Fünf psychosoziale Zentren in kümmern sich in Baden-Württemberg um Folteropfer. Jetzt bekommen sie erstmals Landeshilfe.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Stuttgart - Sie sind Flüchtlinge, im Durchschnitt 32 Jahre alt, wurden in ihren Herkunftsländern geschlagen, vergewaltigt oder anderweitig gequält und müssen in Deutschland die Abschiebung fürchten. „Es sind Menschen, die keiner haben will“, beschreibt Heiner Schrottenbaum, der Geschäftsführer des Ulmer Reha-Vereins für soziale Psychiatrie Donau-Alb e.V, die Patientenschaft, die im Behandlungszentrum für Folteropfer ein und aus geht.

 

Auch das Behandlungszentrum selber gleicht seit seiner Gründung auf Betreiben von Amnesty International vor 17 Jahren einem stets kränkelnden Patienten. Die drei hauptamtlichen Mitarbeiter arbeiteten von einem Jahr zum anderen, immer in der Hoffnung, der Fluss der Spendengelder würde nicht versiegen. Der Rehaverein als Träger machte gut Wetter bei Sozialämtern und Krankenkassen und verschickte Bittschreiben. „Alle Stiftungen, die infrage kommen, haben wir in den letzten Jahren abgeklappert“, erzählt Schrottenbaum.

Nur durch Privatinitiativen überlebt

Ähnlich wie den Ulmern erging es auch den vier anderen psychosozialen Zentren im Land. Es sind noch die Vereine Refugio Stuttgart, Refugio Villingen-Schwenningen, der Verein zur Unterstützung traumatisierter Migranten in Karlsruhe und die psychologische Beratungsstelle für politisch Verfolgte und Vertriebene in Stuttgart. All diese Vereine hätten seit ihren Gründungen in den 90er Jahren nur durch Privatinitiativen überleben können, sagte in Ulm das Amnesty-Mitglied Urs Fiechtner. Es habe früher politische Vorbehalte gegeben, vor allem was den türkischen Staat und dessen Umgang mit den Kurden anging. „Wo es ein Folteropfer gibt, gibt es auch einen Folterer.“ Dieses Anerkenntnis hätten viele deutsche Politiker gescheut.

Auf Antrag der Grünen und der SPD im Landtag bekommen die fünf Zentren für Folteropfer im Land nun erstmals je 60 000 Euro Zuschuss fürs laufende Jahr. Der Landtag fasste dazu einen entsprechenden Beschluss. Auch der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg erhält aus dem Etat des Ministeriums für Integration 50 000 Euro. Ob und wie viel Zuschüsse die Vereine auch in den Folgejahren bekommen, soll von der jeweiligen aktuellen Haushaltslage abhängig gemacht werden.

Nur einem Bruchteil der Menschen geholfen

Zudem will die Landesregierung in einem Rundschreiben für die Hilfeeinrichtungen für Folteropfer bei den Sozialämtern der Landkreise und bei den Krankenkassen werben. Die psychosozialen Zentren hätten keine Kassenzulassung, dürften beispielsweise nicht selber medikamentieren, sagt der Leiter des Ulmer Behandlungszentrums, Manfred Makowitzki. Krankenkassen könnten jedoch psychiatrische Behandlungen traumatisierter Flüchtlinge per Ausnahmegenehmigung bewilligen. Bisher könne nur einem Bruchteil der teilweise schwer misshandelten und gestörten Menschen geholfen werden.

Laut Makowitzki therapieren die fünf Zentren jährlich 900 bis 1000 Patienten, zuletzt vor allem aus Syrien, Afghanistan und Nigeria. Daneben gehört die Begleitung in Asylverfahren zu den Aufgaben. „Typischerweise können unsere Patienten nicht so über ihr Überleben sprechen, wie es die Juristen gerne hätten.“ Von dem Landeszuschuss soll nun die Zahl der Therapien erhöht werden.