Am Korntaler Friedhof finden Mütter und Väter, deren Kind gestorben ist, Trost. Die Skulptur ist Teil der „Oase am Weg“, die ihr Angebot nun erneut erweitert hat.

Das Kind stirbt in der Schwangerschaft oder bei der Geburt – und die Welt der Eltern liegt in Trümmern. Mit ihrem Verlust, ihrer Trauer gehen Mütter und Väter unterschiedlich um. Jeder muss für sich herausfinden, was ihm guttut. Nach Ansicht von Experten hilft reden, auch, um dem Umfeld zumindest ein wenig die Hilflosigkeit zu nehmen. Helfen kann auch, einen bestimmten Ort aufzusuchen.

 

Einen Gedenkort für Eltern mit Sternenkindern gibt es jetzt am Korntaler Friedhof. Es soll ein Ort der Begegnung, des Trosts und der Erinnerung an diese Kinder sein. Er wurde am Sonntag eingeweiht und geht auf die Initiative der „Oase am Weg“ zurück. Das kleine Häuschen am Eingang des Friedhofs ist eine Einrichtung der Brüdergemeinde. Der niederschwellig angedachte Begegnungsort nicht nur für Trauernde ist vor zehn Jahren aus der alten Aussegnungshalle entstanden. Wegbegleiter betreuen ihn. Die Oase lädt sowohl von der Straßenseite als auch vom Friedhof her Friedhofsbesucher in einen Begegnungsraum ein. Initiiert wurde er von Schwester Anne Messner von der Diakonie der Brüdergemeinde.

Erinnerung an das geliebte Kind soll Ausdruck finden können

„Immer wieder geht die ‚Oase am Weg’ auf neue Bedürfnisse ein“, sagt Anne Messner zur Entstehung des Gedenkorts für Sterneneltern. Aus diesem Anlass hat der Weilimdorfer Künstler Manfred Kalscheuer eine Skulptur geschaffen: einen glänzenden Stern, umschlossen von zwei Händen und umgeben von Kreisen, die ausschwingen und sich öffnen.

Die Skulptur greift den Begriff Sternenkind auf. Die Idee dahinter sei, dass diese Kinder wie Sterne seien, hell und wunderschön, aber nur für kurze Zeit sichtbar, bevor sie verschwinden, heißt es auf der Homepage der Brüdergemeinde. „In vielen Kulturen und für viele Menschen gibt dieser Begriff Trost und das Gefühl, dass das Kind auf eine besondere Weise weiterlebt, oft in Form von Symbolen wie Sternen oder Lichtern, die für das verlorene Leben stehen. Er schafft eine Verbindung zwischen Trauer und Hoffnung und erlaubt es den Eltern, den Verlust auf eine sensible Weise zu verarbeiten.“

Nicht das erste Kunstwerk von Manfred Kalscheuer

Der Bürgermeister Alexander Noak (parteilos) misst dem Gedenkort für Sterneneltern große Bedeutung bei. Er führe vor Augen, dass mit dem Sternenkind kein Unbekannter gestorben sei, sagt der Rathauschef am Sonntag. „Die Eltern spüren eine intensive, liebevolle Bindung zu ihrem Kind, auch dann, wenn es tot geboren wird. Es bleibt Teil der Familie.“ Umso wichtiger sei es, für die Betroffenen einen Ort zu schaffen, an dem die Erinnerung an das geliebte Kind Ausdruck finden könne. „Mit dem neuen Trauerort entsteht ein Ort, an dem alles gleichermaßen willkommen ist: Das Darüberreden und das Schweigen. Trauer und Verzweiflung genauso wie Zuversicht und neue Kraft.“

Laut Experten ist etwa jede dritte Frau in ihrem Leben einmal von einer Fehlgeburt betroffen. Bundesweit kommen circa 0,3 Prozent aller Kinder still zur Welt oder sterben kurz nach der Geburt.

Die Anlaufstelle für Sterneneltern steht in der Nähe der beweglichen Skulpturengruppe „Gemeinsam“. Sie ist ebenfalls ein Kunstwerk von Manfred Kalscheuer. Die drei Figuren aus Harzbronze – ein Mann, eine Frau mit Zopf und ein Kind – lassen sich drehen und die eigene Trauersituation nachstellen. „Die Skulpturengruppe ist speziell für Menschen, die kein Grab oder anderen Platz für ihre Trauer haben“, sagt die Sozialpädagogin und Trauerbegleiterin Anne Messner.

Diesen Trauerort neben der „Oase am Weg“ gibt es seit dem Jahr 2019. Anne Messner weiß aus Erfahrung, wie wichtig es für die Trauernden ist, schmerzliche Gefühle zu erlauben. Nur so lasse sich ein Verlust verarbeiten und bewältigen. Eine Skulptur kann dabei helfen.

„In dieser Form wohl einmalig“

Finanziert wurde das 110 000 Euro teure Projekt „Oase am Weg“ im Jahr 2014 über Sponsoren und hauptsächlich von der Korntaler Lotte-von-Süßkind-Stiftung, die 90 000 Euro bereitstellte.

Die Oase öffnet zwischen März und Dezember zwei Stunden täglich. „Das ist nun wirklich nicht selbstverständlich“, meint der Bürgermeister Alexander Noak. Die Arbeit der Ehrenamtlichen „ist von unschätzbarem Wert für die Betroffenen“. Diese fänden bei der Oase zugewandte Wegbegleiter, die ein Stück mit ihnen gehen, „in einer Zeit, in der jeder Schritt unendlich schwerfallen mag“. Vor den Ehrenamtlichen ziehe er, so Noak, den Hut. „Sich mit so großem Engagement den Themen Tod, Trauer und Abschied zu widmen, ist sicher nicht immer leicht und erfordert großen persönlichen, auch emotionalen, Einsatz“.

Die „Oase am Weg“ ist laut Anne Messner „in dieser Form wohl einmalig“.