild, heißt es in der Zeitschrift, spiegele die „wahrhaftige Freude“ wider, „die das Landleben der Herzogin von Cornwall bringt“.

Im Gummistiefeln mit den Hunden unterwegs

Zu ihrem 70. Geburtstag vor fünf Jahren begleitete ein Filmteam die Herzogin. Die TV-Dokumentation zeigt eine unprätentiöse Camilla, die offenbar am allerliebsten auf dem Land in Gummistiefeln mit ihren Hunden durch die nassen Wiesen stapft. Die froh ist, wenn sie nach Auslandsreisen wieder zurück zu Hause im regnerischen Großbritannien ist. Eine Frau mit trockenem Humor, die mit ihrer Bodenständigkeit schnell einen Zugang zu den Menschen findet, denen sie begegnet. Etlichen Wohltätigkeitsorganisationen stand sie als Herzogin von Cornwall vor; sie engagiert sich für Frauen, die Opfer von sexueller und häuslicher Gewalt geworden sind, und für die Älteren in der Gesellschaft. Ihr Mann preist sie als „beste Zuhörerin der Welt“.

Charles und Camillas spätes Glück ist auch für Außenstehende spürbar: Charles nennt Camilla stets liebevoll „my darling wife“, wenn er über seine Ehefrau spricht. Dass Camilla heute diesen Status hat, ist seiner Beharrlichkeit zu verdanken. Viele Monarchen hatten Mätressen, aber kaum eine wurde schließlich Königin.

Eine Liebe seit über 50 Jahren

Charles und Camillas Liebe dauert, so bitter dies für Prinzessin Diana gewesen sein muss, schon über ein halbes Jahrhundert. Camilla Shand, höhere Tochter aus der britischen Oberschicht, lernte den britischen Thronfolger Anfang der 1970er Jahre kennen. Dass sie ihn mit den Worten angesprochen haben soll „Wissen Sie, Sir, meine Urgroßmutter war die Mätresse Ihres Ur-Urgroßvaters. Also, wie wär’s?“, ist vermutlich eine charmante, aber unwahre Geschichte. Aber wie sich King Edward VII. zu Camillas Vorfahrin Alice Keppel hingezogen fühlte, war auch Charles sofort verzückt von der selbstbewussten, burschikosen Blonden. Gyles Brandreth sagte in einem Interview, die Anziehungskraft zwischen den beiden sei „unmittelbar, gegenseitig und leidenschaftlich“ gewesen.

Doch aus der Liebelei wurde keine Ehe. 1973 heiratete Camilla den Offizier Andrew Parker Bowles, bekam mit ihm zwei Kinder, Tom und Laura. 1981 machte Prinz Charles die erst 20-jährige Diana Spencer zu seiner Frau. Irgendwann Mitte der 1980er Jahre nahmen Charles und Camilla ihre Beziehung wieder auf. Im innersten Zirkel des Prince of Wales wussten darüber alle Bescheid, aber die Öffentlichkeit war entsetzt, als sie davon erfuhr – durch die 1993 veröffentlichten Transkripte eines 1989 illegal abgehörten Telefonats der beiden, in dem der Prinz den Wunsch äußerte, sich in Camillas Tampon zu verwandeln. 1992 trennten sich Charles und Diana (die Scheidung kam erst vier Jahre später), 1995 ließ sich Camilla von Andrew Parker Bowles scheiden. Im selben Jahr war es Prinzessin Diana, die in ihrem berüchtigten BBC-Interview die Affäre ihres fast schon Ex-Mannes offiziell bestätigte: „Well, there were three of us in this marriage – so it was a little bit crowded.“ („Nun, wir waren zu dritt in dieser Ehe – deshalb war es ein bisschen überfüllt.“)

Charles bestand auf seiner Beziehung

Nachdem Diana 1997 bei einem tragischen Verkehrsunfall in Paris ums Leben gekommen war, war es für Charles und Camilla lange Zeit undenkbar, ihre Beziehung offiziell zu machen. Erst im Jahr 1999 kamen die beiden ganz offensiv zusammen zu einer Geburtstagsparty im Hotel Ritz und ließen sich fotografieren – Charles’ Zeichen an seine Mutter und die Strippenzieher im Palast: Camilla ist die Frau an meiner Seite und nicht verhandelbar. Als sich die beiden schließlich 2005 mit einer bescheidenen Zeremonie auf Schloss Windsor das Ja-Wort gaben, hatte sich nicht nur die Queen mit dem Arrangement versöhnt, sondern auch die meisten im Volk.

In den Jahren vor der Hochzeit jedoch war Camilla für die gnadenlose britische Regenbogenpresse ein Lieblingsopfer: „The Rottweiler“ war die häufigste Schmähung für die Partnerin des Thronfolgers, aber auch „Pferd“ oder „royale Schlaftablette“ musste Camilla schon über sich lesen.

„Es war nicht einfach“

In einem Interview mit der britischen „Vogue“ bekannte die Herzogin von Cornwall kürzlich, wie schwer die Zeit war, als sie und ihre Beziehung mit Charles dem Boulevard praktisch täglich einen Artikel wert waren:„Es war nicht einfach. Ich wurde so lange Zeit auf Schritt und Tritt beobachtet, dass man einen Weg finden musste, damit zu leben.“

Es ist vor allem der Vergleich zu einer beinahe zur Heiligen überhöhten Prinzessin Diana, gegen den Camilla ankämpfen muss. Lange gab es Diskussionen, ob die Herzogin von Cornwall „Queen Consort“ sein dürfe, wenn Charles König wird – oder ob das ein „Verrat“ wäre an Diana, „Königin der Herzen“. Queen Elizabeth II. machte dieser Debatte Anfang dieses Jahres ein Ende, als sie verfügte, nach ihrem Tod solle Camilla den Ehrentitel „Queen“ führen.

Beliebter als Meghan und Harry

Längst ist Camilla ein unverzichtbares Mitglied der „Firma“ geworden, wie die Windsors das Unternehmen Königshaus nennen. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov ergab, dass 40 Prozent der Briten Camilla inzwischen mögen. In der Beliebtheitsskala der Windsors rangiert sie auf den mittleren Plätzen, hinter ihrem Mann, William und Kate – aber immerhin vor Harry und Meghan.