In das Feuerwehrhaus in Stuttgart-Birkach regnet es hinein. Außerdem haben die Frauen und Männer keine Umkleiden, sie müssen sich voreinander umziehen – und noch weitere Standards sind nicht erfüllt. Die neue Führungsmannschaft hat jedoch Hoffnung.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Birkach - Schön sieht es schon lange nicht mehr aus. Manchmal kann man die Mäuse in der Zwischendecke hören. Und wenn es stark regnet, läuft an mehreren Stellen Wasser in das Gebäude. Das Birkacher Feuerwehrhaus an der Törlesäckerstraße hat seine besten Zeiten hinter sich. „Das wurde Anfang der 80er Jahre gebaut und seitdem ist nichts mehr gemacht worden“, sagt Jochen Scheible. Der 50-Jährige ist seit März dieses Jahres Kommandant der Birkacher Feuerwehr. Er hofft, dass die Stadtverwaltung und der Stuttgarter Gemeinderat bald erkennen, dass das Feuerwehrhaus dringend saniert werden muss.

 

„Wir haben keine Umkleide, sondern ziehen uns hinter den Fahrzeugen in der Feuerwehrhalle um. Männer und Frauen können sich da auch nicht getrennt umziehen“, sagt Jochen Scheible. Dazu kommt, dass die Feuerwehrleute durch die fehlenden Umkleiden ihre Privatkleidung nicht von der kontaminierten Schutzbekleidung fernhalten können. Bei Einsätzen gelangen immer wieder giftige und krebserregende Substanzen auf die Einsatzkleidung.

Parkplätze und ein Büroraum fehlen

Zudem fehlen Parkplätze. Damit bei Einsätzen die Feuerwehrfahrzeuge schnellstmöglich aus der Halle fahren können, darf diese nicht zugeparkt werden. In der Praxis ist das jedoch schwierig, denn wenn ein Einsatz ansteht und sich alle beim Birkacher Feuerwehrhaus versammeln, müssen die Mitglieder schnellstmöglich ihr privates Auto irgendwo abstellen. Beim Plieninger Feuerwehrhaus, das jüngst neu gebaut wurde, ist das besser geplant: Hinter dem Magazin ist ein Parkplatz, auf dem die Mitglieder parken können – und die Zufahrt für die Einsatzfahrzeuge nicht behindern.

Jochen Scheible fährt fort: „Wir haben auch kein Kommandantenbüro, was mittlerweile längst Standard ist. Um all die Personaldaten zu pflegen, braucht es einen kleinen Raum mit Computer.“ Außerdem fehle es an einem separaten Bereich für die Jugendfeuerwehr. Am meisten plagt die Mitglieder jedoch die Platznot. Es gibt nur einen kleinen Kellerraum, die Fahrzeughalle wurde nicht unterkellert.

Kein „Prachtbau“, sondern ein funktionales Gebäude

Jochen Scheible hat Hoffnung, dass in den kommenden Jahren etwas in Birkach passiert: „Mitarbeiter des Hochbauamts waren schon vor Ort und haben sich unser Feuerwehrhaus angesehen. Es ist zudem eine Erhebung zum Zustand aller Feuerwehrhäuser in Stuttgart geplant.“ Scheible legt Wert darauf, dass die Birkacher Feuerwehr keineswegs einen „Prachtbau“ erwarte, sondern ein funktionales Gebäude. „Wir können uns mit unseren 73 Mitgliedern sehen lassen; wir gehören zu den großen Freiwilligen Feuerwehren in Stuttgart und haben viele Einsätze. Darum muss jetzt mal was passieren.“

Jochen Scheible ist zwar erst seit wenigen Monaten Kommandant bei der Feuerwehr Birkach, kennt diese aber seit Kindesbeinen. Bereits sein Vater war Kommandant bei der Freiwilligen Feuerwehr in Degerloch, er selbst kam mit zwölf Jahren, im Jahr 1980, zur Jugendfeuerwehr. 20 Jahre lang war er Stellvertreter in Birkach – bis der Kommandant Werner Krauss mit 62 Jahren in den Ruhestand gegangen ist. Nun hat Scheible übernommen – gemeinsam mit Dominic Bender (41), der bisher zweiter Stellvertreter war und nun eine Position aufgerückt ist, sowie Marc Vogel (40) als zweiter Stellvertreter, der ebenfalls seit Jahren bei der Feuerwehr aktiv ist.

Zwei Stunden täglich für die Feuerwehr

Seit Jochen Scheible in der Chefposition ist, ist sein Aufgabenbereich noch einmal gewachsen: Durchschnittlich zwei Stunden täglich investiert er für die Feuerwehr. Er muss sich um die komplette Verwaltung des Personals kümmern, die regelmäßigen Treffen mit den Mitgliedern organisieren und die Pflege des Feuerwehrhauses im Blick halten – dazu gehört neben dem Putzen und Instandhalten auch etwa das Schneiden der Hecke.

„Und dann kommen eben die Einsätze dazwischen, für die man alles stehen und liegen lässt“, berichtet Scheible. Erst kürzlich hatte er Urlaub und war mit seiner Frau zum Mittagessen verabredet. Um 11 Uhr vibrierte sein Funkmeldeempfänger: ein Fugenbrand in Möhringen. Das Essen mit der Ehefrau war erledigt, Jochen Scheible war für drei Stunden weg, „und meine Frau war verständlicherweise sauer“.

Allein in diesem Jahr hatte die Birkacher Feuerwehr bereits rund 100 Einsätze. Da Jochen Scheible hauptberuflich als Leiter der Werkfeuerwehr bei der Netze BW im Stuttgarter Osten arbeitet, rückt er in der Regel tagsüber bei Einsätzen nicht aus – die Zeit, bis er in Birkach wäre, wäre schlicht zu lange. In der Regel übernehmen dann die Mitglieder, die in der Nähe arbeiten oder an der Universität Hohenheim studieren. Umso öfter ist Jochen Scheible dafür abends, nachts oder am Wochenende im Einsatz. Trotz alledem kann er es sich nicht vorstellen, der Feuerwehr den Rücken zu kehren: „Als Feuerwehrmann weiß man nie, was auf einen zukommt. Und genau das macht den Reiz aus“, sagt er.