Im Schwarzbuch des Bunds der Steuerzahler ist ein Projekt aus Stuttgart-Heumaden gelandet: der Apfelkernturm. Dabei war der ursprünglich ganz anders gedacht...

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Heumaden - Wenn Eckhard Philipsen erzählt, wie alles angefangen hat, kommt man kurz auf den Gedanken, dass das, was jetzt im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler steht, seine Idee war. Doch er sagt: „Dieser Aussichtsturm war nicht unsere Vorstellung.“ Sie wollten eigentlich etwas ganz anderes. „Eine Aussichtsstelle“, sagt der Heumadener. Ohne viel Drumherum.

 

Lesen Sie aus unserem Plus Angebot: Stuttgarter Projekte als verschwenderisch kritisiert

Umso erstaunter verfolgten Philipsen und die anderen von der Lokalen Agenda im Stadtbezirk, wie sich das Projekt nach und nach aufplusterte – oder aufgeplustert wurde. Aus der bescheidenen Idee wurde ein hölzerner Turm mit Wendeltreppe und zwei Aussichtsplattformen. Kosten: Rund 575 500 Euro. Das Projekt steht nun im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler. Das ist kein Kompliment, sondern eher eine Klatsche. Die Kritik: Steuergeldverschwendung.

Es gibt ein ungelöstes Problem mit dem Aussichtsturm

Die Lokale Agenda, sagt Philipsen, war damals gegen das Ausufernde. „Wir haben das beanstandet“, sagt er. „Wir waren erstaunt über die Summen, die da plötzlich im Raum standen.“ Es sei zudem ungeklärt, welche Kosten die Unterhaltung und Instandsetzung verursachten, gibt er zu bedenken. „Diese Probleme sind nicht gelöst.“

Lesen Sie aus unserem Angebot: Birkach als Beispiel für Steuerverschwendung

Der Turm, der seit mindestens 2008 diskutiert wird, steht auf der Wunschliste des Tiefbauamts der Stadt Stuttgart für die Haushaltsberatungen. Die Stadt Stuttgart trägt mit rund 300 000 Euro auch den Bärenanteil. Hinzu kommen die Folgekosten, also das, was entsteht, weil der Turm da ist. Etwa 163 000 Euro steuert der Kommunale Arbeitskreis Filder (KAF) bei, etwa 113 000 der Verband Region Stuttgart. Wobei, trifft es beisteuern mit Blick auf die Historie?

2017 hieß es, dass für den Bau des Turms 168 000 Euro zur Verfügung stünden und dass das Geld allein vom KAF und vom Verband Region Stuttgart kommen werde. Dann kamen Mehrkosten, und die muss vor allem die Stadt Stuttgart tragen, nebst Unterhalt. Aus dem einstmaligen Geschenk scheint ein satter Eigenanteil geworden zu sein.

Das sagen lokale Stimmen aus Sillenbuch

„Je länger ich über das Projekt nachdenke, desto schöner und interessanter wird es für mich“, sagte Philipp Kordowich (CDU) in der Oktober-Sitzung des Bezirksbeirats. Sieht er das heute, nachdem der Apfelkernturm im Schwarzbuch steht, noch genauso? Es sei sicher ein Projekt, „das brauche ich nicht zwingend“, sagt er. Aber: „Ich finde, es ist nach wie vor eine gute Idee.“ Die Stelle sei prädestiniert. Leicht erhöht biete sie einen seltenen Blick ins Neckartal und über die Filder. „Der Turm wäre eine schöne Landmarke“, sagt er. Und ein Identitätsstifter noch dazu. Er denkt dabei an die alte Debatte, ob Sillenbuch zu den Fildern gehört.

Johanna Molitor, FDP-Sprecherin im Bezirksbeirat, sieht die Haltung ihrer Fraktion durch den Schwarzbuch-Eintrag bestätigt. Die FDP hatte sich kritisch gezeigt angesichts der hohen Kosten. In der Jugendarbeit sei das Geld vielleicht besser aufgehoben, hieß es. Man müsse sich schon fragen, wie man mit Steuergeld umgehe, sagt Molitor. Anwohner in Heumaden hätten die Sorge, dass der Turm mehr Menschen mit Autos ins Gebiet ziehen wird. Die Parksituation müsse geregelt werden, sagt sie.

Feierhalle in Birkach ist negativ aufgefallen

Dass Projekte, die im Schwarzbuch gelandet sind, schon vorher umstritten gewesen sind, gilt auch für ein Beispiel aus Birkach. Da war die Feierhalle auf dem Friedhof 2019 negativ aufgefallen. Nach jahrelangem Bürgerwunsch nach einer windgeschützten Feierhalle, hatte die Stadt für 60 000 Euro ein Konstrukt bauen lassen, das nicht zu Ende durchdacht wirkte. Es wurde nachgebessert.

Ob beim Apfelkernturm auch nachgebessert wird? Noch ist das Geld nicht sicher. Zuletzt gab es aber – jenseits des Schwarzbuchs – vor allem Lob. Die Tage will sich Christof Bolay, Vorsitzender des KAF und OB in Ostfildern, mit dem Stuttgarter OB Nopper besprechen. Ein Thema: der Apfelkernturm.