Mit dem Neubau für die Kinder- und Jugendpsychiatrie schafft das Göppinger Klinikum Christophsbad neue Maßstäbe – auch bei der Betreuung von Müttern und Kindern. Jetzt müssen noch die Krankenkassen mitspielen.

Göppingen - Der Außenbereich ist vielversprechend: Eine vier Meter hoch gehängte Schaukel, ein kleiner Niederseil-Balanciergarten, ein Hartplatz, eine Sandkiste, eine Feuerstelle, ja sogar Outdoor-Fitnessgeräte und eine kleine Berg-und Tal-Kartbahn lassen offenbar kaum Wünsche offen. Das Drumherum des jüngsten Neubaus auf dem ehemaligen Mineralbrunnengelände am Christophsbad bietet darüber hinaus ein Amphitheater und eine Kunstgalerie, die aus wechselweise bestückbaren Schaukästen besteht. Der Blick auf die Fils ist inklusive.

 

Neubau für psychisch Kranke

Einzug halten dort die Abteilungen und Stationen der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Mit dem Neubau löst die Klinik ein Versprechen ein, das sie vor mehr als sechs Jahren gegeben hatte. Damals eröffnete die Krisenstation der Kinder- und Jugendpsychiatrie in einem als Übergang gedachten Nebengebäude des Klinikums.

Das Provisorium dauerte allerdings länger als gedacht, weil sich der Neubau durch schwierige Verhandlung mit dem benachbarten Schlachthof verzögerte. Die Ausstattung bietet alle Möglichkeiten für Erlebnispädagogik und Bewegungstherapie, denn beides spielt bei der Behandlung eine große Rolle. Da tut ein bespielbares Außengelände Not.

Kein Vergleich zum sechsjährigen Provisorium

„Bisher hatten wir das nicht. Und die Station war klein, eng und im Sommer sehr heiß“, erläutert der Chefarzt Doktor Markus Löble. Nun ist es kurzfristig noch enger geworden. Überall stehen die gepackten Umzugskartons. Auf dem Inventar kleben auf Aufkleber, die den Möbelpackern zeigen, wohin die Möbel nun umgeräumt werden sollen. Nun rücken die Umzugshelfer an. Die Patienten dürfen bei ihrem eigenen Hab und Gut mit Hand anlegen. Sie freuen sich mindestens ebenso wie die Mitarbeiter auf den Umzug. „Einige, die wir in den vergangenen Wochen entlassen haben, waren schon traurig, dass sie den Neubau nicht mehr beziehen konnten“, verrät Löble. Tatsächlich sei das Umfeld dort mit den alten Räumen nicht mehr zu vergleichen.

Auf drei Etagen bietet das neue Gebäude an der Fils Platz für eine psychiatrische und psychosomatische Rundum-Versorgung. Dreh- und Angelpunkt des Gebäudes ist das zentrale Foyer mit dem offenen Treppenhaus, von dem auf jeder Etage ein Gebäudeflügel abzweigt. Im Erdgeschoss befinden sich die Räume der großzügigen Ambulanz, der Klinikschule und Zimmer für diverse Therapien. Angegliedert ist daran auch das neue Archiv der Klinik. Das Foyer selbst kann als Veranstaltungs- und Vortragssaal genutzt werden. „Wir wollen die ganze Klinik hierher einladen“, erklärt der Chefarzt.

Behandlung für Mutter und Kind geplant

Im ersten Stock, der allerdings am Hang zur Südseite ebenerdig ausläuft, befinden sich die beiden Stationen der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik mit je zehn Betten, die Krisen- und Jugendstation auf der einen und die Kinderstation auf der anderen Seite. In der Mitte gibt es sogar eine kleine Turnhalle, in der noch eine Kletterwand montiert werden soll.

Im Obergeschoss sind die Arbeiten noch nicht abgeschlossen. Dort will das Christophsbad eine Tagesklinik einrichten, in der Kinder und Jugendliche therapiert werden können. Fünf Plätze sind der Klinik bereits bewilligt worden, zehn Plätze sind geplant. Zusätzlich plant das Christophsbad dort eine völlig neuartige Mutter-Kind-Station. „Bislang ist es so, dass wir kranke Mütter betreuen und die Kinder entweder extra aufnehmen oder die Mütter eben schauen müssen, wie sie in der Zeit ihre Kinder versorgen lassen“, berichtet der Geschäftsführer des Christophsbads, Bernhard Wehde. Es gebe aber eben zunehmend auch Konstellationen, bei denen Mutter und Kind gleichermaßen von einer Erkrankung betroffen seien, betont Markus Löble. „Solche Erkrankungen gehen ja oft Hand in Hand. Es geht dabei nicht selten auch um Bindungsprobleme. Die bekommt man bei einer kompletten Trennung nicht so gut geordnet“, meint der Chefarzt.

Das neue Konzept, bei dem Erwachsenen- sowie Kinder- und Kinderjugendpsychiatrie eng verzahnt zusammenarbeiten, sieht vor, die Mütter mit den Kindern stationär aufzunehmen. Die Kinder könnten dann tagsüber auf der gegenüberliegenden Seite des Flurs in der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Tagesklinik therapiert werden und abends zu ihren Müttern zurückkehren. Noch steht die Klinik allerdings darüber in Verhandlungen mit den Krankenkassen, die dieses neue Konzept genehmigen müssen. Der Bedarf steht Löble zufolge außer Frage. „Im Januar wollen wir damit starten“, sagt er.

Festliche Einweihung im September

Das großzügige Raumangebot, da sind sich Löble und Wehde sicher, wird nicht lange vorhalten. Und so stehen auch die Nachfolger für die bisher von der Kinder- und Jugendpsychiatrie genutzten Räume bereits Schlange. Eine Ambulanz, eine Motivationsstation für Suchtkranke und die Ausbildung der Psychotherapeuten sollen dort unter anderem Einzug halten. Zuvor wird der Neubau noch offiziell seiner Bestimmung übergeben. Am 24. September, an dem das Chistophbad auch sein traditionelles Sommerfest feiert, öffnet die Klinik von 11 bis 17 Uhr ihre Pforten. Der Festakt, zu dem auch der Minister für Soziales und Integration, Manfred Lucha, erwartet wird, beginnt um 13 Uhr.