Wie sieht „the new normal“ aus? Chanels Frühjahr/Sommer-Schau fand vor Publikum statt, die meisten Modehäuser setzten hingegen auf Lookbooks und Livestream-Erlebnisse. Über Tweed-Kostüme, „grimmige Fröhlichkeit“ und Mode im Zeitalter der Pandemie.

Stuttgart - Trotz der strengen Corona-Regeln in Paris hat das Modehaus Chanel seine Kollektion für Frühjahr und Sommer 2021 in der französischen Hauptstadt vor echtem Publikum gezeigt. Das Luxuslabel hatte die Zahl seiner Gäste aber stark reduziert: Nur rund 150 - statt der üblichen 1500 - waren in den Grand Palais geladen. Somit ging es an diesem Morgen ungewohnt ruhig zu: kein Verkehrschaos, kein Hupkonzert und keine Menschenmassen vor den Eingängen. Unter den prominenten Gästen waren die Schauspielerin Marion Cotillard und Model Lily-Rose Depp - Tochter von Vanessa Paradis und Johnny Depp.

 

Hommage an Hollywood

Auf dem Laufsteg zeigte Chanel paillettenbesetzte Hosenanzüge, elegante, in der Taille geschnürte Tweedkostüme und feminine Röcke in verschiedenen Längen. Kombiniert mit Schmuck und Schleier-Haarschmuck erinnerten die Looks an den Stil einer Hollywood-Diva. Auch die Deko - das Chanel-Logo in Form riesiger weißer Leuchtbuchstaben - erinnerte an den weltbekannten Schriftzug in den Hollywood Hills. Kreativdirektorin Virginie Viard setzt für das kommende Jahr auch auf frische, junge Kreationen - einige Models trugen knallige Neonfarben, Kleider mit Chanel-Prints und kurze Bermuda- oder Dreiviertel-Hosen.

Die Pariser Fashion Week sollte am Dienstagnachmittag mit der Modenschau von Louis Vuitton enden. Von den mehr als 80 Präsentationen der Modewoche, fanden insgesamt 18 Shows mit Publikum statt, allerdings unter strengen Hygienevorschriften.

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Einige Modehäuser, wie Balmain oder Chloé, entschieden sich außerdem dazu, unter freiem Himmel zu zeigen, um die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus so gering wie möglich zu halten.

Oversize und Wahlaufrufe bei Louis Vuitton

Louis Vuitton setzte hingegen auf 3D-Technik: Die Show, die im Department Store „La Samaritaine“ stattfand, konnte im Livestream auch zu Hause verfolgt werden. Nicolas Ghesquière, Artistic Director der Damenkollektionen, zeigte Mode, die vor allem durch Oversize-Schnitte und non-binäre Einflüsse auffiel. Auch die US-Wahl fand ihren Raum: Im ersten Look der Schau stolzierte ein Model mit einem “VOTE”-T-Shirt über den Laufsteg.

Normalität bei Balenciaga

Ein Stück Normalität? Demna Gvasalia ließ seine Models für Balenciaga durch das nächtliche Paris streifen, untermalt von Corey Harts „Sunglasses at Night“. Ob die Models von einer Party auf die nächste gehen oder kühn in einer gänzlich entvölkerten Großstadt herumirren, ist dabei nicht ganz klar. Zu sehen gab es dabei lange Trenchcoats, glitzernde Overknee-Stiefel und als Überraschung auch Hausschuhe.

„Grimmige Fröhlichkeit“ bei Rick Owens

Rick Owens reagierte mit „Grimmiger Fröhlichkeit“ auf das Jahr 2020. Seine publikumslose Show namens „Phlegethon“ fand in Venedig und nicht wie sonst im Palais de Tokyo statt. „Phlegethon“ ist ein Fluss aus Flammen in der Unterwelt der griechischen Mythologie, und auch ästhetisch folgte der Designer einem mythischen Ruf: Looks, die an Rüstungen erinnern, ultrahohe Plateau-Boots, Gesichtsmasken und Katastrophen-Szenarien aus feinsten Stoffen, die in sanften Farben auch romantisch rüberkamen.

Promis im Zoom-Miu-Miu-Meeting

Auf Prominenz setzte hingegen Miu Miu: So wurden neben Schauspielerinnen wie Elle Fanning und Chloë Sevigny auch Brand Ambassadors wie Dree Hemingway und Influencer zur Schau geschalten, was an ein großes, aufgestyltes Zoom-Meeting erinnerte.

Auch Kate Moss’ Tochter Lila Grace Moss-Hack feierte bei der Schau ihr Laufsteg-Debüt. Die neue Kollektion schwärmt von Jugendlichkeit und Hoffnungsschimmern in kurzen Röcken und sportlichen Schnitten – als Antithese zu einer Pandemie, die den jungen Menschen nicht auch noch ihren Hedonismus rauben soll.