Nach dem Vorstoß des Verkehrsministers fordern Bürgermeister und Regionalräte, auf den Dieselzug zu verzichten.
Calw - Eine dieselbetriebene Hermann-Hesse-Bahn dürfte der Vergangenheit angehören. Das jedenfalls vermuten die beiden Bürgermeister Thilo Schreiber (Weil der Stadt) und Wolfgang Faißt (Renningen). „Das haben wir aber von Anfang an gesagt“, erklärt Faißt.
Damit reagieren die beiden Rathauschefs auf eine Äußerung des Verkehrsministers Winfried Hermann (Grüne) vom Freitag. Weil sich die Planungen immer mehr verzögern, hatte der Minister selbst infrage gestellt, ob der Dieselzug noch sinnvoll ist. Spätestens im Jahr 2025 solle die Strecke zwischen Calw und Weil der Stadt nämlich elektrifiziert werden, hatte Hermann am Freitag bekannt gegeben. „Diesen Zeitraum bis 2025 sollten wir nun nutzen, um für alle die beste Lösung zu prüfen“, fordert der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt die Landesregierung und das Landratsamt Calw auf.
„Das war schon immer die Forderung unserer beiden Städte“
Und das sei eben die S-Bahn-Verlängerung, wie Faißt und sein Kollege Thilo Schreiber schon seit Langem sagen. „Das war schon immer die Forderung unserer beiden Städte: Entweder die Hermann-Hesse-Bahn nur bis Weil der Stadt oder die Verlängerung der S 6 bis Calw“, formulieren sie in einer Stellungnahme.
Die ursprünglichen Pläne des Calwer Landratsamts sehen vor, die Hesse-Bahn nicht in Weil der Stadt enden, sondern bis Renningen weiterfahren zu lassen. Weitreichende Störungen des S-Bahn-Netzes befürchten seitdem nicht nur die beiden Bürgermeister, sondern auch sämtliche Fraktionen im Regionalparlament des Verbands Region Stuttgart (VRS), der die S-Bahn betreibt.
„Mit der veralteten Dieselvariante hat der Verkehrsminister von Anfang auf das falsche Pferd gesetzt“, sagt daher auch Bernhard Maier, der verkehrspolitische Sprecher der Freien Wähler im Regionalparlament. „Damit hat er geholfen, dass die Calwer Millionen an Planungskosten verbrannt haben“, ist der frühere Böblinger Landrat überzeugt.
Jetzt müsse der Blick nach vorne gerichtet werden, fordern Maier und die beiden Bürgermeister und wollen damit die S-Bahn-Verlängerung oder auch einen Regionalexpress von Calw in den Stuttgarter Raum vorantreiben. „Nur wenn man aus den Erfahrungen der Vergangenheit mit unseligen Alleingängen lernt und alle Kräfte bündelt, können jetzt die Weichen für eine erfolgreiche und zeitgemäß Anbindung des Kreises Calw an den Ballungsraum gestellt werden“, sagt Bernhard Maier.
„Desasters namens Hesse-Bahn“
Sein SPD-Kollege aus dem VRS-Regionalparlament, Thomas Leipnitz, hatte sich, wie berichtet, schon am Freitag geäußert und das Ende des „Desasters namens Hesse-Bahn“ gefordert.
Hintergrund ist die Elektrifizierungsstrategie des Verkehrsministers. Damit hatte Winfried Hermann seinerseits auf den Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung reagiert. Eine „Elektrifizierung von 70 Prozent des Schienennetzes bis 2025“, versprechen die Koalitionäre darin und ein entsprechendes „umfassendes Förderprogramm“. Das Landratsamt Calw als Bauherr der Hermann-Hesse-Bahn will sich im Laufe der Woche zu den Einwürfen des Ministers äußern, sagt eine Sprecherin auf Nachfrage.