Roland Bernhard wagt sich aus der Deckung: Das Land solle eine verkürzte Bahn fördern.
Böblingen - Die Hermann-Hesse-Bahn als Dieselzug soll in Weil der Stadt enden. Das fordert der Böblinger Landrat Roland Bernhard in einem Brief an den Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), den er am Montag dem Verkehrsausschuss seines Kreistags präsentierte. In schwungvollen Buchstaben unterschrieb der Landrat den Brief und ergänzte handschriftlich an den Minister gerichtet: „Geben Sie sich einen Ruck!“
Es geht um die Förderung der Hesse-Bahn durch das Land. Das Landesverkehrsministerium hatte schon in Dezember 2014 zugesichert, etwa die Hälfte der 50 Millionen teuren Reaktivierung der Bahn zu übernehmen. Dies ist aber an enge Richtlinien gebunden. Ein Gutachten muss die Wirtschaftlichkeit der Bahn nachweisen – und dies ist nur der Fall, wenn die Hesse-Bahn zwischen Calw und Renningen pendelt. Endet sie schon in Weil der Stadt, würde sich die Bahn demnach nicht rechnen.
Hesse-Bahn sei ohnehin nur ein Zwischenschritt
Das macht aber nichts, findet Roland Bernhard. Die dieselbetriebene Hesse-Bahn ist ja ohnehin nur ein Zwischenschritt, denn in absehbarer Zeit soll ja eine S-Bahn oder eine Express-S-Bahn nach Calw fahren. Mitte Februar war bekannt geworden, dass sich eine S-Bahn-Verlängerung bis Calw nämlich ebenfalls rechnet. Der Verkehrsminister hatte daraufhin in Aussicht gestellt, dass sich das Land an den Kosten einer solchen Schnellbahn zwischen Calw und Stuttgart beteiligt.
„Die S-Bahn-Verbindung ist greifbar geworden“, schrieb Bernhard darum jetzt an den Minister. „Zudem bietet die geplante Express-S-Bahn neue Perspektiven.“ Bernhards Schlussfolgerung: Wenn später ohnehin eine S-Bahn kommt, reicht es, wenn die Diesel-Hesse-Bahn in einem ersten Schritt nur bis Weil der Stadt fährt, nicht bis Renningen. Eigens ein Gutachten hat der Landrat dazu bei der Anwältin Andrea Vetter der Stuttgarter Kanzlei „Dolde, Mayen & Partner“ in Auftrag gegeben.
Vetter kommt darin zu dem Schluss, dass die Dieselbahn zwischen Calw und Weil der Stadt nur ein „Vorlaufbetrieb“ ist. Wenn also schon feststeht, dass sowieso die S-Bahn kommt, könne das Land sehr wohl diese verkürzte Bahn fördern. Das Rechtsgutachten hat der Landrat mit seinem Brief nun ebenfalls nach Stuttgart gesandt. „Bitte tragen Sie zur Befriedung der aufgeheizten Stimmung bei“, schrieb Bernhard an den Minister.
Verkehrsministerium prüft den Brief
Die verkürzte Bahn zwischen Calw und Weil der Stadt nutze am meisten und habe bei den Menschen den meisten Zuspruch. Im Verkehrsministerium ist der Brief eingegangen, bestätigte ein Sprecher auf Nachfrage. „Der dargestellte Sachverhalt wird derzeit in unserer Fachabteilung geprüft“, sagte er nur und kündigt eine Einschätzung für voraussichtlich Mitte der Woche an. Auch nach Calw habe er den Brief geschickt, erklärte der Böblinger Landrat. Dort allerdings hatte man sich skeptisch geäußert. „Wir setzen das um, was wir vereinbart haben“, sagte der Calwer Landrat Helmut Riegger (CDU) noch vergangene Woche. Und das sei die Bahn zwischen Calw und Renningen.
Zu dieser Vereinbarung gehört indes auch das Stufenkonzept von 2015. Schon damals hatten die Landräte und der Minister vereinbart, die Bahn nur bis Weil der Stadt zu bauen, sofern dies „förderrechtlich rechtskonform möglich ist“. Eben diese Rechtskonformität habe er mit dem Rechtsgutachten bewiesen, sagte Roland Bernhard in seinem Brief an den Minister.