Eine Allergie sollte man nicht einfach ertragen, sondern die Symptome bekämpfen. Doch was hilft? Ein Erfahrungsbericht einer Geplagten.

Stuttgart - Hatschi! Es geht wieder los. Schon seit Jahresanfang sind Pollen von Hasel und Erle unterwegs und rufen bei Heuschnupfenpatienten die ersten allergischen Reaktionen hervor. In diesem Monat wird die Pappel hinzukommen. Wie für rund ein Viertel der deutschen Bevölkerung ist das erste allergische Kitzeln in der Nase für mich der Startschuss, mich mit den gängigen Produkten der Papiertaschentuchindustrie einzudecken. Diese Branche hat dank meiner Unterstützung sicherlich schon satte Gewinne eingestrichen – auch dank der Tatsache, dass zumindest in meinem Fall noch kein Mittel gefunden wurde, das dauerhaft gegen Augenjucken und Niesen hilft.

 

„Das Mittel der ersten Wahl, um allergische Reaktionen zu verhindern, ist das Meiden des Auslösers“, schreibt der Deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB) auf seiner Webseite. Klar: wer sich in Gebieten aufhält, in denen die Pollen nicht fliegen, zeigt keine Symptome. In frühen Jahren empfahl mir der Kinderarzt daher, den Sommerurlaub an der Nordsee zu verbringen. Diese äußerst angenehme Therapieform zeigte Wirkung und hatte, abgesehen von Fernweh und Urlaubssehnsüchten außerhalb der Pollenzeit, keinerlei Nebenwirkungen. Das Problem liegt jedoch auf der Hand: Wer gegen Früh- wie Spätblüher allergisch ist und somit von März bis Oktober Beschwerden hat, kann den Pollen schlecht dauerhaft aus dem Weg gehen.

Erst Homöopathie, dann Antihistaminika

Auf der Suche nach einer wirkungsvollen Therapie des Heuschnupfens begab ich mich im Jugendalter in homöopathische Behandlung. Meine Ärztin setzte auf die Untersuchungsmethode der Elektroakupunktur. Dabei wurde mit einer Art Metallstift an meinen Fingern herumgedrückt und ich erhielt anschließend ein blaues oder weißes Pulver, das ich daheim in viel Wasser lösen, verdünnen und in minimaler Dosierung einnehmen sollte. Leider ließen die Beschwerden auch nach zwei Jahren Behandlung nicht nach.

So beschränkte ich mich darauf, die täglichen Symptome mit antiallergischen Medikamenten, sogenannten Antihistaminika, zu bekämpfen. Dazu – und auch zu anderen Mitteln wie Augentropfen oder Nasenspray – rät Anja Schwalfenberg vom DAAB: „Wichtig ist, die Symptome zu bekämpfen. Es hilft nichts, die Beschwerden einfach zu ertragen.“ Denn eine allergische Reaktion ist immer eine Entzündungsreaktion; die Beschwerden können sich verstärken. Die Entzündung wird durch verschiedene Stoffe hervorgerufen, am bekanntesten ist das Gewebehormon Histamin. „Histamin veranlasst als Botenstoff die allergischen Reaktionen des Körpers“, erklärt Schwalfenberg. Die Folgen können rote und tränende Augen oder eine laufende und juckende Nase sein. „Antihistaminika verhindern die Histaminwirkung, indem sie Histaminrezeptoren blockieren “, erklärt Schwalfenberg weiter. Inzwischen gibt es eine Vielzahl verschiedener Wirkstoffe. Machten die ersten oft noch schläfrig, kann man inzwischen eine ganze Reihe Produkte erhalten, die nicht mehr so müde machen. Ein echter Gewinn!

