Zum 900-Jahr-Jubiläum gönnt sich die Kommune auf der Schönbuchlichtung einen Ortsrundgang. Der Pfarrer und ein Bauforscher berichten bei der Eröffnungstour am Samstag, 24. Oktober, was sie herausgefunden haben.

Hildrizhausen - Wie viel Zeit Andreas Roß im Gemeindearchiv verbracht hat, kann der evangelische Pfarrer von Hildrizhausen beim besten Willen nicht mehr sagen. Lehrreich waren die Recherchen in jedem Fall: „Da erfährt man eine Menge Geschichte und Geschichten“, sagt der Theologe. Von seinen Erkenntnissen profitieren die rund 3500 Hausemer und Gäste, bilden sie doch die Basis für den Ortsrundgang, der am Samstag eingeweiht wird. Die Arbeit hat Andreas Roß nicht alleine gemacht. Der Bauforscher Tilman Marstaller hat wichtiges Wissen über das Alter ausgewählter Gebäude und über Gehöftstrukturen beigesteuert. Das Organisatorische übernahm Hildrizhausens Bürgermeister Matthias Schöck.

 

Gebäude aus sieben Jahrhunderten finden sich in der Kommune auf der Schönbuchlichtung: „Das ist sehr ungewöhnlich für ein Dorf“, betont Andreas Roß. Unter den Bauten sind auch einige Besonderheiten. Vorab will der Pfarrer nicht alles verraten, sagt über das Alte Rathaus aus dem Jahr 1472 aber: „Wir haben eines der ältesten Dorfrathäuser in Baden-Württemberg. Das war uns nicht bewusst.“

Tour konzentriert sich auf Ortskern

Manchmal erzählen Gebäude auch Familiengeschichten, wie etwa das Alte Schulhaus aus dem Jahr 1589. Weil das Gebäude gleich neben der Nikomedeskirche für den Schulunterricht zu klein geworden war, kaufte es Anfang der 1880er Jahre Johannes Horrer – nur ein Jahr nach dem Tod seiner Frau. Horrer, der bis 1916 lebte, heiratete nicht wieder, sondern brachte seine vier Kinder alleine durch. „Das find ich außergewöhnlich. Für einen Landwirt damals war das eine schwierige Situation“, sagt Roß. Johannes Horrer ist der Ahnherr aller Horrers in Hildrizhausen. Das Gebäude ist noch immer im Besitz der Familie.

Der stattliche Fachwerkbau ist eine der 19 Stationen des Ortsrundgangs. Die Liste von Andreas Roß habe zunächst rund mögliche 40 Stationen umfasst, sagt der Bürgermeister Matthias Schöck. Das war eindeutig zu viel: „In anderthalb bis zwei Stunden sollte die Strecke zu bewältigen sein“, meint der Rathauschef. Der Rundgang konzentriert sich nun auf den Ortskern. Wem das nicht reicht, kann einen Abstecher zum Stellenhäusle am Waldrand machen.

Rundgang überdauert Ortsjubiläum

Die Idee zu dem Rundgang geisterte schon seit Jahren durch die Kommune. Das diesjährige 900-Jahr-Jubiläum des Ortes war eine günstige Gelegenheit, den Gedanken Wirklichkeit werden zu lassen. So war auch Zeit für die Vorarbeiten, die Archivrecherche, die dendrochronologische Untersuchung ausgewählter Gebäude zur Bestimmung der Bauzeit und für die Gestaltung der Hinweistafeln des Rundgangs. Unterm Strich koste das die Kommune 8000 bis 9000 Euro, schätzt der Bürgermeister. Geld, das gut angelegt ist. Denn der Ortsrundgang überdaure das Jubiläumsjahr, sagt Schöck – wie die Ortschronik, der Dokumentarfilm mit Zeitzeugen und ein Bildband über das Festjahr. Und räume mit mancher Mär auf, wie Andreas Roß sagt. Das Stellenhäusle sei nicht, wie hin und wieder behauptet, eine Feldkapelle aus der Reformationszeit. Es wurde um 1700 gebaut – als Schutzhütte für Hirten.