Wann die Hyposensibilisierung wirkt

Mit antiallergischen Medikamenten bekommt man das Problem meist recht gut in den Griff, doch allergische Reaktionen können sich mit der Zeit verstärken. Außerdem können Allergien gegen weitere Pollenarten oder andere Auslöser hinzukommen. Womöglich treten Kreuzreaktionen mit Lebensmitteln auf; das bedeutet, dass ein Pollenallergiker bestimmte Lebensmittel nicht mehr verträgt – oft handelt es sich dabei um rohes Obst oder Gemüse. Der Körper reagiert dann nicht nur auf die fraglichen Pollen allergisch, sondern auch auf Eiweiße im Lebensmittel, die diesen ähneln. Letztlich kann sich Heuschnupfen mit Augenjucken und Niesen eines Tages auf die Bronchien niederschlagen und Asthma auslösen. „Wer unter einer ständig verstopften, entzündeten Nase leidet, benötigt häufig ein entzündungshemmendes Nasenspray mit Cortison“, rät Schwalfenberg. Und sie fügt hinzu: wer bei sich Allergien vermute oder womöglich zusätzlich Probleme an den Atemwegen wie Luftnot und Husten entdecke, solle in jedem Fall einen Arzt konsultieren.

Um den sogenannten Etagenwechsel – die Verlagerung der Beschwerden vom Heuschnupfen hin zu Asthma – zu verhindern, empfehlen Ärzte heute eine Hyposensibilisierung. Nachdem immer mehr frisches Obst und Gemüse von meinem Speiseplan gestrichen worden war und die Symptome wieder zunahmen, unterzog ich mich auf ärztlichen Rat einer solchen Behandlung. Dabei wird der Körper schrittweise an die Allergien auslösenden Substanzen gewöhnt, indem sie regelmäßig und in steigender Konzentration zugeführt werden. Ich entschied mich für die Version, bei der die Stoffe unter die Haut gespritzt werden. Mittlerweile kann man die Therapie auch in Form von Tropfen erhalten, für Gräserpollenallergiker gibt es Tabletten.

Ein vorletzter Versuch: die Akupunktur

Behandelt wurde ich im Herbst und Winter, außerhalb der Pollenflugzeit. Einmal pro Woche wurde einer meiner Arme mit einer Lösung von Erlen-, Birken- und Haselpollen traktiert, der andere mit einer Lösung von Gräserpollen. Das Ergebnis nach drei Jahren: keine Besserung, im Gegenteil, die Beschwerden wurden trotz alldem stärker. Dafür könne es verschiedene Gründe geben, sagt Schwalfenberg. Zum Beispiel wirke eine Hyposensibilisierung am besten, wenn sie möglichst frühzeitig nach Beginn der Allergie begonnen wird. Das war bei mir nicht der Fall. „Außerdem muss die Allergenlösung genau den Auslöser enthalten, der die Beschwerden verursacht. Eine gute Diagnostik ist daher vor dem Start der Hyposensibilisierung sehr wichtig“, betont Schwalfenberg. Wenn es mehrere Allergieauslöser gibt, wird empfohlen, zunächst gegen diejenige Substanz zu hyposensibilisieren, die zu den meisten Beschwerden führt.

Was nun? Im folgenden Frühjahr standen für mich wieder Antihistamintabletten auf dem Plan. Es musste doch ein Mittel geben, das auf Dauer hilft? Von den bisherigen Anläufen ernüchtert, fragte ich eine Heilpraktikerin nach den Erfolgschancen der Akupunktur. Die niederschmetternde Antwort: „Wenn bei Ihnen dies alles bisher nicht geholfen hat, bringt Akupunktur Sie auch nicht weiter.“ Kurze Zeit später lernte ich die Wirkung von Cortisonnasenspray und Asthmamitteln schätzen. Wie es aussieht, kann in den kommenden Wochen nicht nur die Papiertaschentuchindustrie, sondern auch die Pharmaindustrie wieder auf meine Unterstützung zählen.

Tipps und Informationen für Allergiker

Die Allergiesaison hat schon begonnen. Bereits seit Januar sind Pollen von Hasel und Erle unterwegs, momentan noch nur schwach bis mäßig. Einen Pollenflugkalender mit einer täglichen Vorhersage und Statistiken seit 1997 findet man bei der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst.

Informationen zu Allergien findet man auch beim Deutschen Allergie- und Asthmabund. Der Verband betreibt auch ein Allergiemobil, das durchs Land tourt. Die Stationen sind auf der Homepage des DAAB aufgeführt. vek